Die Ajima-Verschwörung
ein Taxi zum zehnstöckigen NUMA-Gebäude und fuhr mit dem Lift ins oberste Stockwerk. Hier war das Gehirn der NUMA untergebracht, waren sämtliche Informationen gelagert, die je über die Ozeane zusammengetragen worden waren. Auf diese weitläufige Abteilung mit ihren Computern und Datenbänken verwendete Sandecker einen beträchtlichen Prozentsatz des Budgets, das der NUMA zur Verfügung stand, und wurde dafür von einigen Leuten im Kongreß immer wieder scharf kritisiert. Dabei hatte diese enorme elektronische Bibliothek dazu beigetragen, riesige Geldsummen bei Hunderten von Projekten einzusparen, hatte den Weg zu zahllosen wichtigen Entdeckungen geebnet und verschiedene nationale Unglücksfälle zu vermeiden geholfen, über die in den Medien gar nicht berichtet wurde.
Der Leiter dieses komplizierten Daten-Supermarktes hieß Hiram Yaeger, ein außerordentlich kompetenter, unkonventioneller Mann, der wie ein Tier arbeiten konnte.
Pitt fand Yaeger an seinem Schreibtisch vor, der auf einer Drehbühne mitten im dem weitläufigen Raum stand. Yaeger hatte sie speziell entwerfen lassen, um dauernd ein Auge auf seine Milliarden Dollar-Domäne haben zu können. Er vertilgte gerade eine Pizza und trank ein alkoholfreies Bier, als er Pitt erblickte und mit breitem Lächeln aufsprang. »Dirk, du bist zurück.«
Pitt stieg die Stufen zu Yaegers Altar, wie sein Stab die Konstruktion hinter seinem Rücken nannte, empor, und die beiden schüttelten sich die Hände. »Hallo, Hiram.«
»Hat mir leid getan, was ich über den Schlamm gehört habe«, erklärte Yaeger ernst, »aber ich bin wirklich froh, dich noch unter den Lebenden zu sehen. Mein Gott, du siehst aus wie ein Einsiedler, der gerade aus der Höhle gekrochen ist. Setz dich und ruh dich aus.«
Pitt nahm Platz und verputzte erst einmal eine große Pizza, die Yaeger ihm anbot, und drei Flaschen alkoholfreies Bier, das von dem Computergenie in einem kleinen Kühlschrank aufbewahrt wurde, der im Schreibtisch eingebaut war. Zwischen den Bissen erzählte Pitt Yaeger von den Ereignissen bis zu seiner Rettung und brach kurz vor seinem Flug nach Hawaii ab.
Yaeger hörte interessiert zu und lächelte dann wie ein skeptischer Richter bei der Scheidungsverhandlung. »Hast eine schnelle Heimreise gehabt, verstehe.«
»Es ist noch was dazwischen gekommen.«
Yaeger lachte. »Jetzt kommt’s. Du bist also gar nicht so schnell nach Hause geflitzt, um mir meine Pizza wegzufressen.
Was für gemeine Gedanken spuken durch dein Hirn?«
»Ich erwarte einen Verwandten, Dr. Percy Nash, der in ein paar Minuten eintreffen müßte. Percy war einer der Wissenschaftler beim Manhattan Projekt, die haben die erste Atombombe gebaut. Er ist ehemaliger Direktor der Atomenergiekommission, inzwischen aber pensioniert. Mit Hilfe der dir zur Verfügung stehenden Supercomputerintelligenz und Percys Wissen über Atomwaffen möchte ich ein Szenario entwerfen.«
»Das was beinhaltet?«
»Eine Schmuggeloperation.«
»Was schmuggeln wir denn?«
»Ich würde lieber alles erklären, wenn Percy kommt.«
»Etwas Materielles, ein massives Objekt, vielleicht so etwas wie einen Atomsprengsatz?« fragte Yaeger leicht überheblich.
Pitt sah ihn an. »Das wäre eine Möglichkeit.«
Yaeger kam lässig auf die Beine und stieg die Stufen hinab.
»Während wir auf deinen Onkel warten, werfe ich schon mal meine CAD/CAM-Maschinen an.«
Er war schon auf und davon und zwischen den Computern verschwunden, bevor Pitt noch fragen konnte, was er damit meinte.
22
Ein großer, weißer Bart hüllte Payload Percys Gesicht ein und verdeckte zur Hälfte seinen Paisley-Schal. Er hatte eine Knollennase und die ausgeprägten Brauen und zusammengekniffenen Augen eines Treckführers, der fest entschlossen war, die ihm anvertrauten Siedler sicher durchs Indianerland zu bringen. Sein strahlendes Gesicht schien für eine Bierreklame im Fernsehen wie geschaffen zu sein, und er wirkte wesentlich jünger als die zweiundachtzig Jahre, die er tatsächlich zählte.
Percy verfügte über ein immenses Wissen, wenn es um die tödliche Kunst der Atomwaffen ging. Er war in Los Alamos von Beginn an beteiligt gewesen, hatte sich dann von der Atomenergiekommission einspannen lassen und ihr bzw. ihrer Nachfolgeinstitution fast fünfzig Jahre lang angehört. Manch einer der Führer der Dritten Welt hätte für Percys Talente liebend gern den gesamten Staatsschatz herausgerückt. Er gehörte zu dem sehr kleinen Kreis von Experten, die in ihren
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