Die Akte Daniel (German Edition)
an. Unter anderen Umständen hätten sie jetzt gelacht, aber irgendwie war die ganze gute Stimmung verflogen.
»Kate, du weißt genau, was ich meine. Und Daniel, für einen Telepathen bist du echt schwer von Begriff. Was soll’s.« Sunday stand auf, warf ein irgendwie gezwungenes Lächeln in die Runde und ging grußlos. Daniel sah entgeistert Sunday nach, dann schaute er Kate an, die war rot geworden. Doch einen Gedanken konnte er bei ihr nicht lesen. »Was meint er?«, fragte er sie. »Und warum reagiert er so?«
»Ich weiß auch nicht, was er hat«, murmelte Kate sichtlich verlegen, »Du, äh, ich muss noch Hausaufgaben machen. Bis dann!« Und damit stand auch sie auf und eilte regelrecht davon.
Daniel sah ihr verdutzt nach. Hier war eindeutig etwas faul und er hatte nicht die geringste Ahnung, um was es eigentlich ging. Als er die anderen Mädchen ansah, versenkten diese ihre Aufmerksamkeit in ihre Eisbecher und taten so, als hätten sie gar nichts gehört oder gesehen. Daniel wurde es nun wirklich zu bunt. Er nahm seinen Eisbecher und schob ihn in die Tischmitte.
»Wer mag«, bot er an, dann folgte er Sunday.
»Der benimmt sich wie eine eifersüchtige Freundin«, sprach Daniel halblaut mit sich selbst. Er fand Sundays Verhalten seltsam und undurchsichtig, aber er hatte nicht vor, es auf sich beruhen zu lassen. Da ihm Kate aber keine Antwort geben zu wollen schien, würde er direkt mit Sunday reden, auch wenn dieser ganz sicher nicht wollte. Er fand Sunday nicht weit von der Veranda auf seiner Lieblingsbank unter hohen Bäumen. Die Knie angezogen starrte er in die vom Wind bewegten Blätterkronen, die sich schon langsam bunt färbten. Der Herbst war nah.
Daniel überlegte, welche Strategie hier ratsam war. Er schluckte also seinen Ärger hinunter und setzte sich dann betont lässig neben Sunday. »Sagst du mir jetzt, was das sollte? Ich habe mich so gefreut, dass ich endlich auch mal was von dem Kram packe und du verbreitest hier schlechte Stimmung. Warum? Was ist los?«
Sunday sah ihn an. »Entschuldige, war keine Absicht«, erklärte er. »Aber Kates Getue nervt mich. Und, willst du auch mit ihr gehen?«
Daniel glaubte sich im Wald und war der festen Ansicht, sich verirrt zu haben. »Wer sagt, dass ich mit ihr gehe? Du benimmst dich wirklich wie eine eifersüchtige Freundin. Du bist bescheuert!«
»Dann bin ich eben bescheuert. Also willst du nicht mir ihr gehen? Gut.« Sunday grinste ihn breit an.
»Und ich schätze, du rechnest dir jetzt irgendwelche Chancen aus, dass wir miteinander gehen, oder? Sag bloß, du hast dich in mich verknallt.« Daniel blinzelte, als er begriff, was er da gerade festgestellt hatte. »Du hast dich jetzt nicht wirklich in mich verknallt, oder?«, fragte er leiser nach.
Sunday lachte leise. »Ich bin durchgeknallt, schon vergessen? Aber keine Sorge, es ist nicht ansteckend. Du kannst es ignorieren.«
»Kann ich nicht! Du bist eifersüchtig, weil Kate sich wohl auch in mich verliebt hat. Das ist es doch, was du sagen wolltest, nicht wahr? Oh Mann, was für ein Mist!« Daniel lehnte sich zurück und streckte seine Beine von sich.
»Kannst dir ja ein anderes Zimmer suchen«, meinte Sunday lapidar.
»Häh?« Daniel setzte sich wieder auf. Er wurde wütend. »Du, du ...!«
»Ja?« Sunday steckte sich ein paar rote Haarsträhnen hinters Ohr und guckte unschuldig. »Ich meine, wenn’s dich so stört.«
»Du bist ein Idiot«, knurrte Daniel. »Du machst mir mitten in der Mensa einen Antrag, dann haust du ab und gibst mir die Schuld. Du hast ja einen Schatten und mich dann auch noch rausschmeißen!«
»Entschuldige, so bin ich nun mal.« Sunday klang jedoch nicht sonderlich reumütig. »Und ich schmeiße dich nicht raus. Die Frage ist doch eher, ob du mich rausschmeißt.«
»Ich dich aus deinem eigenen Zimmer? Du bist verrückt. Können wir damit jetzt aufhören?«
Daraufhin sagte Sunday nichts mehr, sondern blickte wieder nach oben. Er saß ganz still, als lausche er einer Melodie, die nur er hören konnte. »Entschuldige, Daniel«, sagte er schließlich leise.
»Ach Mann«, brummte dieser; und schon wieder versagte ihm seine Stimme. Dieses Mal jedoch unpassend. »Wenn die das unter Hormonen verstehen und Pubertät, dann muss ich sagen, dass das ein bisschen übertrieben ist. Einfacher ging’s nicht, oder?«
»Keine Ahnung, ob das die Hormone sind. Schon am ersten Tag, als du herkamst, sah ich dich und wollte dich behalten. Wäre nur unfein gewesen, das laut zu
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