Die Achte Suende
zollte. »Das wirft ein neues Licht auf diesen mysteriösen Fall. Und wenn ich mir den Bericht über den Unfall des Kardinalstaatssekretärs durch den Kopf gehen lasse, dann sehe ich diesen Gonzaga mit ganz anderen Augen. Warum fährt ein Kurienkardinal mit hunderttausend Dollar in einer Plastiktüte im Privatwagen seines Chauffeurs nachts durch Rom? Gewiss nicht, um das Geld unter den Armen zu verteilen.«
»Nein, das kann ich mir auch nicht vorstellen.«
»Und dieser Malberg ist auf den Fotos nicht zu sehen?«
»Malberg? Warum ausgerechnet Malberg?«
»Nun ja, es wäre doch denkbar, dass gewisse Zusammenhänge zwischen Malberg und der Kurie bestehen …«
Caterina erschrak. »Das kann nicht sein«, murmelte sie gedankenlos. »Wie kommen Sie darauf, Dottor Mesomedes? Ich halte Malberg für einen anständigen Kerl, der durch eine Verkettung widriger Umstände in den Fall hineingezogen wurde. Um Ihre Frage zu beantworten. Nein, Malberg ist auf den Fotos nicht zu sehen.«
»Was aber nicht bedeuten muss, dass er dem Geschehen nicht aus der Ferne beigewohnt hat.«
Caterina lief es heiß und kalt über den Rücken. Sie wusste nicht, wie sie diesen jungen Achille Mesomedes beurteilen sollte. Entweder war er viel raffinierter, als es den Anschein hatte, oder er war so naiv, wie er sich gab, hatte aber den Instinkt, der einen guten Staatsanwalt auszeichnet. Beinahe schien es ihr, als wolle Mesomedes sie in die Enge treiben. Wusste er mehr? Stand sie vielleicht längst unter seiner Beobachtung?
Mesomedes stützte den Kopf in beide Hände, und zum wiederholten Male wanderten seine Augen über die Fotografien vor sich auf dem Tisch. Ohne aufzublicken, meinte er schließlich: »Jetzt machen auch die Weihrauchspuren in der Kleidung der Signora Sinn. Dass die Spur im Fall Ammer in den Vatikan führt, ist allerdings etwas seltsam. Auf jeden Fall zieht die Angelegenheit juristische Komplikationen nach sich. Denn staatsrechtlich gesehen ist der Vatikan, der kleinste Staat der Welt mit seinen vierundvierzig Hektar, exterritorial. Das heißt, er befindet sich außerhalb der staatlichen Rechtshoheit Italiens. Allerdings wurden in der Vergangenheit Kapitalverbrechen stets nach italienischem Recht beurteilt. Dass dies nicht gerade häufig vorkommt, können Sie sich vermutlich vorstellen.«
»Vor allem, wenn es sich um einen Kardinal handelt!«
»Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, ist das zuletzt in der Renaissance vorgekommen. Allerdings gab es Italien damals noch gar nicht, zumindest nicht in der heutigen Staatsform. Im Übrigen muss die Spur eines Verbrechens, die in den Vatikan führt, nicht zwangsläufig im Apartment eines Kardinals enden.«
Caterina nickte zustimmend, obwohl sie sich ihren Teil dabei dachte. Das Gespräch wurde für sie zunehmend unangenehmer, und sie überlegte krampfhaft, wie sie das Treffen beenden könnte.
Der Staatsanwalt blickte auf. Er schien ihre Gedanken zu erraten. Jedenfalls wurde sie verlegen, als Mesomedes sagte: »Sie haben sicher einen schweren Tag hinter sich. Ich will Sie nicht länger aufhalten. Haben Sie übrigens schon von dem tragischen Tod der Marchesa Falconieri gehört? Sie erwähnten die Dame in Ihrem Bericht!«
»Die Marchesa ist …«
»Tot! Erschossen. Kurz nachdem sie aus der Untersuchungshaft entlassen wurde.«
»Aber das ist doch nicht möglich!«
»In diesem Land ist vieles möglich, Signora Lima.«
Caterina schluckte. »Und der Täter?«
»Ein Kollege bei der Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen.« Mesomedes hob die Schultern.
»Wann ist es passiert?«
»Heute gegen Mittag. Vor ihrem Haus. Der Mord trägt die Handschrift der Mafia. Zeugen wollen gesehen haben, wie aus einem Auto heraus auf sie gefeuert wurde. Die Polizei fand die Marchesa in einer riesigen Blutlache. Man kennt diese Vorgehensweise aus Neapel.«
»Aber das würde bedeuten, die Mafia ist auch in den Fall Marlene Ammer involviert. Schließlich war die Marchesa mit Marlene Ammer befreundet!«
»Ich halte es für unwahrscheinlich, dass das etwas mit dem Fall Ammer zu tun hat. Ich glaube eher, dass das Mordmotiv in den großangelegten Betrügereien der Marchesa zu suchen ist. Und da lässt die Mafia nicht mit sich spaßen.«
Der Staatsanwalt redete so, als hätte er den Fall bereits ad acta gelegt. Er hatte eine vorgefasste Meinung und zeigte nicht das geringste Interesse, den Tod von Lorenza Falconieri in Zusammenhang mit Marlenes Ermordung zu bringen.
Caterina kamen erneut
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