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Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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das T aus.
    HN VNREI TEIN SLLWEMTAHC COA SNCERHMTA, DEI WHMT NV FSLDA IVKKA PV RHMT, VNND RGN SHNCEFOIN RONE XERV MTIHRA VNND DER TEHLCENCEHRAER VNND DER TEHLCEN FEINSID VNND DEI CEWEHNRMTSKKA DEI TEHLCEN
    Viel besser war das noch nicht, aber Paulus spürte, dass er auf dem richtigen Weg war, denn jetzt tauchten plötzlich mehrere Wörter mit drei Buchstaben und einem D am Anfang auf – typische bestimmte Artikel im Deutschen. »Dei« war aber offensichtlich falsch, falls nicht das lateinische Wort für »Gottes« gemeint war, das wiederum in einem deutschen Text nicht so oft vorkommen sollte.
    Er betrachtete das erste Wort des Textes. HN. Es enthielt keinen Vokal. Wenn aber das Wort VNND korrekt war, dann musste das N auch hier richtig sein. Vermutlich handelte es sich um das Wort »In« oder »An«. Da das I offensichtlich ohnehin an der falschen Stelle stand, versuchte es Paulus mit einem Dreieckstausch: Für H setzte er I ein, für I ein R, da so aus DEI das häufige Wort DER wurde, und das übrigbleibende H setzte er anstelle des Rs ein. Heraus kam:
    IN VNHER TERN SLLWEMTAIC COA SNCEHIMTA, DER WIMT NV FSLDA RVKKA PV HIMT, VNND HGN SINCEFORN HONE XEHV MTRIHA VNND DEH TEILCEN CEIHAEH VNND DEH TEILCEN FERNSRD VNND DER CEWEINHMTSKKA DER TEILCEN
    Ein lesbarer Text sah anders aus, doch Paulus gab nicht auf. Einem Impuls folgend, vertauschte er H und S, so dass sich das zweite
     Wort in VNSER verwandelte, in der alten Schreibweise das Wort »unser«. Und plötzlich kam ihm der letzte Teil des kurzen Textabschnittes gar nicht mehr so
     mysteriös und unverständlich vor:
    VNND DES TEILCEN CEISAES VNND DES TEILCEN FERNHRD VNND DER CEWEINSMTHKKA DER TEILCEN
    Paulus hatte ähnliche Phrasen schon zu oft in mittelalterlichen Handschriften gesehen, um nicht über die Ähnlichkeit zu stolpern: »… und des Heiligen Geistes … und der Gemeinschaft der Heiligen …« Dann würde TEILCEN für »Heiligen« stehen. Zwar hatte das Wort einen Buchstaben zu wenig, doch es war im Mittelalter nicht unüblich, dass man nicht zwingend zum Wortverständnis notwendige Buchstaben einfach wegließ, ähnlich wie Dichter dies auch heute noch machten, damit das Versmaß passte. Also das T in ein H verwandelt, aus dem C ein G gemacht und das A durch ein T ersetzt. Damit die Buchstabenzuordnung wieder stimmte, setzte Paulus für das H ein A ein und für das G ein C. Danach sah der Text so aus:
    IN VNSER HERN ALLWEMHTIG GOT ANGESIMHT, DER WIMH NV FALDT RVKKT PV SIMH, VNND SCN AINGEFORN SONE XESV MHRIST VNND DES HEILGEN GEISTES VNND DES HEILGEN FERNARD VNND DER GEWEINSMHAKKT DER HEILGEN
    Paulus’ Herz schlug schneller. Er hatte es geschafft! Der Text war ganz offensichtlich in einer der zahllosen Varianten jener Sprache verfasst, in der etwa Luthers Bibel und »Till Eulenspiegel« geschrieben worden waren. Sie markierte den Übergang vom wilden Durcheinander mittelalterlicher Dialekte zu einer einheitlichen deutschen Hochsprache.
    Der Rest war ein Kinderspiel. Eine halbe Stunde später hatte er den Text der ersten Manuskriptseite in klar lesbarem,wenn auch etwas altertümlich anmutendem Deutsch vor sich:
    IN VNSER HERN ALLMECHTIG GOT ANGESICHT, DER MICH NV BALDT RVFFT ZV SICH, VNND SYN AINGEBORN SONE JESV CHRIST VNND DES HEILGEN GEISTES VNND DES HEILGEN BERNARD VNND DER GEMEINSCHAFFT DER HEILGEN, DAROB ICH, HERMO VON LOMERSHEIM, BRVDER DER CISTERCIENSER VON MVLENBRVNN, LEG AB MEIN ZEVGNIS. DENN ZVM DRITTEN MAL ERSCHYN MIR DES HERN ENGELL VNND ALSO ER SPRACH: LEG AB DEIN ZEVGNIS VNND SCHREIB DANIDER, WAS ICH DIR GESAGT VNND DV HAST BEWARET IN DEIN HERTZEN, ALSO WIE AVCH DAS, WAS ICH DIR NOCH WERD SAGN. VNND ICH WERD DEN WECH DIR WIJSEN, SO DV DIS HAST ZV SCHREIBEN, ALS DAROB DIE WORTE WERDENN ERKANT ZV DER RECHTEN TZEYT, NIT ABER DARVOR.
    Paulus starrte fasziniert auf den Text. Es schien sich um eine Art Testament eines Mönchs zu handeln. Mulenbrunn stand möglicherweise für das heutige Maulbronn im Schwarzwald, in dem immer noch eine der besterhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen zu bewundern war. Soweit Paulus sich erinnerte, hatte die ehemalige Zisterzienserabtei ihre Blütezeit im 15. Jahrhundert gehabt und war später im Zuge der Reformation in eine Schule umgewandelt worden. Das würde bedeuten, dass das Manuskript tatsächlich aus dem ausgehenden Mittelalter stammte und wahrscheinlich vor 1550 entstanden war.
    Die Erwähnung des Engels, der dem Mönch angeblich erschienen war, war sicher metaphorisch zu verstehen. Möglicherweise

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