Die Akte Daniel (German Edition)
Als ihm Mrs. Terranto ein Glas Wasser herüberschob, trank er hastig und dankbar.
Nach ein paar Minuten ging es ihm besser. Mrs. Terranto hatte sich ebenfalls Schokolade genommen und saß nun wieder hinter ihrem Schreibtisch, wobei sie Daten in ihren Laptop zu tippen begann. Sie wirkte trotz ihrer eigenen Erschöpfung auf eine seltsame Art und Weise zufrieden. Sie schien etwas bestätigt gefunden zu haben, was sie nur vermutet hatte.
»Mrs. Terranto?«, machte Daniel auf sich aufmerksam. »Was ist jetzt mit mir?«
Sie lächelte. »Ich könnte dich jetzt mit einer Fülle von Fachausdrücken bewerfen, aber vermutlich hilft eher, wenn ich dir sage: Du hast ein ausgesprochen großes Potenzial als Telepath. Durch den jahrelangen Umgang mit Menschen, die sich nicht abschirmen können, hast du einen gewissen Grad an Selbstschutz bereits errichtet, sonst wärst du vermutlich bereits schon vor langer Zeit wahnsinnig geworden. Wir werden dir beibringen, diese Barrieren so undurchdringlich zu machen, dass du keine fremden Einflüsse mehr fürchten musst. Und mehr noch, du wirst lernen können, gezielt die Gedanken anderer zu lesen, vielleicht sogar gegen ihren Willen und möglicherweise, ohne dass sie es bemerken. Ich verstehe zu gut, warum unsere Gegner dich haben wollten. Dein Geist und dein Wille sind stark.«
Daniel blieb der Mund offen stehen. Er fühlte sich, als hätte jemand einen Eimer Eiswasser über ihn ausgeschüttet. Er war ein starker Telepath und er sollte gegen den Willen anderer in ihre Köpfe eintauchen?
»Das werde ich nicht tun!«, platzte er heraus. »Ich werde niemanden ...« Er suchte eine passende Bezeichnung, wusste jedoch keine. Aber sein Widerwille war erwacht.
»Ich sagte, was du theoretisch lernen könntest . Du hast schon recht, mit solchen Kräften trägt man eine große Verantwortung, und man darf sie niemals einsetzen, um Macht über andere zu beweisen. Mehr als jeder andere muss ein Telepath eine ganz klare Vorstellung haben von dem, was er tun darf und was nicht. Unsere Gegner kennen diese Skrupel leider nicht, und manchmal muss auch leider bei uns der Zweck die Mittel heiligen. Aber das darf niemals zur Gewohnheit werden.« Mrs. Terranto blickte Daniel ernst an. »Es ist manchmal eine große Versuchung, und auch du wirst ganz sicher irgendwann in eine Situation kommen, in der du versucht bist, deine Kräfte zu missbrauchen. Das geht jedem so. Deswegen bin ich froh zu hören, dass du eine klare Meinung vertrittst.« Sie lächelte erneut.
Darüber war Daniel verblüfft. Er hatte eine Wahl. »Ich darf also hier bleiben, muss aber niemandem wehtun?«, fragte er dennoch nach.
»Wir bestehen sogar darauf, dass du niemandem wehtust. Und ja, du kannst bleiben. Das konntest du von Anfang an, wie ich dir vorhin schon sagte, und unser Angebot bleibt. Wenn du also entschlossen bist: Willkommen im O.D. Internat für begabte Kinder , Daniel.«
Daniel fehlten die richtigen Worte, aber Mrs. Terranto verstand ihn auch so. Und Daniel selbst war froh, dass er bleiben konnte, ohne seine Freiheit zu verlieren. Im Gegenteil: Er würde mehr Befreiung erfahren, als er es sich jetzt vorstellen konnte. Doch jede Übung, die ihn befähigte, mit seinem Talent umzugehen, konnte nur eine Befreiung sein. »Danke, Mrs. Terranto«, sagte er und lächelte, doch dann wechselte sein Gesichtsausdruck, als ihm etwas sehr Wichtiges einfiel: »Wann lerne ich, die Barriere aufzubauen?«, fragte er.
Mrs. Terranto sah kurz auf den Bildschirm und prüfte ihren Kalender. »Ich werde dich von nun an täglich unterrichten«, informierte sie ihn zufrieden. »Du hast Montag bis Freitag Schule von 9 bis 12, danach Mittagspause. Von 13.30 bis 15 Uhr kommst du zu mir hier ins Büro. Du hast vermutlich schon gesehen, dass von 15 bis 17 Uhr frei wählbare Kurse besucht werden. Hast du dir schon etwas ausgesucht?«
»Ich wollte Fußballspielen«, antwortete Daniel prompt. »Und Karate. Sunday ist auch dabei!«
»Sehr schön. Sport wird ein guter Ausgleich für dich sein.« Mrs. Terranto tippte kurz, dann ratterte es kurz. Sie griff zum Drucker neben ihrem Schreibtisch und zog ein Blatt Papier heraus. »Hier, damit ist dein Stundenplan ergänzt. Ich hoffe, du fühlst dich weiterhin bei uns wohl, und wenn etwas sein sollte, ganz gleich was, kannst du damit immer zu mir kommen.«
Daniel strahlte über das ganze Gesicht. Er schnappte sich seinen Stundenplan, dankte Mrs. Terranto und mit einem Lachen von ihr wurde er
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