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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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lange, wusste sie nicht. Verzweifelt und ungeachtet der Tatsache, dass der Fahrer noch immer auf sie wartete, ließ sie sich auf den kalten Eingangsstufen nieder und presste die Stirn auf ihre Unterarme, die sie über die Knie gelegt hatte. Sie hatte schon nicht mehr daran geglaubt, als plötzlich das Licht anging. Francesca hob den Kopf, und im selben Augenblick vernahm sie im Innern des Hauses Gropius' Stimme, ziemlich ungehalten, was nicht verwunderlich war. »Wer ist da?«
    Sie gab dem Fahrer ein Zeichen, dass er fahren konnte, dann sagte sie mit belegter Stimme: »Ich bin 's, Francesca.«
    Eine Weile geschah nichts, dann hörte sie einen Schlüssel im Schloss. Das Geräusch empfand sie erlösend. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet, Gropius erschien im Türspalt.
    »Bist du verrückt geworden?«, herrschte er Francesca an. »Weißt du überhaupt, wie spät es ist? Was soll das Theater?!« Er machte Anstalten, die Tür wieder zu schließen, doch da sah er, dass Francesca am ganzen Leib zitterte, und ließ sich zu einer einladenden Geste herab. »Na komm schon rein!«, meinte er großmütig. Die Art von Überheblichkeit sollte ihm noch Leid tun an diesem Abend.
    Dankbar huschte Francesca ins Haus. »Du erwähntest doch einmal einen gewissen Rodriguez, der dich in Berlin bei unserem ersten Treffen verfolgt hat«, begann sie ohne Umschweife.
    »Ja. Was ist mit ihm?«
    »Er ist hier.«
    »Woher willst du das wissen? Du kennst den Kerl doch überhaupt nicht!«
    »Ich habe mit ihm in einer Bar Champagner getrunken, er sagte, er heiße Ramón, und auf seiner Kreditkarte stand der Name Ramón Rodriguez.«
    »Der Kerl hat sich an dich rangemacht?«
    »Zufällig kann die Begegnung nicht gewesen sein! Rodriguez kannte jedenfalls meinen Namen und hat mich gewarnt, du seist kein richtiger Umgang für mich.«
    Gropius hatte bereits geschlafen und war noch nicht ganz wach. Mühsam versuchte er Francescas Bericht auf die Reihe zu bringen. Dabei musterte er sie mit kritischem Blick. Sie trug dasselbe Outfit wie damals in Turin und wirkte ungeheuer sexy. Aber unvermittelt, wie die Erinnerung kam, strich er sie wieder aus seinem Gedächtnis. Francesca sah mitgenommen aus.
    »Also der Reihe nach«, sagte Gropius mit gespielter Ruhe und drückte Francesca in einen Sessel im Salon. »Dieser Rodriguez sprach dich auf offener Straße an und lud dich zum Champagner ein …«
    »Nicht auf offener Straße«, fiel ihm Francesca ins Wort. »Ich wollte einen schönen Abend verbringen und ging in die Bar im ›Bayerischen Hof‹. Da stand er plötzlich vor mir. Er muss mir gefolgt sein. Zum Glück vertrug er nicht viel, und schon nach kurzer Zeit begann er Dinge von sich zu geben, die er im nüchternen Zustand bestimmt für sich behalten hätte. Seinen Beruf, zum Beispiel –«
    »Uninteressant.«
    »Er ist ein Priester.«
    »Was?« Gropius sah Francesca ungläubig an.
    »Er sieht nicht nur aus wie ein Pfaffe, er zitiert sogar im Suff Briefe des Apostels Paulus an die Korinther.«
    »Und was wollte Rodriguez von dir?« Gropius' Blick verweilte einen Moment auf Francescas großzügigem Ausschnitt. »Ich kann es mir denken.«
    »Ja, das auch.« Francesca lächelte verlegen. »Aber er muss mich für einen Drogenkurier gehalten haben. Er wollte Stoff. Und sein ganzes Gehabe lässt ohne weiteres den Schluss zu, dass er an der Nadel hängt.«
    »Und wie endete der Abend?« Gropius grinste unverschämt.
    Francesca registrierte durchaus sein abfälliges Verhalten, aber sie ging darüber hinweg und erwiderte: »Plötzlich stürzten sich zwei Männer auf Rodriguez und zerrten ihn fort. Ich habe nicht gesehen, wohin sie ihn brachten. Als ich in mein Hotel kam, war das Zimmer auf den Kopf gestellt. Gregor, ich habe Angst. Kann ich heute Nacht hier bleiben?«
    »Selbstverständlich«, murmelte Gropius abwesend. Er dachte nach: ein drogenabhängiger Priester, der ihn seit geraumer Zeit verfolgte, und nicht nur ihn, der – wie es schien – auch Francesca nicht aus den Augen ließ und der daran interessiert war, dass die Nachforschungen über Schlesingers Tod eingestellt würden? Das machte wenig Sinn. Ihm schien es mittlerweile fast unmöglich, dass die Morde an Schlesinger, de Luca, Bertram, Constantino und der neueste Fall in Kiel denselben Auftraggeber haben sollten; denn für jeden Mord gab es ein anderes Motiv. Und noch immer geisterte diese verdammte Akte in seinem Kopf herum, von der er nicht wusste, was sie enthielt und wo Schlesinger sie

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