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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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es war nur ein einziger, kurzer Moment. Ihr Körper lag auf dem Boden, so reglos wie eine Blume im Mondlicht. Ich fing an zu weinen und bat sie um Verzeihung. Ich bat sie, mit mir zu sprechen. Aber sie konnte nichts mehr sagen.« Er sah mich an; Scham und Elend brannten in seinem Gesicht. »Agnes war tot. Ich hatte sie getötet.«
     

 Einundvierzig
 
 
      
      I n weiter Ferne, irgendwo über den Moors , hatte ein Vogel zu singen begonnen. Der Himmel wurde bereits langsam heller. Schon bald wäre die Nacht vorüber, aber die Morgendämmerung würde keine Hoffnung und keinen Trost bringen. Sebastian hatte Agnes getötet, und wir hatten keine andere Wahl, als mit den ermüdenden Wirren des Lebens weiterzumachen.
      »Ich hasse und verachte mich dafür.«
      »Nein«, sagte ich. »So etwas darfst du nicht sagen.«
      »Wieso nicht, wenn es doch stimmt?«
      Ich antwortete nicht. Ich war unglaublich müde. Das alles kam mir so unwirklich vor.
      »Also, wie geht es jetzt weiter?«, zwang ich mich zu sagen.
      »Ich möchte, dass du Wyldcliffe so bald wie möglich verlässt«, sagte Sebastian. »Es ist deine einzige Chance, unbeschadet aus alldem hier herauszukommen.«
      »Ich weiß nicht, wohin ich gehen könnte. Und ich möchte in deiner Nähe sein.«
      »Evie, das ist das Letzte, was du anstreben solltest! Ich bin ein Irrer und ein Mörder.«
      »Das bist du nicht! Es war ein Unfall. Du wolltest Agnes nicht verletzen; ich weiß, dass du das nicht wolltest.«
      »Liebe Evie. Du bist immer so gut, so vertrauensvoll.« Er seufzte. »Aber das ist noch nicht alles. Du hast immer noch nicht die ganze Geschichte gehört. Ich muss sie dir jetzt erzählen, solange ich den Mut dazu habe. Aber wir sollten lieber von hier verschwinden.«
      Langsam begannen wir, in Richtung des fernen Klosters zu gehen, wobei Sebastian das Pferd an den Zügeln durch das unebene Gras führte. Ich war froh, dass wir das düstere Bauwerk unter den Dornenbüschen verließen. Heimlich warf ich einen Blick auf Sebastians gequältes Gesicht, und in diesem Moment wusste ich nicht, ob ich ihn liebte oder bemitleidete, aber ich wusste, dass mir das Herz brach bei alldem.
      »Also, was willst du mir erzählen? Geht es um Agnes?«
      Er nickte. »Als ich begriffen habe, dass Agnes … dass es vorbei war … ich konnte sie nicht einfach da liegen lassen. Ich hob sie auf und brachte sie durch ein kleines Tor in der Klostermauer zu den Gärten. Niemand war zu sehen, alle schliefen. Ich ging zur alten Ruine der Kapelle und legte sie dort, wo einmal der Altar gestanden hatte, auf das grüne Grasbett. Sogar in diesem Moment war ich mehr mit mir beschäftigt als mit ihr, denn ich machte mir nur Sorgen um meine Trauer und meine Schamgefühle und meine Ängste. Es kam mir in den Sinn, dass der Talisman, von dem sie gesprochen hatte, noch an ihrem Hals hängen könnte, und dass ich vielleicht in der Lage sein würde, die Mächte zu nutzen, die sie in ihm versiegelt hatte, um sie wiederzubeleben. Zumindest redete ich mir das ein. Da sie die Kette jedoch nicht trug, durchsuchte ich ihre Taschen. Doch in denen war nichts außer einem Band. Eine Erinnerung an ihr Baby, vermutete ich.
      Dann hörte ich Geräusche zwischen den Bäumen. Der Nachtwächter hatte sich von seinem Kamin im Wachhaus erhoben und machte eine Inspektionsrunde. Er musste Agnes’ wehendes Kleid auf dem Boden und mich daneben kauernd gesehen haben. Er kam mit zwei silbernen Pistolen auf mich zu und rief Hilfe herbei. Ich stieß ihn nieder und schnappte mir eine der Pistolen, hielt sie ihm an den Kopf und drohte ihm, ihn zu erschießen. Aber mir war übel bei dem Gedanken, noch jemandem das Leben zu nehmen. Also ließ ich ihn los, drehte mich um und rannte weg. Inzwischen war Alarm gegeben worden. Bedienstete liefen in ihrer Nachtwäsche herum. Ich duckte mich, um ihnen auszuweichen, aber der Wächter zielte mit der Pistole auf mich und schoss. Die Kugel traf mich mitten ins Herz.«
      Er lachte plötzlich; es war ein seltsamer, unharmonischer Laut.
      »Es war so seltsam, Evie. Ich war froh zu sterben. Nachdem ich alles getan hatte, um dem Tod zu entkommen, hätte ich ihn schließlich begrüßt. Aber es kam anders. Ich spürte, wie das Blut aus meiner Brust spritzte. Ich brach auf dem Boden zusammen, und dann … ich kann es nicht beschreiben … ich war immer noch bei Bewusstsein, aber verändert. In eine Welt der Schatten übergegangen. Der Schmerz ließ nach, und ich

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