Die Achte Suende
seinen Meister gefunden. Sein Name ist Monsignor Giancarlo Soffici.«
»Der Sekretär des Kardinalstaatssekretärs?«
»Genau dieser. Eine unscheinbare Erscheinung, farblos bis auf die Purpurschärpe, die er um den Bauch trug. Er litt wohl unter Gonzagas herablassender Behandlung und beschloss eines Tages, sich an seinem Chef zu rächen. Er kannte Gonzagas dunkle Machenschaften und wusste, dass Excellenza über Leichen ging. Also tat er es ihm gleich.«
»Dieser unscheinbare Sekretär des Kardinals?« Caterina schüttelte den Kopf.
»Die hinterhältigsten Verbrecher zeichnen sich durch eine gewisse Unscheinbarkeit aus. In Ihrem Job müssten Sie dieser Tatsache doch schon öfters begegnet sein.«
»Sie haben recht.«
»Jedenfalls war es Soffici, der das Brandgesicht ermorden ließ, um in den Besitz einer Stoffprobe des Turiner Grabtuches zu kommen. Brandgesicht bot das Objekt zunächst Gonzaga an. Aus ungeklärten Gründen kam der Handel nie zustande. Stattdessen interessierte sich plötzlich ein gewisser Malberg für die Stoffprobe.«
»Malberg?«
»Ja, Malberg. Wo steckt der Kerl eigentlich?«
Caterina hob die Schultern.
»Hören Sie«, ging Mesomedes auf Caterina los. »Sie brauchen mir nichts vorzumachen. Ihr Verhältnis mit diesem Antiquar aus München ist längst aktenkundig. Im Übrigen sind Sie zwar eine gute Polizeireporterin, aber eine schlechte Schauspielerin.«
»Er hält sich in Deutschland auf«, antwortete Caterina, um die peinliche Situation zu bereinigen.
Mesomedes fuhr fort: »Soffici wusste vermutlich um den Wert der Stoffprobe und wollte seinerseits das Geschäft machen. Aus irgendwelchen Gründen brauchte er Geld, viel Geld. Und das war Brandgesichts Todesurteil. Aber Soffici witterte offensichtlich ein noch größeres Geschäft und inszenierte die Entführung des Kardinalstaatssekretärs. Zum Schein ließ er sich dabei sogar selbst entführen. In Wahrheit begab er sich mit dem Dienstwagen des Kardinals auf den Weg zu einer obskuren Bruderschaft am Rhein. Aus Gründen, die ich nicht kenne, machte ihm die Bruderschaft offensichtlich ein noch größeres Angebot. Aber Soffici war nicht vom Glück verfolgt. Aus den Unterlagen geht hervor, dass er auf dem Weg zur Bruderschaft bei einem Autounfall ums Leben kam.«
»Und daran glauben Sie?«
»Bisher konnte das Gegenteil nicht bewiesen werden.«
Caterina nickte nachdenklich. »Dann ist der Fall Marlene Ammer doch eigentlich geklärt«, sagte sie schließlich.
»Sagen wir so: Nach Aktenlage kennen wir die Details, unter denen die Signora zu Tode gekommen ist. Sie starb zweifellos bei einem Exorzismus.«
Caterina nickte. Das wusste sie bereits.
»Der Vatikan wollte unter allen Umständen verhindern, dass das bekannt wurde. Trotzdem sind noch zu viele Fragen offen. Sie legen die Vermutung nahe, dass der Tod Marlene Ammers nur eine Lawine ins Rollen gebracht hat, unter der sich ein Geheimnis verbirgt, von dem wir alle nichts ahnen. Hier zum Beispiel!«
Mesomedes zog ein Fax der Staatsanwaltschaft Antwerpen hervor: »Die belgischen Kollegen ermitteln in einem Mordfall an einem gewissen Ernest de Coninck. Dem Mann ging der Ruf voraus, der beste Fälscher der Welt zu sein. Man fand ihn erhängt in seinem Haus in Antwerpen. Aber von Anfang an bestanden Zweifel, ob es wirklich ein Freitod war.«
»Dottor Mesomedes, Sie wollen doch nicht behaupten, dass dieser Fälscher in irgendeinem Zusammenhang mit unserem Fall stehen könnte!«
»Das ist wirklich schwer vorstellbar. Aber vermutlich werden Sie Ihre Meinung schnell ändern, wenn ich Ihnen sage, was die Staatsanwaltschaft in Antwerpen herausgefunden hat. Die Kollegen durchforsteten die Konten des Fälschers, und dabei stießen sie auf zwei Überweisungen von insgesamt einer halben Million Dollar.«
Caterina pfiff leise durch die Zähne.
»Und jetzt raten Sie mal, von wem?«
»Keine Ahnung.«
»Von der Vatikan-Bank IOR, dem Istituto per le Opere Religiose! – Die Antwerpener Kollegen baten um Amtshilfe. Aber nach Aktenlage ging Burchiello nicht auf das Schreiben ein. Allein das macht die Sache verdächtig.«
Während Mesomedes fasziniert in der Akte blätterte, sah ihm Caterina sprachlos zu. Als Reporterin wusste sie nur zu gut, dass das Leben wirklich aufregende Geschichten schrieb. Aber das war mit Abstand die aufregendste. Und sie, Caterina Lima, befand sich mittendrin.
Kapitel 56
Wohin soll’s denn gehen?«, fragte der Taxifahrer.
»Nach Burg Layenfels«, erwiderte Malberg und
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