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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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mein Zimmer gekommen bist, nichts zu den Sammlungen gesagt hast.«
    »Zu welchen Sammlungen?«
    »Na zum Beispiel der Sammlung von
beaux livres.
« Sie sah ihm ins Gesicht, um seine Reaktion zu beobachten. »Und auch die mit okkultistischen Büchern. Manche davon scheinen ziemlich seltene Ausgaben zu sein.«
    Anatole antwortete nicht sofort. »Nun, du hast mir schon mehr als einmal vorgeworfen, wie ermüdend ich beim Thema antiquarische Bücher sein kann«, sagte er schließlich. »Ich wollte dich nicht langweilen.«
    Léonie lachte. »Meine Güte, Anatole, was ist denn bloß los mit dir? Ich weiß, dass ein Gutteil dieser Bücher selbst in Paris als anrüchig gilt, das hast du mir selbst erzählt. Mit so was würde man doch nicht hier auf dem Lande rechnen. Und dass du es nicht einmal erwähnt hast, tja, das ist …«
    Anatole saß da und zog an seiner Zigarette.
    »Also?«, sagte sie auffordernd.
    »Also was?«
    »Also, warum gibst du dich so entschieden desinteressiert?« Sie holte tief Luft. »Und wieso hatte unser Onkel eine so umfassende Sammlung von solchen Büchern? Tante Isolde hat nichts dergleichen erwähnt.«
    »Doch, hat sie«, sagte er schneidend. »Du lässt übrigens kein gutes Haar an Isolde. Offenbar magst du sie nicht.«
    Léonie wurde rot. »Falls du diesen Eindruck gewonnen hast, so irrst du dich. Ich finde Tante Isolde ganz bezaubernd.« Sie hob leicht die Stimme, damit er sie nicht unterbrach. »Nicht unsere Tante beunruhigt mich, sondern eher die Stimmung auf der Domaine, vor allem in Verbindung mit dem Vorhandensein derlei okkultistischer Bücher in der Bibliothek.«
    Anatole seufzte. »Ich habe sie nicht bemerkt. Du machst aus einer Mücke einen Elefanten. Die nächstliegende Erklärung ist wohl die, dass Oncle Jules vielseitige Vorlieben hatte – oder eher liberale. Vielleicht hat er aber auch viele der Bücher zusammen mit dem Anwesen geerbt.«
    »Manche sind neueren Datums«, beharrte sie.
    Sie wusste, dass sie ihn provozierte, und hätte am liebsten einen Rückzieher gemacht, aber irgendwie konnte sie sich nicht bremsen.
    »Und du bist die große Expertin für derlei Publikationen«, sagte er skeptisch.
    Sein unterkühlter Ton ließ sie zurückschrecken. »Nein, aber das meine ich ja gerade. Du bist der Experte! Deshalb hab ich mich gewundert, dass du die Sammlung überhaupt nicht erwähnt hast.«
    »Ich begreife einfach nicht, wieso du darin unbedingt irgendetwas Mysteriöses sehen willst – genauer gesagt, in allem hier. Ich verstehe das wirklich nicht.«
    Léonie beugte sich vor. »Anatole, ich sage dir, irgendwas ist seltsam an der Domaine, ob du es nun zugibst oder nicht.« Sie stockte. »Ehrlich gesagt, ich muss mich sogar fragen, ob du überhaupt in der Bibliothek gewesen bist.«
    »Es reicht«, sagte er mit warnender Stimme. »Was zum Teufel ist denn heute bloß in dich gefahren?«
    »Du wirfst mir vor, ich wollte dem Haus irgendetwas Mysteriöses anhängen, und ich gebe zu, dass dem vielleicht so ist. Aber umgekehrt willst du anscheinend genau das Gegenteil.«
    Anatole schlug gereizt die Augen gen Himmel. »Hör dich doch mal an!«, stieß er hervor. »Isolde hat uns beide herzlich empfangen. Sie befindet sich in einer schwierigen Lage, und falls es irgendwelche Misslichkeiten gegeben hat, dann ist das zweifellos dem Umstand zuzuschreiben, dass sie hier selbst eine Fremde ist, die mit altgedienten Bediensteten unter einem Dach leben muss, denen es vermutlich gar nicht passt, wenn plötzlich jemand von außerhalb Herrin des Hauses wird. Wie ich gehört habe, war Lascombe häufig verreist, und ich vermute, dass die Dienerschaft dann tun und lassen konnte, was sie wollte. Derart kritische Bemerkungen stehen dir nicht zu.«
    Léonie merkte, dass sie zu weit gegangen war, und ruderte zurück. »Ich wollte doch nur …«
    Anatole tupfte sich die Mundwinkel ab und warf dann seine Serviette auf den Tisch. »Ich hatte lediglich die Absicht, für dich eine interessante Bettlektüre zu finden«, sagte er, »damit du am ersten Abend in dem fremden Haus kein Heimweh bekommst. Isolde begegnet dir mit nichts als Freundlichkeit, doch du mäkelst immerzu an allem herum.«
    Léonies Streitlust war verflogen. Sie konnte sich nicht einmal mehr erinnern, warum sie ihn überhaupt hatte provozieren wollen.
    »Es tut mir leid, wenn dich meine Worte verärgert haben, aber …«, setzte sie an, doch es war zu spät.
    »Anscheinend sind meine Argumente gegen deine kindische Verstocktheit

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