gefällt mir.»
«Gut. Vielleicht finden Sie ja einen Ersatz. Schließlich waren Sie schon sehr hilfreich bei Fräulein Bauer, der Stenotypistin. Sie erledigt eine Menge Arbeiten für Herrn Reles in Zimmer 114. Er scheint sehr zufrieden mit ihr zu sein.»
«Gut.»
«Vielleicht kennen Sie ja jemanden. Einen ehemaligen Polizisten. Jemanden wie Sie selbst. Jemanden, der zuverlässig ist und diskret. Und aufgeweckt.»
Ich nickte, während ich den Klaren langsam durch meine Kehle rinnen ließ.
Georg Behlert schien zu denken, dass er mich kannte, doch ich war nicht sicher, ob ich mich selbst kannte. Nicht mehr. Ganz gewiss nicht mehr seit meinem Besuch bei Otto Schuchardt im Judenreferat der Gestapo.
Es war vielleicht an der Zeit, dass ich etwas dagegen unternahm.
Ich stieg in die Linie 10 nach Westen über die Invalidenstraße und nach Alt-Moabit, vorbei an den Gerichtsgebäuden und dem Gefängnis. In unmittelbarer Nachbarschaft der Meierei C. Bolle - von wo ein starker Gestank nach Pferdemist die Straße hinunter in Richtung Lessingbrücke wehte - stand eine heruntergekommene Mietskaserne. Es war eine asoziale Gegend - selbst der Dreck auf den Straßen sah aus wie etwas, das jemand weggeworfen hatte.
Emil Linthe wohnte im obersten Stockwerk. Durch das offene Fenster auf dem Treppenabsatz vor seiner Tür drang der Lärm der aeg-Turbinenfabrik in der Huttenstraße. Die Maschinen im Werk hatten während der mageren Jahre stillgestanden, doch seit die Nazis an die Macht gekommen waren, herrschte unablässiger Betrieb. Es waren drei eiserne Hammerschläge, die sich immer und immer wieder wiederholten - wie ein Walzer, aufgeführt von Thor, dem Gott des Donners.
Ich klopfte an der Tür, und nach einer Weile wurde mir geöffnet. Ein kleiner, schmaler Mann Mitte dreißig mit einem dichten Haarschopf und hoch ausrasiertem Nacken sah mich fragend an.
«Gewöhnt man sich irgendwann an diesen Krach?», fragte ich.
«Welchen Krach?»
«Sind Sie Emil Linthe?»
«Er ist weggefahren. In Urlaub. Nach Rügen.»
Er hatte Tinte an den Fingern - genug Tinte, um mich vermuten zu lassen, dass ich den richtigen Mann vor mir hatte.
«Mein Fehler», sagte ich. «Vielleicht haben Sie inzwischen einen anderen Namen. Otto Trettin meinte, Sie hießen vielleicht Mayer oder Schmidt. Walter Schmidt.»
Linthes Maske fiel herunter, als wäre der Gummi gerissen. «Ein Bohler.»
«Entspannen Sie sich. Ich bin nicht hier, um Sie in Handschellen zu legen. Ich bin geschäftlich hier. Wegen eines Geschäfts mit Ihnen, um genau zu sein.»
«Und warum sollte ich mit der Berliner Polente Geschäfte machen?»
«Weil Otto Ihre Akte immer noch nicht gefunden hat, Emil. Und weil Sie ihm keinen Grund liefern wollen, wieder mit dem Suchen anzufangen. Sonst könnten Sie sich im Schlag wiederfinden - Ottos Worte, nicht meine. Aber ich bin wie ein Bruder für Otto.»
«Ich dachte immer, Schmiermichel würden ihre Geschwister töten, solange sie noch in der Wiege sind.»
«Seien Sie ein lieber Junge und bitten Sie mich rein, ja? Es ist ein wenig laut hier draußen, und Sie wollen sicher nicht, dass ich die Stimme erhebe, oder?»
Emil Linthe trat beiseite. Zur gleichen Zeit zog er seine Hose hoch und nahm eine Zigarette auf, die er in einem Aschenbecher auf einem Sims hinter der Tür brennend hatte liegen lassen.
Als ich in der Wohnung war, schloss er hinter uns die Tür und huschte dann hastig vor mir her, um die Tür zum Wohnzimmer zuzuziehen. Nicht schnell genug, um zu verhindern, dass ich die Maschine sah, die verdächtig einer Druckerpresse ähnelte. Wir gingen in die Küche.
«Wie ich bereits sagte, Emil, ich bin nicht hergekommen, um Ihnen Ärger zu machen.»
«Der Leopard kann seine Flecken nicht ändern.»
«Rein zufällig wollte ich genau darüber mit Ihnen reden. Sie scheinen das fertigzubringen, wie ich höre. Gegen entsprechende finanzielle Kompensation. Ich möchte von Ihnen, was Otto Trettin als
bezeichnet.»
Ich erzählte ihm von dem Problem meiner jüdischen Großmutter.
Er grinste und schüttelte den Kopf. «Ich muss wirklich lachen», sagte er. «All die Typen, die voreilig auf den Nazizug aufgesprungen sind und jetzt durch die Abteile nach hinten hechten, um nach dem Namen des Bahnhofs zu sehen, von dem aus sie losgefahren sind.»
Ich hätte ihm sagen können, dass ich nicht zu diesen Leuten gehörte. Ich hätte einräumen können, dass ich nicht mal mehr bei der Polizei war, doch ich wollte ihm