Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
Vom Netzwerk:
Hunger mehr. Lass uns den nächsten Zug nach Berlin nehmen!«
    Sie stiegen bereits in Berlin-Spandau aus, was die Wahrscheinlichkeit, von den Verschwörern abgefangen zu werden, verringerte. Trotzdem war Paulus nervös, als sie den Zug verließen. Er unterdrückte den Impuls, sich nach etwaigen Verfolgern umzusehen, und zwang sich, im normalen Tempo zum Ausgang zu gehen.
    Als sie schließlich im Taxi saßen, atmete er erleichtert aus. »Zum Brandenburger Tor bitte«, beantwortete er die entsprechende Frage des Fahrers. Der sah ihn einen Moment an, als hätte er es mit einem Schwachsinnigen zu tun – es wäre sehr viel kostengünstiger gewesen, bis zum Hauptbahnhof weiterzufahren und sich von dort ein Taxi zu nehmen. Dann zuckte er mit den Schultern, schaltete wortlos den Taxameter ein und fuhr los.
    Auf der Straße des 17. Juni gerieten sie in einen Stau, was selbst im chronisch verstopften Berlin für die Mittagszeit ungewöhnlich war. Je näher sie dem Pariser Platz kamen, desto langsamer ging es voran.
    »Was ist denn los?«, fragte Paulus nervös.
    Der Fahrer zuckte mit den Schultern. »Keene Ahnung. Vielleicht ’ne Demo. Bestimmt wieder die beknackten Kommunisten.«
    »Könnten Sie vielleicht mal in der Zentrale nachfragen, was da los ist?«
    Der Fahrer folgte seiner Bitte. »Zentrale? Wagen 42. Steck im Stau auf der 17. Was is ’n los? Kommunisten in der Stadt, wa?«
    »Die Gegend rund um den Pariser Platz ist weiträumiggesperrt«, kam die Antwort. »Es gab eine Bombendrohung gegen die amerikanische Botschaft.«
    Paulus und Mele sahen sich erschrocken an.
    »Scheiß Kommunistenpack, sach ich doch!«, fluchte der Fahrer.
    Der Verkehr wurde über die Ebertstraße Richtung Norden abgeleitet. Am Brandenburger Tor standen Dutzende Polizeifahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht. Auch ein paar Feuerwehrwagen waren zu erkennen.
    »Unseren Plan können wir wohl vergessen«, sagte Paulus. »Die haben die Botschaft sicher evakuiert.«
    »Meinst du, das mit der Bombendrohung waren die?«, fragte Mele.
    »Glaubst du etwa, das ist Zufall?«, gab Paulus zurück.
    Der Taxifahrer warf ihnen durch den Rückspiegel einen misstrauischen Blick zu. Vermutlich hielt er sie jetzt auch für kommunistische Terroristen.
    Sie stiegen an der Wilhelmstraße aus und versuchten, sich dem Pariser Platz zu Fuß zu nähern, wurden jedoch schon nach ein paar Metern von einem Polizisten angehalten, der eine Absperrung kontrollierte.
    »We need to get to the US Embassy. It’s urgent!«, sagte Mele, offenbar in der Hoffnung, dass er sie vielleicht durchlassen würde, wenn er sie für Amerikaner hielt.
    »Sorry, you cannot go here. It is all closed«, antwortete der Beamte mit einem schweren Akzent, der Paulus an die Durchsagen des Schaffners vorhin im Zug erinnerte.
    »What happened?«
    »There has been a bomb alarm. All is closed. Please go further.«
    »Is there some place we can go instead? I mean, some kind of emergency office for the embassador?«
    »What?«
    »Meine Verlobte möchte wissen, ob es ein Notfallbüro für Botschaftsangelegenheiten gibt, an das sie sich wenden kann. Es ist sehr wichtig!«
    »Tut mir leid, das weiß ich nicht. Am besten wenden Sie sich an die Zweigstelle in der Clayallee.«
    »Das machen wir, danke.«
    Der Polizist schenkte ihnen ein dankbares Lächeln, offensichtlich froh, dass seine Schulenglischkenntnisse nicht weiter gefordert wurden.
    »Und was jetzt?«, fragte Mele, als sie außer Hörweite waren.
    »Erst mal von der Straße verschwinden. Sie haben uns den Weg zur Botschaft abgeschnitten, aber das heißt nicht, dass sie nicht doch hier irgendwo auf uns lauern.«
    Mele sah sich erschrocken um. In dem Gedränge aus Schaulustigen, verwirrten Touristen und mürrisch dreinblickenden Geschäftsleuten fielen sie kaum auf, aber etwaige Verfolger waren ebenso schwer auszumachen.
    Paulus fühlte sich erst sicher, als sie kurz darauf in einem Internetcafé in der Straße Unter den Linden saßen. Auf der Website des Nachrichtenmagazins REFLEKTOR erfuhren sie, dass Unbekannte heute Morgen um kurz vor acht eine Bombendrohung ausgesprochen hatten und daraufhin das Gebiet um die US-Botschaft geräumt worden war. Ein Polizeisprecher hatte angegeben, dass die Sperrung mindestens noch bis zum späten Nachmittag dauern werde, möglicherweise auch länger.
    Paulus zweifelte nicht daran, dass ihre Gegner ihnen den Zugang zur Botschaft mit aller Entschlossenheit verwehren würden, solange es aus ihrer Sicht nötig war. Es hatte

Weitere Kostenlose Bücher