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Die Achtsamkeits-Revolution

Die Achtsamkeits-Revolution

Titel: Die Achtsamkeits-Revolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Wallace
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Materiekörper eine Krümmung erfährt, hat man zuweilen das Gefühl, der Raum des Gewahrseins würde durch die Geistesinhalte gekrümmt. Sind wir auf etwas fixiert, scheint unser Geist manchmal eher klein zu werden. Triviale Dinge ragen in unserem Gewahrsein hoch auf, als wären sie riesenhaft und sehr wichtig. Doch in Wirklichkeit wuchsen nicht sie zur Turmhöhe auf, sondern unser Geist ist klein geworden. Die gefühlte Größe der Geistesinhalte hängt von der Raumweite des Geistes ab. Lassen Sie also den Raum des Gewahrseins so weit sein wie möglich, um sich einen nüchternen Blick auf die Geistesaktivitäten zu bewahren. Fürs Erste gilt: Je weniger Sie nach mentalen Ereignissen greifen, desto weniger zieht sich der Geistes-Raum um sie zusammen und wird durch sie gekrümmt.
    Bei der Entwicklung von Shamatha können auch auf dieser bereits relativ fortgeschrittenen Stufe unzählige Emotionen und andere mentale und physische Zustände aufkommen, viele davon ziemlich unerwartet. Speziell diese Praxis des Den-Geist-in-sei- nem-natürlichen-Zustand-zur-Ruhe-Bringens ist bekannt dafür, dass sie unterdrückte und verdrängte Geistesinhalte aufdeckt; und diese Inhalte sind von Individuum zu Individuum äußerst verschieden. Es lässt sich überhaupt nicht vorhersagen, welche Erfahrungen Sie möglicherweise haben werden.
    Eine der sich bei dieser Praxis häufiger ergebenden Herausforderungen ist das Aufkommen von Angst. Wenn Sie den Griff lockern, mit dem Sie die Geistesinhalte umklammert halten, unterminiert das Ihr übliches Gefühl von persönlicher Identität, das ständig durch Gedanken, die Besinnung auf und die Identifikation mit der eigenen Biographie und durch Hoffnungen und Plä
    ne genährt und bestärkt wird. Sie lösen sich von diesen vertrauten Stützen, die Ihr Ego bestätigen und untermauern. Wenn sich nun zwischen den Gedanken immer häufiger und länger Zwischenräume aufitun, schwebt Ihr Gewahrsein in einer Art leerem Raum, in einem von Persönlichkeit entleertem Vakuumzustand. Und wenn Ihr übliches Gefühl von »Wer Sie sind« damit seine Verankerung verliert, können Sie von Angst ergriffen werden. Der Lehrer Gen Lamrimpa warnte seine Schüler, dass im Verlauf ihres Trainings solche Angst- und Schreckenszustände auftreten könnten. Ganz wichtig ist, so sein Rat, dass Sie sich nicht damit identifizieren oder ihnen irgendwie Glauben schenken. In manchen Fällen oder Situationen ist die Angst in der Realität begründet. Dann bewahrt sie uns vor Gefahren, erfüllt den Körper mit Energie, sodass wir fliehen oder uns in der nötigen Weise vorsehen und schützen können. Aber diese Art von Furcht ohne klaren Gegenstand entbehrt der Realitätsgrundlage. Im leeren, lichtvollen und klaren Raum des Gewahrseins gibt es keine Gefahr. Sie haben nichts zu verlieren außer Ihr irriges Gefühl von einem unabhängigen Ego, das die Kontrolle innehat. Hier wird einzig eine Illusion bedroht. Wenn Sie sich nicht mit ihr identifizieren, gibt es nichts zu fürchten. Wenn Sie sich mit dieser Angst identifizieren, könnte Ihre ganze Praxis quietschend zum Stehen kommen und Sie in tiefe emotionale Unausgewogenheiten und Störungen stürzen. Es ist also überaus wichtig, dass Sie solche Ängste beobachten, ohne sich von ihnen ablenken zu lassen und ohne nach ihnen zu greifen. Halten Sie sich an die essenziellen Grundlagen der Praxis.
    Depression ist eine weitere emotionale Störung, die im Verlauf des Trainings jederzeit auftreten kann; sie kann mit tiefsitzenden Schuldgefühlen und geringem Selbstwertgefühl in Zusammenhang stehen. Sollten diese Emotionen oder Einstellungen während der Meditationssitzungen aufkommen, behandeln Sie sie wie jedes andere mentale Ereignis: Beobachten Sie ihr Aufkom-
     

    men, schauen Sie zu, wie sie verweilen und dann wieder im Raum des Geistes verschwinden. Untersuchen Sie sie mit intelligentem Erkenntnis- und Unterscheidungsvermögen, aber ohne emotionale Ladung. Identifizieren Sie sich nicht mit ihnen, machen Sie sie sich nicht zu eigen. Lassen Sie sie, ohne irgendwie einzugreifen, im Raum des Gewahrseins auftauchen und sich dann darin wieder auflösen - ohne dass es Ihnen auch nur lieber wäre, wenn sie verschwänden. Lassen Sie den Raum Ihres Geistes emotional neutral sein, so wie den Himmelsraum, dem es völlig egal ist, ob Gewehrkugeln oder Kolibris in ihm herumflitzen.
    DIE PRAXIS:
    DEN GEIST IN SEINEM NATÜRLICHEN ZUSTAND ZUR RUHE BRINGEN - DIE TIEFEN AUSLOTEN
    Vielleicht werden

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