Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit
am anderen Ende an der Stelle herausgekommen, an der ich es mir vorgestellt hatte: im Park oder auf der Stra?e oder unten beim alten Kanal. Niemand schien davon zu wissen oder mitzubekommen, wie ich es tat. Ich dachte, ich w?re ein Freak. Es machte alles nur noch schlimmer, nicht besser. Ich hatte schreckliche Angst, dass irgendjemand es herausfinden und man mich f?r geisteskrank halten k?nnte.? Sie sah nerv?s auf. ?Ich sch?tze, ihr haltet mich jetzt f?r einen totalen Schwachkopf, oder? Ich wei?, was sie ?ber mich sagen: die verr?ckte Helen Black.?
»Wir denken das nicht«, murmelte Sarah.
»Nein«, sagte ich mit fester Stimme. »Du bist unsere Freundin.«
Helen wirkte jetzt wieder schüchtern und unbeholfen – und zufrieden. »Danke.«
»Also, wie bist du dann in Wyldcliffe gelandet?«, fragte ich.
»Vor etwa einem Jahr ist eine Frau im Heim aufgetaucht. Sie war sehr klug, gut gekleidet und ganz anders als die Leute, die ich bisher gesehen hatte. Es war Mrs. Hartle. Sie erklärte, dass sie meine Mutter sei und bei meiner Geburt noch sehr jung und vor allem unverheiratet gewesen wäre. Mein Vater war weggelaufen, wie sie sagte, und sie hatte nicht die Möglichkeit gehabt, sich um mich zu kümmern. Später hatte sie einen älteren Mann geheiratet, einen reichen Mann. Er war jetzt tot, und sie hatte eine gute Position an einer Schule, so dass wir wieder zusammen sein könnten. Und dann erklärte sie, sie wüsste, dass ich mit einigen besonderen Elementarkräften vertraut bin und dass es sich um eine spezielle Begabung unserer Familie handeln w?rde, so dass sie allein mich verstehen k?nnte. Es war seltsam, das alles aus ihrem Munde zu h?ren, aber ich war so froh, dass ich nicht einfach nur verr?ckt war und dass meine Mutter endlich zu mir gekommen war.?
Ich verspürte einen kurzen Stich von Neid. So viele Male hatte ich davon geträumt und mir vorgestellt, dass meine eigene Mutter eines Tages auftauchen und sagen würde: Ich bin nicht ertrunken; es war alles ein Irrtum. Ich lebe noch … So, wie Helens Mutter plötzlich in ihr Leben getreten war.
»Zuerst war ich völlig außer mir vor Freude«, sagte Helen. »Aber kaum waren wir in Wyldcliffe, hat sie sich auf einmal völlig verändert. Sie sagte, dass ich niemandem erzählen darf, wer ich bin, weil das nicht gut für ihren Ruf sei. Ich würde einfach das Mädchen sein, das ein Stipendium bekommen hat, eine Waise. Ich fand schon bald heraus, dass meine Mutter ganz und gar nicht an mir interessiert war, sondern einzig und allein an dem, was ich kann. Sie wollte meine Fähigkeiten für ihre eigenen Zwecke nutzen.«
»Woher wusste sie überhaupt davon?«, fragte Sarah.
Helen errötete, als wären die Worte wie Feuer in ihrem Mund. »Meine Mutter – Mrs. Hartle – ist eine Schwester der Dunkelheit, die Oberste Mistress des Hexenzirkels von Wyldcliffe. Sie beschwört die elementaren Mächte herbei, wo immer sie auch sein mögen, und versucht, sie ihrem eigenen Willen und dem ihres Meisters zu unterwerfen. «
»Und wer ist dieser Meister?«, fragte ich matt.
Sie sah mich mit ihren klaren, strahlenden Augen an, die voller Mitgef?hl waren. ?Du wei?t, wer das ist, Evie, oder??
Ja, ich wusste es. Es konnte niemand anderes sein.
»Sebastian, richtig?«
»Ja.« Helen seufzte. »Es tut mir leid, Evie. Es tut mir wirklich leid.«
Vierundvierzig
D as Wasser tropfte von Pans Statue. Tausend Augen schienen mich aus der Dunkelheit anzustarren und darauf zu warten, was als Nächstes geschehen würde. Ich fühlte mich, als hätte sich um mich herum ein unsichtbares Netz geschlossen, das mich in jeder Richtung festhielt. In einer der Ecken rührte sich etwas, und ich zuckte zusammen.
»Was ist das?«, fragte ich.
»Wahrscheinlich eine Maus oder eine Ratte«, antwortete Helen. »Von dieser Höhle führen alte Tunnel in andere Teile der Anlagen. Ich vermute, dass sie bevölkert sind.«
Ich unterdrückte ein Zittern und versuchte, mich zu konzentrieren.
»Also deine Mutter ist eine dieser Schwestern der Dunkelheit? «, fragte Sarah. Eine düstere Vorahnung ließ ihre Augen weit werden. »Um was genau handelt es sich dabei? «
»Es gibt einen Brauch, demzufolge sich eine Gruppe von Frauen an einen Meister des Mystischen Weges bindet. Diese Frauen nähren ihn, beschützen ihn und bieten ihm die Kraft ihrer Schwesternschaft. Sie können zum Guten wirken und heilen und durch Treue und Wissen
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