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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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brauchte sofort einen Arzt.
    Hal zog sein Handy aus der Tasche und wählte mit zitternden Fingern den Notruf.
    »Beeilung«, schrie er, nachdem er die Adresse schon dreimal durchgegeben hatte. »Ja, sie atmet noch! Aber sie braucht schnellstens Hilfe, dringend!«
    Hal legte auf. Da es besser war, die Verletzte nicht zu bewegen, stürzte er ins Haus, griff sich eine Decke von der Sofalehne und eilte zurück nach draußen, um sie behutsam über Shelagh zu breiten, damit sie warm blieb. Dann ging er zurück ins Haus und durch die Vordertür hinaus auf die Straße. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er nicht bei ihr blieb, bis der Krankenwagen kam. Aber er musste zurück zur Domaine de la Cade.
    Er hämmerte an die Tür nebenan. Als die Nachbarin aufmachte, berichtete er der verschreckten Frau, was passiert war, und bat sie, bei Dr. O’Donnell zu warten, bis Hilfe eintraf, dann lief er zu seinem Auto, noch bevor sie Gelegenheit hatte, einen Einwand zu erheben.
    Er ließ den Motor an und trat das Gaspedal durch. Es gab nur einen Menschen, der das hier zu verantworten hatte. Er musste zurück zur Domaine de la Cade. Er musste Meredith finden.
     
    Julian Lawrence knallte die Autotür zu und stürmte die Vordertreppe hinauf ins Hotel.
    Er hätte nicht die Nerven verlieren sollen.
    Schweißperlen rannen ihm übers Gesicht und durchnässten seinen Hemdkragen, als er durch die Halle stolperte. Er musste in sein Arbeitszimmer und sich beruhigen. Dann würde er sich überlegen, was zu tun war.
    »Monsieur? Monsieur Lawrence?«
    Er fuhr herum und sah mit leicht verschwommenem Blick, dass die Empfangsdame ihm winkte.
    »Monsieur Lawrence«, setzte Eloise an, hielt dann aber inne. »Ist Ihnen nicht gut?«
    »Doch, alles bestens«, zischte er. »Was ist denn?«
    Sie zuckte zusammen. »Ihr Neffe hat mich gebeten, Ihnen das zu geben.«
    Julian war mit drei Schritten an der Rezeption und riss Eloise das Blatt Papier aus der ausgestreckten Hand. Es war eine Nachricht von Hal, knapp und sachlich, dass er sich um zwei Uhr mit ihm treffen wolle.
    Julian knüllte das Blatt in seiner Faust zusammen. »Wann hat er das hier abgegeben?«
    »Gegen halb elf, Monsieur, kurz nachdem Sie weggefahren sind.«
    »Ist mein Neffe jetzt im Hotel?«
    »Ich glaube, er ist kurz vor zwölf nach Rennes-les-Bains gefahren, um die Dame abzuholen, die ihn heute Morgen hier aufgesucht hat. Soweit ich weiß, ist er noch nicht wieder zurück.«
    »War die junge Amerikanerin bei ihm?«
    »Nein. Sie ist in den Park gegangen«, antwortete sie und schaute zur Terrassentür hinüber.
    »Wie lang ist das her?«
    »Mindestens eine Stunde, Monsieur.«
    »Hat sie gesagt, was sie vorhat? Wo sie hinwill? Haben Sie irgendwas zwischen ihr und meinem Neffen mitbekommen, Eloise? Irgendwas?«
    Ihre Augen verrieten, wie sehr sein Verhalten sie beunruhigte, aber sie antwortete gelassen.
    »Nein, Monsieur, obwohl …«
    »Was?«
    »Bevor sie in den Park ging, hat sie gefragt, ob sie sich eine Schaufel ausborgen könnte.«
    Julian fuhr auf. »Eine Schaufel?«
    Eloise wich erschrocken zurück, als Julian mit beiden Händen auf die Theke schlug, wo sie zwei feuchte Abdrücke hinterließen. Ms. Martin hätte wohl kaum nach einer Schaufel gefragt, wenn sie nicht vorhätte zu graben. Und sie hatte abgewartet, bis sie sicher sein konnte, dass er nicht mehr im Hotel war.
    »Die Karten«, murmelte er. »Sie weiß, wo sie sind.«
    »Was haben Sie denn, Monsieur?«, fragte Eloise nervös. »Sie …«
    Julian antwortet nicht, sondern machte auf dem Absatz kehrt, durchquerte die Halle und stieß die Tür zur Terrasse so heftig auf, dass sie hinten gegen die Wand knallte.
    »Was soll ich Ihrem Neffen ausrichten, wenn er zurückkommt?«, rief Eloise ihm nach.
    Durch das kleine Fenster hinten in der Rezeption beobachtete sie, wie er mit großen Schritten davoneilte. Nicht hinunter zum See, wie zuvor Madame Martin, sondern in Richtung Wald.
    Kapitel 99
    G enau vor ihr war eine Allee von Eiben und der Nachhall eines alten Pfades. Er schien nirgendwohin zu führen, doch als Meredith genauer hinschaute, erkannte sie die Umrisse von Grundmauern und ein paar auseinandergebrochene Steine auf dem Boden. Hier hatte einmal ein Bauwerk gestanden.
    Hier ist es.
    Sie trug die Kiste mit den Tarotkarten langsam zu der Stelle, wo einst die Grabkapelle gestanden hatte. Das Gras unter ihren Füßen war feucht, als hätte es kürzlich geregnet. Sie spürte die Verlassenheit und Abgeschiedenheit des Ortes durch

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