Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)
Ihren Einsatz zu schätzen. Aber es gibt da noch ein paar Dinge, die ich nicht so recht verstehe …«
»Sie meinen, wie wir hierhergekommen sind?«
Greg nickte. »War das eine Folge politischer Auseinandersetzungen?«
Ash runzelte die Stirn. »Auf Tygra gibt es keine politischen Debatten. Wir sind schon so lange eine reine Militärgesellschaft, dass viele öffentliche Belange – wie Gesundheit, Erziehung oder Energieversorgung – allein von den Erfordernissen bestimmt werden. Wir haben nicht viele Ressourcen, was zu einer Beschneidung der Marktmechanismen geführt hat. Stattdessen konzentrieren wir uns auf die Verbesserung unserer Kampfstärke und Einsatzbereitschaft. Auf dem Schlachtfeld lässt sich große Ehre erwerben, und die Liebe zum Kampf erlegt jedem tygranischen Soldaten eine gewisse Verantwortung auf.
Unsere Prinzipien aber sind nur so stark wie die Männer und Frauen, die nach ihnen leben. Marshal Becker war von der Hegemonie korrumpiert und hat infolgedessen auch die Kommandanturen korrumpiert, den Bund und die tygranische Gesellschaft …«
Der Bund war der halbdemokratische Rat, der die tygranische Gesellschaft regierte, und die Kommandanturen waren die Regimenter, ein jedes mit seiner eigenen Geschichte und eigenen Geschichten, Grundsätzen und Helden.
»Becker hat sich den Zielen der Hegemonie bedingungslos unterworfen«, fuhr Ash fort, »ganz gleich, wie grausam und unehrenhaft diese auch sein mögen, auch wenn das bedeutet, dass tygranische Soldaten die Ezgara-Vollrüstung benutzen, wenn sie in einem von Menschen bewohnten Umfeld eingesetzt werden. Captain Gideon und die Sturmlöwen sind unversöhnliche Gegner Beckers, und so sind wir Gesetzlose geworden, gejagte Verbrecher. Der Captain hatte vor, sich in der Erdsphäre in der privaten Sicherheitsbranche einen Job zu suchen, aber dann sind wir Ihrem Onkel begegnet. Er hat Captain Gideon und uns davon überzeugt, dass Darien den Einsatz wert ist, zumal …«
Ash brach unvermittelt ab, und seine Miene umwölkte sich vor unterdrücktem Zorn. Greg hielt es für besser, das Thema nicht weiterzuverfolgen.
»Darien ist den Einsatz auf jeden Fall wert«, sagte er. »Aber es ist Sache meines Volkes, dafür zu sterben.«
Ash musterte ihn mit erstaunter Zustimmung, dann zeigte er auf eine Hilfskonsole zu seiner Rechten. »Mr. Cameron, da ist ein Sitz, der sich tiefer stellen lässt … ja, genau. Möchten Sie etwas essen? Ich kann Ihnen etwas bringen lassen. Allerdings gibt es hier an Bord nur die üblichen Rationen und das Recyclingzeug.«
»Sehr gern«, sagte Greg. »Seit vier Tagen lebe ich von Beeren und Nüssen …«
»Kontakt! – Ein Raumschiff ist 1850 Kilometer hinter uns aus dem Hyperraum ausgetreten«, meldete ein Brückenoffizier. »Es kam auf einem spitzwinkligen Kurs heraus und hat uns augenblicklich geortet. Im Moment beschleunigt es.«
»Gefechtsbereitschaft herstellen!«, befahl Ash. »Und ID anfordern! Ich brauche eine Konfiguration, irgendwas.«
»Kein Identifizierungssignal«, meldete der andere Brückenoffizier. »Es handelt sich um einen Schwerlastfrachter der Imisil.«
Ash schnaubte verächtlich, den Blick auf sein Holodisplay gerichtet.
»Bei der Emissionskurve ist das ausgeschlossen. Waffensysteme scharf machen, Zielpunkte ermitteln, alle Besatzungsmitglieder in Bereitschaft …«
»Moment, es ist verschwunden«, schaltete der erste Offizier sich ein. »Einfach aus der Erfassung verschwunden …« Plötzlich ertönte ein lautes Piepen, und die Anzeigen am Rand des großen Sichtfensters flackerten. Der Offizier lehnte sich verblüfft zurück. »Jetzt ist es wieder da …«
Einen knappen Kilometer vor ihnen gelangte ein Raumschiff auf Kollisionskurs in Sicht. Ausschnittvergrößerungen eines Raumers mit stumpfem Bug ohne besondere Merkmale wurden angezeigt.
»Schutzschirme hochfahren!«, befahl Ash. »Wie sieht der Waffenstatus aus?«
»Zwei schwere Strahlenkanonen, drei Pulskanonen, ein Multiraketenwerfer und ein gut abgeschirmter Werfer für irgendwas«, antwortete der Waffenoffizier.
»Das muss ein Erkundungsschiff der Imisil sein«, murmelte Ash. »Aber bei der Bewaffnung haben sie offenbar mit einem unfreundlichen Empfang gerechnet …«
Greg hatte mit seltsamer Gelassenheit zugeschaut, wie die Krise sich entfaltete. Einerseits wünschte er sich nach Niwjesta und in das Zwielicht Segranas zurück, andererseits genoss er paradoxerweise den prickelnden Adrenalinkick. Und ein anderer Teil von ihm war froh, dass
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