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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Göttin heißt es, das Zeitalter der Göttin breche nun an, aber mit Außenstehenden sprechen wir nicht darüber, denn zu viele würden dies als Angriff auf die Vorherrschaft Manoahs und als Auflehnung gegen das Licht an sich betrachten.«
    »Was hat das mit dem Tempel zu tun, den die Priester bauen wollen?«, fragte Cleta und stellte ihre Teeschale ab.
    Timuls Züge verdüsterten sich. »Hoffentlich nur sehr wenig. Die Göttin braucht keinen Tempel aus Stein, nein, es wäre sogar angemessener, sie in einem Garten oder einem heiligen Hain zu verehren. Der Kult der Großen Mutter gelangte in diesem Land schon vor langer Zeit zur Blüte, und unter den Eingeborenen gibt es immer noch einige Frauen, die man mit Fug und Recht als Priesterinnen bezeichnen darf. Ich hoffe, es gelingt mir, sie aufzuspüren und die alte Verbindung weiter auszubauen. Dann spielt es keine Rolle mehr, was die Priesterschaft tut.«
    Elara senkte den Blick und nahm einen Schluck Tee aus ihrer Schale. Und wenn es zu einem schweren Interessenkonflikt kommt, fragte sie sich, auf welche Seite werde ich mich dann stellen?
    Tief in Gedanken folgte sie der Erzpriesterin durch die Tür ins Allerheiligste. Hier war alles dunkel, am Altar brannte nur eine einzige Lampe. Als Elaras Augen sich an die Schatten gewöhnt hatten, sah sie, dass die Wände bemalt waren. Im Schein der flackernden Flamme schienen sich die Bilder zu bewegen.
    »Die Vier Mächte, die wir verehren, sind hier ein wenig anders dargestellt, als ihr es gewohnt seid«, flüsterte Timul. »Seht nur…«
    An der Ostwand tanzte die Göttin als Jungfrau auf einer blühenden Wiese. An der Südwand saß Caratra als Mutter auf einem Thron, ein lachendes Kind auf den Knien, umgeben von allen Früchten der Erde. Im Westen stand Ni-Terat in ihrer vertrauten Gestalt, geheimnisvoll mit grauen Schleiern verhüllt und mit Sternen gekrönt.
    Doch als Elara zur Nordwand blickte, begann ihr Herz wild zu pochen. Hier hatte die Göttin ein Schwert in der Hand, und ihr Gesicht war ein Totenschädel. Ihr Blick war so unerbittlich, dass das Mädchen die Augen schloss, um ihn nicht länger ertragen zu müssen.
    »Die Jungfrau, die Mutter und die weise Frau sind Verkörperungen der Göttin, die alle Frauen kennen«, sagte Timul leise. »Wir ehren Caratra als die Quelle des Lebens, aber als Priesterinnen müssen wir auch die beiden Gesichter Ni-Terats anerkennen und preisen, denn erst, wenn sie ihren Spruch gefällt hat, können wir wiedergeboren werden.«
    So ist es, dachte Elara, ohne die Augen zu öffnen. Ich spüre immer noch, wie die Göttin mich ansieht… Doch bevor sie den Gedanken zu Ende geführt hatte, veränderte sich die Macht, die sie umgab, und Elara fühlte sich so warm und geborgen wie in den Armen ihrer leiblichen Mutter.
    »Jetzt hast du verstanden«, sagte eine Stimme, die nicht aus ihrem Bewusstsein kam. »Aber fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir in der Finsternis wie im Licht, und nichts kann dich trennen von meiner Liebe.«

9. Kapitel
    Obwohl es sich in der schwülen Mittagshitze des Sommers wohl gefühlt hatte, fand das Licht des neuen Landes eher silbern als golden. Desgleichen wurden die nördlichen Gewässer für einen wahren Atlantiden nie so warm, dass er nicht eine Gänsehaut bekommen hätte. Dennoch konnte niemand bestreiten, dass eine Veränderung eingetreten war. Das Sumpfland war zu neuem Leben erwacht. Die Flüchtlinge freuten sich über jede Minute, um die sich der Tag verlängerte. Der Himmel mochte niemals das tiefe Türkisblau annehmen, das Atlantis überspannt hatte, doch dafür konnte sich keine Wiese der Alten Welt mit dem satten Grün dieser Hügel messen.
    Für Tiriki wuchs und gedieh das üppige Grün im Gleichklang mit ihrer eigenen Leibesfrucht. Als in den Wäldern der Hagedorn erblühte und unter den Bäumen die Himmelsschlüssel ihre leuchtenden Kelche öffneten, rundete sich ihr Körper, und die Sonne zauberte einen rosigen Schimmer auf ihre Wangen. Sie reifte mit den Früchten des Waldes, das Kind in ihr bewegte sich mit einer Lebhaftigkeit, die sie aus früheren Schwangerschaften nicht kannte, und sie sagte Caratra der Nährerin ihren Dank.
    Micails Kind in sich zu tragen gab ihr neue Zuversicht und entzündete auch in den Priesterschülern neue Hoffnungen. Tirikis Schwangerschaft wurde zur Brücke in die Zukunft, zum Glücksbringer, an dem sie ihr eigenes Schicksal abzulesen suchten.
    Die jungen Leute fanden unzählige Vorwände, sie aufzusuchen, und jede

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