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Die Achtsamkeits-Revolution

Die Achtsamkeits-Revolution

Titel: Die Achtsamkeits-Revolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Wallace
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Padma- sambhava diese subtilste Methode zur Erlangung von Shamatha beschreibt.
    Halte den steten Blick in den Raum vor dir gerichtet, ohne über etwas zu meditieren; konzentriere unverwandt, ohne Schwanken, dein Bewusstsein im Raum vor dir. Erhöhe die Stabilität
     der Achtsamkeit und entspanne dann wieder. Suche gelegent-
    lich herauszufinden: »Wer oder was ist dieses Bewusstsein, das
sich konzentriert?« Konzentriere dich nun wieder unverwandt
und untersuche dies dann wieder. Wechsle in dieser Weise
immer ab. Selbst wenn Probleme der Laschheit und Lethargie
auftreten sollten, sie werden dadurch beseitigt...
    Richte den Blick nach unten, entspanne sacht den Geist; ent-
spanne dann sanft, ohne irgendeinen Meditationsgegenstand zu
haben, Körper und Geist in ihren natürlichen Zustand hinein.
Lass deine Achtsamkeit, ohne Schwanken, ohne über etwas zu
meditieren und ohne irgendetwas zu verändern oder zu verfäl-
schen einfach in ihrem natürlichen Zustand, in ihrer natürli-
chen transparenten Klarheit, in ihrer eigenen Natur ruhen, so
wie sie ist. Verweile in diesem Zustand lichtvoller Klarheit und
lasse den Geist entspannt, sodass er locker, frei und unbehindert
ist. Wechsle ab zwischen dem Beobachten dessen, was sich im
Innern konzentriert, und dessen, was entspannt. Wenn du
denkst, es ist der Geist, dann frage: »Wer ist es, der den Geist
entspannt und den Geist konzentriert?« Beobachte dich stetig
selbst, dann entspanne wieder. Dadurch wird schließlich eine
feine Stabilität entstehen und du kannst vielleicht sogar das
reine ursprüngliche Gewahrsein ausmachen...
    Wenn du konfus und unachtsam wirst, bist du in Laschheit oder
Mattheit abgeglitten. Bereinige dieses Problem, erwecke dein
Gewahrsein und verlagere den Blick. Wirst du zerstreut und er-
regt, dann ist es wichtig, dass du den Blick absenkst und dein
Gewahrsein entspannst. Kommt ein Samadhizustand auf, in
dem es nichts gibt, von dem du sagen kannst: »Dies ist Medita-
tion« und »Dies ist begriffliches Erfassen«, gleitest du in einen
Zustand der Benommenheit; dann meditiere im Wechsel zwi-
     

    sehen Konzentration und Entspannung und erkenne, wer medi-
tiert. Erkenne dadurch die Mängel im Shamatha und beseitige
sie sogleich. 75
    BETRACHTUNGEN ZUR PRAXIS
    Padmasambhava fordert uns in den obigen Anweisungen auf, sowohl als Beobachter wie auch als Handelnder, der Entscheidungen trifft und entsprechend agiert, die Natur unserer Identität zu untersuchen. Er präsentiert dies als Methode zum Erlangen von Shamatha, doch die Tatsache, dass wir Fragen stellen und die Natur unserer Erfahrung erforschen, verweist darauf, dass man es auch als eine Vipashyana- oder Einsichts-Praxis betrachten kann.
    Heutzutage stellen Kognitionswissenschaftler auch unsere alltäglichen Grundannahmen über die Natur des Ich und des Willens in Frage, und die meisten von ihnen gelangen zur Schlussfolgerung, dass die Ausgangsquelle des Willens im Gehirn zu finden ist. Buddhisten stimmen insoweit zu, als sie sagen, dass das Gehirn den Willen beeinflusst. Die Neurobiologie muss jedoch erst noch einen zwingenden Beweis dafür erbringen, dass das Gehirn die Ursprungsquelle des Willens ist, vor allem wenn dies beinhaltet, dass einzig und allein das Gehirn für die Erzeugung von Willenskraft, Willensbildung und Willensäußerung verantwortlich ist. Neurowissenschaftler erforschen nur die physischen Ursachen der mentalen Prozesse und sind von daher natürlich nicht in der Lage, irgendwelche anders gearteten Ursachen ausfindig zu machen. Das heißt nicht, dass es keine nichtphysischen Ursachen gibt oder geben kann. Buddhisten untersuchen und studieren den Geist vor allem aus dem Blickwinkel der Selbstbeobachtung und Innenschau und machen viele Ursachen des Willens aus, wobei es keineswegs klar und offensichtlich ist, dass sie alle physischer Natur sind.
      Die Hypothese, dass sämtliche mit dem Willen verbundenen Prozesse über das Gehirn laufen, ohne dass dabei gegen irgendwelche Gesetze der Materie verstoßen wird, ist mit den Auffassungen des Buddhismus durchaus vereinbar. Das bedeutet aber nicht, dass man das so genannte Abschlussprinzip (closureprinciple) akzeptieren muss, welches besagt, dass es in der Welt der Materie keine kausalen Einflüsse geben kann, die nicht selbst materieller Natur sind. Der plausibelste Knackpunkt hinsichtlich dieses Prinzips hat mit der Heisenberg'schen Energie-Zeit-Unschärferelation zu tun. Ihr zufolge können sich für sehr kurze Momente Einflüsse

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