Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)
sie ihn aus ihren vollendeten Eisaugen anblickte, verschlug es ihm die Sprache. Was sie auch zu ihm sagte, er nickte nur.
›Ist dir kalt?‹, fragte ihn die Schneekönigin. ›Du musst doch ganz durchgefroren sein. Komm unter meinen Fuchsmantel!‹
Als sie das sagte, merkte er, wie sehr er fror, und nahm ihre Einladung an.
Sie fuhren jetzt so schnell, dass sie, ehe sie sichs versahen, aus der Stadt heraus und auf dem Land waren. Die Jungen bekamen es mit der Angst, als sie merkten, wie schnell sie an den Hecken und Bächen vorbeirauschten. Sie kuschelten sich an den warmen Pelz der Schneekönigin. Plötzlich verwandelten sich die riesigen Schneeflocken in große, schöne Vögel, die den Schlitten über den Himmel zogen.
›Du frierst ja noch immer‹, sagte die Schneekönigin, und dann küsste sie Cecil. Ihr Kuss war kälter als Eis, aber Cecil konnte sich nicht losreißen. Für einen Moment war ihm, als müsste er sterben. Dann war er selbst kälter als die Luft und der Schnee, und er fühlte sich so wohl wie zu Hause bei seiner Mutter.
›Ich werde dich eine Weile nicht mehr küssen‹, sagte die Schneekönigin, ›denn ich könnte dich zu Tode küssen.‹
Nach diesem Kuss erschien die weiße Frau Cecil noch schöner als zuvor. Eng an sie geschmiegt, umschlang er sie mit seinen Armen.
Sie flogen die ganze Nacht, über Seen und Wälder und zugefrorene Meere. Um sie herum heulte der Wind. Aber immer wenn die Jungs es mit der Angst bekamen, war der Mond da, groß und silbern, und leuchtete für sie. Als schließlich die Sonne aufging, lagen sie schlafend zu Füßen der Schneekönigin.
Und irgendwo, in weiter Ferne, war das kleine Mädchen, das sie zurückgelassen hatten.
Danke, Mr Einepersson, das dürfte jetzt reichen!
33. Kapitel
Zu Beginn der Erzählstunde hatte Ralph das Gefühl, Maarten Einepersson stundenlang zuhören zu können. Als aber sein anderes Ich im Schlitten der Schneekönigin eingeschlummert war, konnte auch Ralph kaum noch die Augen aufhalten.
Sehr viel später kam Regina zur Tür herein. Sie trug eine Art Nonnengewand aus aneinandergenähten Stoffen mit Streublümchen-Mustern. Während Ralph immer noch schlief, zog sie die hauchdünnen Vorhänge auf, und ein helles, kühles Licht fiel in den Raum. Ralph schlug die Augen auf und sah eine glatte, blaue Außenwand, die an einen üppigen Blumengarten zu grenzen schien. Der Himmel dahinter war strahlend weiß.
»Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte Ralph.
Die sonst so sanftmütige Regina warf ihm einen beunruhigend durchdringenden Blick zu. »Achte nicht darauf, wie lange! Achte nur darauf, so viel zu schlafen, dass es dir wieder besser geht!«
»Ich fühle mich überhaupt nicht besser«, entgegnete Ralph. Während Maarten Eineperssons Erzählstunde hatte er seine Beine abgetastet. Er war zu dem Schluss gekommen, dass sie weder gebrochen noch geprellt waren, sondern einfach nur schwach. Sie zu bewegen, war genauso unmöglich, wie nach dem Aufwachen die Hand zur Faust zu ballen.
»Oh, du wirst dich besser fühlen, ganz bestimmt!« Es hätte nicht weniger überzeugend klingen können.
Regina ließ Ralph mit einem Tablett Scones allein. Die Briten lieben Scones, weiche, kleine runde Kuchen, die sie dick mit Sahne bestreichen und mit Marmelade. Die ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen der Ralph servierten Marmeladen waren auf Kärtchen vermerkt: Statt Lemoncurd, also Zitronen-Eier-Creme mit viel Zucker und Butter, gab es eine aus Kürbissen. Dann verhieß ein Schild süße Rapunzeln und ein weiteres statt Erdbeer-Rhabarber-Marmelade Walhalla-Rhabarber. Alle Marmeladen dufteten köstlich. Aber trotz knurrenden Magens und trotz der verführerischen Düfte ließ Ralph sie stehen. Stattdessen legte er sich hin und dachte nach.
War Regina dabei, ihn zu vergiften? Er konnte sich keinen Grund dafür vorstellen. Aber alte Frauen in abgelegenen Landhäuschen waren berüchtigt für solche Dinge. Allerdings hätte Regina ihn, wenn sie seinen Tod wollte, schon längst um die Ecke bringen können. Es schien Ralph zumindest nicht schlechter zu gehen. Denn während seine Beine ihn nicht tragen wollten und er schnell ermüdete, funktionierte sein Verstand offenbar gut.
Welches Interesse könnte Regina daran haben, aus Ralph einen Pflegefall zu machen? Wenn sie ihn für einen Zauberer hielt, hatte sie vielleicht Böses mit seiner Zauberkunst vor. Aber dafür hätte er eigentlich gesund sein müssen. Was nutzte einem ein bettlägeriger
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