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Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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germanici, Nummer 34.«
    Paulus schrieb die Angaben auf einen Zettel, den er auf einer Anrichte fand. »Danke, Frank! Du hast mir sehr geholfen!«
    »Schon okay. Aber ich wüsste wirklich gern, was eigentlich los ist. Du klingst ziemlich aufgeregt.«
    »Ich verspreche, ich erzähl dir alles, wenn die Sache vorbei ist. Aber jetzt hab ich keine Zeit. Tschüs, Frank!«
    »Tschüs«, sagte sein Freund enttäuscht.
    Paulus legte auf. Heidelberg. Mit etwas Glück würde er Dirk dort aufspüren.
    Er klopfte an Meles Tür.
    »Komm rein.«
    Sie lag auf dem Bett. Ihre Augen waren gerötet. Ob sie geweint hatte oder es sich um Nachwirkungen ihres Katers handelte, ließ sich nicht sagen.
    »Ich wollte nur tschüs sagen. Und danke.«
    Sie setzte sich auf und fixierte ihn mit ihren großen Augen, die immer ein wenig verwundert wirkten. »Das ist alles? Einfach so?«
    »Na ja«, erwiderte Paulus verlegen. »Vielleicht sieht man sich ja noch mal …«
    Sie sprang auf. Ihre Stirn legte sich in Falten, und ihre Augenbrauen senkten sich. Sie sah plötzlich so wütend aus, dass er beinahe Angst vor ihr bekam. »Und du denkst, damit ist es erledigt? Du brichst in mein Leben ein, bringst alles durcheinander, und dann gehst du einfach wieder, ja?«
    Jetzt war er vollends verwirrt. »Ich … ich verstehe nicht …«
    Plötzlich glitzerten Tränen in ihren Augen. »Ich … ich habe immer davon geträumt, einmal etwas wirklich Wichtiges zu tun. Und jetzt willst du einfach verschwinden …«
    »Mele, ich weiß, es fällt dir schwer, das zu glauben. Aber das Manuskript ist einfach bloß ein Buch, das irgendein cleverer Schweinehund geschrieben hat, um leichtgläubige Leute zu leimen. Die Sache mit dem Namen des Apostelsist ein billiger Trick, das habe ich dir doch schon erklärt! Und dieser dämliche Araber ist wahrscheinlich ein verblendeter religiöser Fanatiker. Ich fahre jetzt zu Dirk, hole mir das Manuskript zurück und entschlüssele es, und dann wird sich alles aufklären.«
    »Du weißt, wo er ist?«
    »Ich vermute es zumindest. Ich habe rausgefunden, wo das Schlüsselbuch ist, mit dem man den Rest des Textes entziffern kann. Wahrscheinlich hat Dirk das irgendwie selbst rausgekriegt und ist jetzt dorthin unterwegs. Mit etwas Glück werde ich ihn dort treffen. Er gibt mir das Buch, und die ganze Sache ist erledigt.«
    »Dann komme ich mit!«
    »Nicht nötig. Ich komme schon alleine mit Dirk klar. Außerdem ist es gut möglich, dass dieser Araber ebenfalls in Heidelberg ist. Die Sache könnte gefährlich werden.«
    »Dann begleite ich dich erst recht. Ich hab dir schon mal den Hintern gerettet!«
    »Bitte, Mele, das musst du wirklich nicht.«
    Sie zog trotzig die Unterlippe herab. »Dann versuch doch mal, mich abzuschütteln!«
    Kurz darauf saßen sie im Intercity Richtung Süden. Paulus hatte zwei Tickets gekauft. Gegen Meles Dickkopf hatte er keine Chance. Und irgendwie war er froh, dass sie bei ihm war, auch wenn die Dinge dadurch nicht gerade weniger kompliziert wurden.
    Er betrachtete sie, wie sie ihm gegenüber am Fenster saß und hinaus auf den Rhein blickte, der sich parallel zur Bahnstrecke durch sein Jahrmillionen altes Tal wand. Die zahllosen Burgen und Ruinen, die die Hügel an seinen Ufern krönten, zeugten von der großen Bedeutung, die der Strom seit alters her für die Menschen hatte.
    Falls es den Mönch Hermo von Lomersheim wirklichgegeben hatte und er im fünfzehnten Jahrhundert als Pilger nach Köln gereist war, dann musste er ebenfalls dem Flusslauf gefolgt sein. Damals war die Flussschiffahrt die schnellste und bequemste Art zu reisen gewesen, aber auch die teuerste – man hatte kaum fünf Kilometer auf dem Rhein zurücklegen können, ohne irgendeinem Burgherrn Wegezoll zu entrichten. Ein mittelloser Pilger wäre wohl eher zu Fuß unterwegs gewesen.
    Obwohl das Rheintal schon im Mittelalter relativ dicht besiedelt gewesen war und ein Mönch gegen einen Segen und ein paar Fürbitten bei den Heiligen überall auf Unterkunft und eine karge Mahlzeit hoffen konnte, war es eine beschwerliche und nicht ungefährliche Reise gewesen. Wegelagerer, Wölfe und verwilderte Hunde hatten Reisenden das Leben schwergemacht. Wer auf den unebenen Wegen einen Fehltritt machte und sich einen Fuß brach oder sich eine Infektion zuzog, konnte nicht auf medizinische Hilfe hoffen, denn Ärzte gab es nur in den großen Städten. Kein Wunder, dass sich die Menschen damals lieber an die Mächte des Himmels gewandt hatten, wenn sie Hilfe

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