Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Titel: Die Adler von Lübeck: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
Vom Netzwerk:
rosten.«

19
    »Meine Liebe«, rief Hedwig Wittmer mit strahlendem Gesicht. Seit Neuestem umarmte sie Trine Deichmann bei der Begrüßung. Das war der nicht unangenehm, aber sie gewöhnte sich nicht so schnell daran. Die Frau des Brauers zog sie in die Küche, wo die Reste eines Essens standen, das ihr Mann für Besucher aus dem Binnenland ausgerichtet hatte, die er als Kunden gewinnen wollte.
    »Ich hoffe, Ihr betrachtet es nicht als Zumutung«, sagte Hedwig, als sie schon kaute. »Aber ich komme aus einer Familie, in der man es als Sünde betrachtete, solche Schätze wegzuwerfen.«
    »Es gibt arme Menschen, die sich darüber freuen«, sagte Trine, ebenfalls kauend.
    Sie erfuhr, dass die Reste aus der Wittmer-Küche Wege nahmen, die in den Mägen von Bewohnern des Waisenhauses endeten. Trine hatte das nicht gewusst und hörte unwillkürlich auf zu kauen. Aber das war albern, auf den Platten lag einfach zu viel. So nahm sich jede einen Teller, während eine Magd Vorbereitungen traf, die Essensreste in Schüsseln zu packen, und ein Kutscher in der Tür darauf wartete, dass sie damit zurande käme.
    »Merkt Euch die beiden«, murmelte Hedwig, »in spätestens einem Jahr gibt es Arbeit für Euch.«
    Hedwig berichtete, dass das Wittmersche Haus sich unaufhaltsam zu einem Heiratsmarkt entwickeln würde.
    »Das macht das gute Essen«, behauptete Trine.
    »Mein Mann sagt, es liegt am Hopfen. Er sagt, hier wird kein Kind nüchtern gezeugt.«
    »Und? Hat er recht?«
    »Mehr als mir recht ist«, kam es verschämt. »Dabei bin ich gar nicht scharf auf Bier. Aber nach dem zweiten Becher seltsamerweise auf Wittmer .«
    »Vielleicht werden deshalb so viele Männer Brauer«, sagte Trine.
    »Na, die gut Aussehenden wohl nicht.«
    Man betrat sumpfiges Gelände, zum Glück ging es nun in den Salon.
    »Wir müssen reden«, begann Trine unverzüglich und berichtete, was sie von Katharina Tüschen erfahren hatte. Hedwig hörte konzentriert zu und unterbrach nur, um Verständnisfragen zu stellen.
    Danach herrschte einen Moment Ruhe.
    Dann sagte die Frau des Brauers:
    »Ihr wisst, dass ich Euch jederzeit gern sehe. Ich bin auch angenehm berührt, dass Ihr zu mir gekommen seid. Aber eine Frage muss ich trotzdem stellen: Warum geht Ihr damit nicht zu Anna Rosländer?«
    »Weil es mir wichtig ist, dass wir uns verständigen. Ich will sichergehen, dass wir die Sache auf gleiche Weise sehen. Und dass wir uns einig sind, was Anna Rosländer vorhat.«
    »Was meint Ihr damit?«
    »In der Stadt gehen Gerüchte um. Sie werden mit jedem Tag schlimmer.«
    Gemeinsam trugen sie alle Äußerungen zusammen, die sie persönlich gehört hatten oder die ihnen von Ohrenzeugen hinterbracht worden waren.
    Trine sagte: »Es spitzt sich alles auf einen Punkt zu: Baut sie das Schiff zum Gedenken an ihren Mann? Oder will sie es Lübeck zeigen? Im ersten Fall wäre ich an ihrer Seite und würde mich gegen jedermann wenden, der den Bau des Schiffes zu hintertreiben versucht.«
    »Womit wir bei der zweiten Möglichkeit wären«, sagte Hedwig. »Ich gestehe, dass ich darüber auch schon nachgedacht habe. Was wäre, wenn sie es den Lübeckern zeigen will? Ist das überhaupt möglich?«
    »Ist es möglich, dass jemand so viel Geld ausgibt, um sein Mütchen zu kühlen? Denken wir nicht alle zu kompliziert? Wie soll es denn möglich sein, Lübeck zu verhöhnen? Und wie muss man sich das Verhöhnen vorstellen? Wer genau soll sich ärgern? Sollen die Lübecker sich ärgern? Sollen sich die Menschen aus anderen Orten über Lübeck amüsieren? Aber Lübeck könnte doch so ein großes Schiff bauen.«
    »Sie haben es seit der Adler von Lübeck nur nicht mehr gemacht«, stimmte Hedwig zu. »Und nun ist es auf jeden Fall zu spät. Denn jetzt wären sie nur die Zweiten. Alles, was sie ab heute tun, wäre eine Reaktion auf Annas Schiff. Zweiter sein – das wäre allerdings für einen echten Lübecker eine Kriegserklärung. Ich kenne viele Kaufleute und Ratsherren, die immer noch den goldenen Zeiten der Hanse nachtrauern.«
    »Die nie mehr wiederkommen werden.«
    »Was die Trauer erhöht. Und die Empfindlichkeit.«
    Für Trine Deichmann war es keine Frage, wie sie sich in dem Fall verhalten würde, dass jemand versuchen sollte, die Stadt zu provozieren. Als Frau in städtischen Diensten hätte Lübeck ein Anrecht auf ihre Loyalität.
    »Ich habe keine Probleme mit der Stadt«, sagte Trine. »Ich habe Probleme mit einigen Männern. Na gut, mit vielen Männern.«
    »Wo genau zieht

Weitere Kostenlose Bücher