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Die Ängstlichen - Roman

Die Ängstlichen - Roman

Titel: Die Ängstlichen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Brüste umschloss und darin als fernes, leicht verzögertes Echo ihren ruhigen Pulsschlag spüren konnte, war ihm, als sei Iris, engelhaft, wie sie war, in sein Leben getreten, um ihn zu retten: vor den Unbilden des hinter den kirschroten Vorhängen ihres Schlafzimmerslauernden Alltags und seinen Monstern, die gefräßig ihre Krallen nach ihm ausstreckten, um ihn zu packen. Vor allem aber vor sich selbst. Denn seit geraumer Zeit hatte Ben das Gefühl, in seinem Leben herumzuirren wie ein zufällig in eine expressionistische Gemäldeausstellung geratener Besucher, der verstörende, von glotzenden Fratzen dominierte Bilder anstarrte und Angst bekam, weil er darauf etwas sah, was ihn schaudern ließ: sich selbst, entstellt und von der Last des Lebens zu Boden gedrückt.
    Ben klappte den Deckel seines Laptops herunter, lief ins Schlafzimmer und nahm frische Kleidung aus dem Schrank. Und nachdem er eilig geduscht, sich rasiert und angezogen hatte, zeigte ihm ein Blick auf seine Uhr, dass Iris jeden Moment vor der Tür stehen musste.
    Eine Viertelstunde später steuerte er seinen Wagen Richtung Dörnigheim über die breite, auf beiden Seiten von Kastanien gesäumte Philippsruher Allee, in deren Kronen Blitzeinschläge während des Unwetters heftige Schäden verursacht hatten. Auf den mit einem matschigen gelbgrünen Laubteppich bedeckten Bordsteinen lagen zahllose herabgefallene Äste, ein Baum war bis auf den Stumpf abgebrannt und verkohlt.
    Ben spürte, dass Iris ihn bereits eine ganze Weile von der Seite ansah. Irgendwann legte sie ihre Hand auf seine Schulter, strich zärtlich darüber und sagte: »Woran denkst du?«
    »An nichts Bestimmtes«, wich er ihr aus, ohne seinen Blick von der Fahrbahn zu lösen. Doch Iris ließ nicht locker.
    »Komm, sag es mir, Ben! Ist etwas mit uns?«
    »Unsinn«, sagte er. Und dann erzählte er ihr von Janeks nächtlichem Anruf, der ihn seither nicht losließ.
    »Und was willst du …?«, begann sie, korrigierte sich aber sofort, »ich meine, was kannst du tun?«
    »Keine Ahnung, nichts vermutlich«, sagte Ben achselzuckendund beschleunigte den Wagen, nachdem sie an einer roten Ampel gehalten und zugesehen hatten, wie ein kleines Mädchen zögerlich sein Fahrrad über den Zebrastreifen schob.
    »Neunzigtausend Euro sind verdammt viel Geld. Wie soll einer wie ich auf die Schnelle an so viel Geld kommen? Höchstens, indem er eine Bank ausraubt!«
    »Vermutlich keine so tolle Idee«, erwiderte Iris und schmunzelte. »Aber was geschieht, wenn er nicht zahlt?«
    »Sicher nichts Gutes«, sagte Ben und blickte sie intensiv an. »Diese Typen werden nicht eher Ruhe geben, bis sie ihr Geld haben.«
    »Du hängst an ihm, stimmt’s?«, sagte Iris.
    »Ja«, sagte Ben und achtete darauf, nicht sentimental zu werden. »Der Kerl hat mich erzogen, seit ich fünf war, hat mir das Rauchen, das Schweißen und Autofahren beigebracht. Und noch vieles andere. Klar war es nicht immer einfach zwischen uns. Doch Janek ist so etwas wie ein Vater für mich. Ich habe gedacht, wir hätten uns auseinandergelebt in der letzten Zeit. Doch jetzt spüre ich, wie nah er mir immer noch ist.«
    »Verstehe«, sagte Iris und strich wieder mit der Hand über Bens Schulter. »Aber es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, ihm zu helfen.«
    »Ich weiß jedenfalls keine«, sagte Ben betrübt. »Aber er hat sich seitdem nicht mehr gemeldet. Ich weiß ja nicht mal, wo er überhaupt steckt.«
    »Und wenn du zur Polizei gehst?«, sagte Iris und blickte ihn fragend an.
    »Polizei?«, sagte Ben überrascht. »Was soll ich denen denn erzählen? Dass mein Ziehvater Spielschulden hat und vor Typen auf der Flucht ist, die ihm den Hals umdrehen wollen, weil er sich weigert, ihnen ihr Geld zu geben? So etwas vielleicht?«
    »Nein, du hast recht«, sagte Iris kleinlaut. »Aber woher weißt du überhaupt, dass es Spielschulden sind?«
    »Janek ist ein Spieler. Und was für einer!«, sagte Ben und lachte bitter. »Roulette, Black Jack, Baccara, Poker, Sic Bo, Seven Eleven, das ganze Programm. Vor allem Pferdewetten haben es ihm angetan. Schon als Junge hat er mich mit auf die Rennbahn nach Frankfurt genommen und gewettet. Immer wieder mussten wir nach Hause trampen, weil er das Geld für den Zug verspielt hatte. Und einmal kam er eines Nachts in mein Zimmer, weckte mich und sagte: ›Gib mir dein Sparschwein!‹«
    »Und du hast es ihm gegeben?«, sagte Iris.
    »Klar. Ich war damals ein Kind, vielleicht acht oder neun. Was hätte ich denn tun

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