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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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erstreckte.
    Hier lebten offenbar mehr Menschen als in dem Gebiet, das sie zuvor durchquert hatten, aber die Felder, auf denen dicht und grün der junge Weizen stand, waren auf ähnliche Weise mit Hecken und Gräben unterteilt. Auf den offenen Wiesen dahinter grasten kleine braune Schafe und Rinder mit weit auseinander stehenden Hörnern. Die runden Bauernhäuser waren hier viel größer als in der Nähe der Küste, und sie waren nicht mit Grassoden gedeckt, sondern mit Stroh.
    »Das ist Azan - genannt das Stiergehege, hier herrscht König Khattar!«, verkündete Heshoth mit sichtlichem Stolz. »Wenn wir Mittagsrast halten, könnt Ihr zu seinen Ehren Festkleidung anlegen.«
    Tjalan warf Micail einen belustigten Blick zu, beschloss aber, den Rat zu befolgen. »Zunächst«, murmelte der Prinz, »müssen wir uns bemühen, den Eingeborenenhäuptling zu beeindrucken, aber es wird sicher nicht lange dauern, bis er uns mit Ehren überhäuft.«
    »Was weißt du über diesen König?«, fragte Micail ebenso leise.
    »Nach allem, was Heshoth erzählt, ist Khattar Herr über die vielen Häuptlinge, deren Stammesgebiete rings um diese Ebene liegen. Sie führen Kriege um die Weiderechte, treffen sich aber zu ihren großen Festen - bei denen der König den Vorsitz führt - an einem in der Mitte gelegenen Heiligtum. Von Khattar heißt es, er habe seine Frau, die heute Hohe Priesterin aller Stiervölker ist, einst aus ihrem Stamm geraubt und dann geheiratet. Sein Kriegsruhm war offenbar so groß, dass alle vor einem Rachefeldzug zurückschreckten.« Er zuckte die Achseln. »Doch Heshoth sagt auch, nicht Khattars Gemahlin sei die Königin, sondern seine Schwester. Sie heißt Khayan-e-Durr, und ihr Sohn wird irgendwann Khattars Nachfolger werden. Das ist alles ziemlich verwirrend und primitiv, und ich habe es noch nicht bis ins Letzte verstanden. Aber du kennst ja das Sprichwort: Bist du in Khem, dann gehe seitwärts.«
    »Wie wird er uns wohl empfangen?« Micail sah seinen alten Freund spöttisch an. »Als Verbündete oder als Rivalen, die ihm die Vormachtstellung streitig machen wollen?«
    »Ich denke, das wird ganz von unserem Taktgefühl und unseren diplomatischen Fähigkeiten abhängen«, lachte Tjalan. »Hoffentlich hast du deine kostbarsten Armbänder eingepackt.«

    Als sie Azan-Ylir erreichten, Heimat und Festung des Großkönigs, brannten bereits die Kochfeuer, und die ersten Bratendüfte stiegen auf. Das Dorf lag auf einer Anhöhe über den weidenbestandenen Ufern des Flüsschens Aman, das gemächlich von Norden herunterströmte. Die Nachmittagssonne schien warm auf das junge Grün. Heshoths grimmiger Leibwächter Greha war während der Mittagsrast verschwunden, deshalb war Micail nicht weiter verwundert, als sie bereits erwartet wurden.
    Greha empfing sie mit einer Schar von Kriegern, wie er in Leder und Felle gekleidet und mit Waffen aus Bronze in den Händen. Sie hatten sich zu beiden Seiten eines Tors aus riesigen Baumstämmen postiert, das den Palisadenzaun um zwei Mannshöhen überragte. Als die Atlantiden dieses Tor durchschritten, reihte sich die ganze Truppe hinter ihnen ein.
    Einschüchterung oder Schutz?, fragte sich Micail. Sein Gespräch mit Tjalan fiel ihm wieder ein. Und mit welchen Absichten kommen wir?
    Das Dorf bestand aus vielen Rundhütten mit kegelförmigen Strohdächern. Zwischen den Wohnhäusern standen die Scheunen und die Pferche für das kostbare Vieh. Alles wurde von einem riesigen Rundhaus im Zentrum beherrscht. Es hatte ein zweigeteiltes Dach, bei dem der innere Kegel auf Säulen über dem größeren Außenring ruhte. So konnte nicht nur der Rauch abziehen, sondern es fiel auch Licht von oben ins Innere, das ansonsten nur von einem Feuer in der Mitte erhellt wurde.
    Der große Innenraum war voller Menschen, doch Micail sah zunächst nur den hohen Thron, der zwischen den höchsten Pfosten ganz dicht am Feuer stand. Der Mann, der dort saß, war rund wie ein Fass, aber seine breiten Schultern ließen erahnen, dass diese Leibesfülle zum größten Teil aus Muskeln bestand. Auf jeden Fall brauchte er einen kräftigen Hals, um den schweren Kopfputz zu tragen, der von einem mächtigen Stiergehörn gekrönt wurde. Der Blick seiner grauen Augen war klar und hellwach.
    Die Gäste blieben vor dem Feuer stehen, und der König hob an, in der kehligen Sprache der Stämme zu sprechen.
    »Khattar, Sayets Sohn, der Große Stier von Azan und König der Könige heißt Euch willkommen…«, übersetzte

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