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Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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war keine wirkliche Engelserscheinung«, widersprach Paulus. »Und Jeanne d’Arc ist gestorben, lange bevor Hermo das Buch geschrieben hat.«
    »Hatte er die Erscheinung nicht 1411?«
    »Das schreibt er, ja. Aber das kann offensichtlich nicht stimmen. Wenn er überhaupt eine Erscheinung gehabt hat, dann war das ein Traum. Und wenn in diesem Traum die Jungfrau von Orleans vorkam, dann muss er ihn viel später gehabt haben.«
    »Woher willst du das so genau wissen?«, fragte Mele mit herausforderndem Tonfall.
    Ärger stieg in Paulus auf. Er hatte wirklich keine Lust,über esoterische Hirngespinste wie Prophezeiungen zu diskutieren. »Wir reden hier über ein Dokument aus dem Mittelalter. Das darf man nicht wörtlich nehmen, genauso wenig wie beispielsweise die Bibel.«
    »Bloß, weil es nicht in dein Weltbild passt, heißt das noch lange nicht, dass es nicht doch eine echte Prophezeiung sein kann!«, beharrte Mele.
    Paulus gab es auf, mit ihr zu diskutieren. Wer Touristen absurde Lügen über den Kölner Dom auftischte, war wohl kaum eine geeignete Gesprächspartnerin über historische Zusammenhänge.
    Andererseits erklärte Meles These vielleicht, wieso das Buch für diesen Araber so wichtig war. Möglicherweise hielt er Hermo von Lomersheim für eine Art Vorläufer von Nostradamus.
    »Ist ja auch egal. Ich mache besser weiter«, sagte er und verließ Dirks Zimmer. Mele folgte ihm.
    »Gern geschehen«, murmelte der Student, als er die Tür hinter ihnen schloss.
    Paulus blätterte durch das Buch und suchte nach weiteren astrologischen Symbolen. Es dauerte nicht lange, bis er welche fand. Insgesamt waren es neun Gruppen aus jeweils acht Zeichen – die vier Symbole für Jupiter, Saturn, Mars und Mond, gefolgt von jeweils einem Tierkreiszeichen. Neun exakte Datumsangaben, die über das ganze Dokument verteilt waren.
    Paulus überlegte, ob er versuchen sollte, die jeweiligen dazugehörigen Daten herauszufinden. Doch das war nicht so einfach, denn durch die komplizierten Bewegungen der Planeten relativ zueinander und zu den Sternbildern waren die entsprechenden Berechnungen sehr aufwendig und überstiegen Paulus’ Fähigkeiten bei weitem. Die Website, die er benutzt hatte, um die Planetenkonstellationzu einem Datum zu berechnen, erlaubte den umgekehrten Weg nicht. Vielleicht gab es irgendwo im Internet ein entsprechendes Programm, aber es zu finden konnte lange dauern, und er wollte nicht schon wieder den mürrischen Dirk um einen Gefallen bitten. Er würde einfach weiter den Text entschlüsseln, und falls sich daraus irgendwelche erkennbaren historischen Ereignisse ergaben, würde er prüfen, ob die angegebene Planetenkonstellation zu dem jeweiligen Datum passte.
    »Du hast recht gehabt«, sagte er nach einer Weile zu Mele.
    Sie beugte sich zu ihm und las die Wörter, die Paulus in der letzten halben Stunde entschlüsselt hatte und die im Manuskript unmittelbar auf die astrologischen Zeichen folgten:
    Dieses war die erste Offenbarung des Engels. Und sie wurde wahr. Denn der Engel verkündete mir das Wort des Herrn, und sein Wille wird geschehen.
    »Es handelt sich vermutlich tatsächlich um Prophezeiungen«, sagte Paulus. »Offenbar hat er die Erscheinung des Engels im Jahr 1411 und die Sache mit Jeanne d’Arc beschrieben, um dem Dokument mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Mele.
    »Es macht sich nun mal in einem prophetischen Dokument ganz gut, wenn eine Vorhersage darin steht, die bereits eingetroffen ist.«
    »Du glaubst, er hat das erfunden?«
    »Natürlich. Es ist immer leichter, ein Ereignis im Nachhinein zu ›prophezeien‹ als im Voraus. In der Esoterik-Literatur findest du jede Menge Bücher, in denen behauptetwird, dass irgendwelche tatsächlichen Ereignisse angeblich schon in historischen Quellen vorhergesagt wurden. Daraus schließen die Autoren dann auf zukünftige Katastrophen, die angeblich auch in den betreffenden Dokumenten prophezeit werden. Das prominenteste Beispiel ist Nostradamus. Er hat Hunderte von kryptischen Versen geschrieben, in die man alles Mögliche hineininterpretieren kann. Und mit ein bisschen Fantasie erkennt man darin tatsächliche Ereignisse, wie zum Beispiel den Zweiten Weltkrieg.«
    Er hatte einmal einige von Nostradamus’ Versen in einem Seminar verwendet, um die Studenten für die Gefahr von Fehlinterpretationen zu sensibilisieren. Er versuchte, sich an den Wortlaut zu erinnern.
    »Nimm zum Beispiel diesen Vers hier: Von Trojas Blute wird das

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