Die Ajima-Verschwörung
Risse. »Sie haben ihn ebenfalls entführt?«
»Ja, Sie wurden zusammen hierhergebracht.«
»Wo ist
hier
?«
»Eine abgelegene Insel vor der Küste Japans.«
»Suma ist verrückt.«
»Kaum«, erwiderte Kamatori geduldig. »Er ist außerordentlich weise, ein vorausschauender Mann. In ein paar Tagen wird er seine Gesetze verkünden, nach denen sich die westlichen Wirtschaftsländer in Zukunft zu richten haben.«
Auf Lorens Gesicht zeigte sich zornige Röte. »Dann ist er noch verrückter, als ich angenommen habe.«
»Ich glaube nicht. Es gibt keinen Menschen in der Geschichte, der je so viel Reichtum zusammengetragen hat. Das ist ihm nicht durch Dummheit gelungen. Bald werden Sie erkennen, daß er auch über Ihre Regierung und die Wirtschaft Ihres Landes die absolute Kontrolle auszuüben vermag.« Kamatori schwieg, senkte die Augen und starrte auf die Rundungen von Lorens Brüsten, die sich unter den Falten des Kimonos abzeichneten.
»Angesichts der bevorstehenden Veränderungen täten Sie sicher gut daran, neu zu überlegen, auf welcher Seite Sie stehen wollen.«
Loren konnte einfach nicht glauben, daß sie sich einen derartigen Schwachsinn anhören mußte. »Wenn Senator Diaz oder mir etwas geschieht, werden Sie und Mr. Suma die Folgen zu tragen haben. Der Präsident und der Kongreß werden nicht tatenlos dabei zusehen, wie wir als Geiseln gehalten werden.«
»Seit Jahren nehmen immer wieder moslemische Terroristen Amerikaner als Geiseln, und es wurde nichts unternommen.« In Kamatoris Augen zeigte sich Belustigung. »Bereits eine Stunde nach Ihrem Verschwinden wurde der Präsident informiert, auch darüber, wer für die Entführung verantwortlich war. Glauben Sie mir, er hat befohlen, keinerlei Rettungsversuche zu unternehmen und nichts an die Medien durchdringen zu lassen.
Weder Ihre Assistenten noch Ihre Verwandten, noch die übrigen Kollegen im Kongreß wissen, daß Sie heimlich nach Japan entführt wurden.«
»Sie lügen. Meine Freunde würden nie im Leben schweigen.«
»Mit Freunden meinen Sie Dirk Pitt und Alfred Giordino?«
Die Gedanken wirbelten nur so in Lorens Kopf herum. Sie fürchtete, das Gleichgewicht zu verlieren. »Sie kennen sie?«
»Ja, sie haben sich in Dinge eingemischt, die sie nichts angingen, und hatten einen Unfall.«
»Wurden Sie verletzt?« fragte sie stockend.
»Ich weiß es nicht, aber man kann sicher davon ausgehen, daß sie nicht ohne Kratzer davongekommen sind.«
Lorens Lippen bebten. Sie suchte nach Worten. »Warum ich? Warum Senator Diaz?«
»Der Senator und Sie sind lediglich die Bauern im Schach um die Wirtschaftsmacht«, fuhr Kamatori fort. »Also erwarten Sie keinerlei Rettung, es sei denn von Mr. Suma. Ein Angriff Ihrer Special Forces wäre nutzlos, weil Ihre Geheimdienste nicht den leisesten Schimmer haben, wo Sie sich aufhalten. Und selbst wenn es so wäre: Es gibt keine Armee, die unsere Verteidigung durchbrechen könnte. Auf jeden Fall jedoch werden Sie und der Senator übermorgen freigelassen und können nach Washington zurückfliegen.«
Kamatori hatte auf die Verwirrung gehofft, die sich in Lorens Augen zeigte. Er zog die Hände aus den weiten Ärmeln seiner
Yukata
, riß Loren plötzlich den Kimono bis zur Hüfte herunter und hielt ihre Arme fest.
Kamatori grinste gemein. »Ich werde alles in meiner Macht Stehende unternehmen, Ihnen Ihren kurzen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Vielleicht erteile ich Ihnen sogar eine Lektion über den Gehorsam, den die Frauen den Männern entgegenzubringen haben.«
Dann drehte er sich um und klopfte zweimal laut an die Tür.
Sie wurde von einem unsichtbaren Wächter, der draußen stand, geöffnet, und schon war Kamatori ve rschwunden. Für Loren bestand kaum ein Zweifel darüber, was sie erwartete, bevor man sie freilassen würde.
42
»Da ist sie«, erklärte Mel Penner, zog mit der geschmeidigen Bewegung eines Zauberkünstlers ein Tuch von einem Tisch und enthüllte das dreidimensionale Modell einer Insel mit winzigen Bäumen und Gebäuden, umgeben von einem blauen, aus Gips geformten Meer. »Die Insel Soseki, früher als Ajima bekannt.«
»Ausgezeichnete Arbeit«, lobte Stacy ihn. »Sie sieht so echt aus.«
»Ich bin ein alter Modelleisenbahner«, erklärte der Leiter der Außeneinsatzes stolz. »Am liebsten bilde ich Landschaften nach.«
Weatherhill beugte sich über den Tisch und musterte die steilen, wirklichkeitsgetreuen Klippen, die aus dem Meer ragten.
»Wie groß ist sie?«
»Vierzehn
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