Die Achte Suende
äußerst mysteriös. Soffici verbrannte in seinem Wagen. Bei dem Wagen handelte es sich um den Dienst-Mercedes von Kardinalstaatssekretär Philippo Gonzaga. Der Wagen war wenige Tage zuvor in Rom verschwunden. Bei dem Unfall trug er ein gefälschtes deutsches Kennzeichen.«
»Seltsam«, bemerkte Malberg, »wirklich seltsam!« Er gab sich gelassen, um Caterina nicht noch mehr zu beunruhigen. In Wahrheit ging ihm unablässig die Drohung des Unbekannten durch den Kopf: Denken Sie an Soffici! Plötzlich verstand er, was ihm der Fremde sagen wollte. Denken Sie an Soffici! – Das war eine Todesdrohung. Und war es nicht auch der Beweis dafür, dass der vermeintliche Unfall des Monsignore kein Unfall war, sondern ein als Unfall getarnter Mord?
»In einem der Berichte über Sofficis mysteriösen Tod«, fuhr Caterina fort, »entdeckte ich ein Foto von dieser Burg am Rhein. Und jetzt halt dich fest: Auf dem Foto gibt es einen Hinweis auf den Tod Marlene Ammers.«
»Das klingt abenteuerlich.«
»Ist es auch. Auf der Burg haust nämlich eine obskure Bruderschaft, die über viel Geld und noch mehr Wissen verfügt.«
»Aber wo ist der Zusammenhang mit Marlene?«
Caterina schwieg.
»Hallo?«, fragte Malberg. »Hallo?« Die Verbindung war unterbrochen. Malberg merkte, wie sein Herz schneller schlug. Er versuchte Caterina zurückzurufen, aber er kam nicht durch. Das war wirklich seltsam. Da hörte er einen Signalton. Caterina hatte ihm eine SMS geschickt.
»Nehme die erste Maschine nach München. Hol mich bitte vom Flughafen ab. Ich liebe dich, C.«
Malberg ließ sich in dem wuchtigen Ohrensessel nieder, der ihm als bequeme Sitzgelegenheit diente, wenn er bibliophile Kostbarkeiten unter die Lupe nahm. Doch daran war im Augenblick nicht zu denken. Nervös warf er den Kopf in den Nacken und starrte zur Decke.
Caterinas Aussage war nicht dazu angetan, ihm Mut zu machen. Stärker als je zuvor fühlte er, wie sehr er sie brauchte, wie sehr er sich an sie gewöhnt hatte.
Am liebsten wäre er ins Bett gegangen, aber er war zu unruhig.
Plötzlich sprang er auf. Aus der Schublade eines Barock-Sekretärs kramte er die Wagenschlüssel seines Jaguar XJ 12 hervor. Ebenso eine Taschenlampe. Dann schlüpfte er in eine Lederjacke und begab sich in die Tiefgarage des Hauses.
Die bordeauxfarbene Limousine stand da, wie er sie zurückgelassen hatte, schick, elegant und kapriziös unter all den Mercedes-und Audi-Limousinen und Porsche-Coupés. Etwas angestaubt natürlich, aber das war nach zehnwöchigem Stillstand nicht anders zu erwarten.
Wie ein Spürhund näherte sich Malberg seinem Fahrzeug. Und obwohl grelle Leuchten die Tiefgarage in helles Licht tauchten, schaltete er die Taschenlampe an und richtete den Strahl in das Innere des Wagens: Nichts, jedenfalls nichts, was ihm verdächtig erschien.
Auf der Fahrerseite kniete er sich auf den grün gestrichenen Betonboden und leuchtete unter den Jaguar. Er hatte noch nie seinen Wagen von unten gesehen. Im Schein der Taschenlampe musterte er jede Einzelheit. Aber Malberg war in Automobiltechnik wenig bewandert. Wie sollte er beurteilen, ob ein artfremdes Bauteil am Fahrzeugboden angebracht war?
Vorsichtig steckte er den Wagenschlüssel ins Schloss. Doch plötzlich fühlte er sich wie gelähmt. Seine rechte Hand weigerte sich, den Schlüssel umzudrehen. Vorsichtig zog Malberg den Wagenschlüssel wieder aus dem Schloss. Er spürte Schweiß im Nacken. Marlenes Schatten hatte ihn eingeholt. Wieder einmal.
Kapitel 50
Auf Burg Layenfels herrschte explosive Stimmung. Die Spannung und das Misstrauen unter den Fideles Fidei Flagrantes waren inzwischen so groß, dass jeder dem anderen aus dem Weg ging. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten im Refektorium wurde kaum noch geredet. Im Umgang miteinander beschränkten sich die Brüder auf Gesten wie Kopfnicken und abweisende Handbewegungen. Man hätte meinen können, es handelte sich um einen Trappistenorden der strengen Observanz, dessen Mitglieder den Sinn des Lebens in Schweigsamkeit suchten.
Begonnen hatte alles, nachdem Kardinalstaatssekretär Gonzaga das Tuch – wie die Reliquie nur noch genannt wurde – auf Layenfels abgeliefert und Professor Murath mit seinen Analysen begonnen hatte. Anicet hatte den Mund voll genommen mit aufregenden Ankündigungen, wenn sich Muraths Hypothese bewahrheite, würde die Bruderschaft bald über mehr Macht verfügen als alle Staatenlenker der Welt zusammen. Ja, von einer neuen Welt war die Rede und der Möglichkeit,
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