Die Akte Golgatha
Glück im Spiel, Pech in der Liebe. Nein, was die Liebe betraf, hatte er in seinem Leben wenig Glück gehabt, also, dachte er, wäre es an der Zeit, sein Glück im Spiel zu versuchen.
In seine Bitterkeit mischte sich der Gedanke an diesen Rodriguez und das, was Francesca über ihn berichtet hatte. Gropius wusste nicht, ob sein Vorhaben klug war, trotzdem fasste er den Entschluss, den geilen Pfaffen zur Rede zu stellen.
Vom Golfplatz kannte er den Manager des Hotels ›Bayerischer Hof‹, einen gewissen Bob Kusch. Nicht dass sie befreundet gewesen wären, aber man traf sich ab und an und redete sich mit dem Vornamen an, wie auf dem Green üblich.
Bob kam Gregors Wunsch, die Adresse zu erfahren, unter der Rodriguez sich im Hotel eingemietet hatte, nur widerwillig und mit dem Hinweis nach, es würde ihn seinen Job kosten, wenn jemand davon erführe. Gropius schwor einen heiligen Eid auf seine Verschwiegenheit. In seinem Büro machte Kusch eine Eingabe in den Laptop vor sich auf dem Schreibtisch. Ohne ein Wort schob er den Bildschirm in Gregors Blickfeld, und Gropius notierte auf einen Zettel: Ramón Rodriguez, Carrer Caralt 17, Barcelona.
Gropius zog die Augenbrauen hoch und blickte erstaunt.
»Das Zimmer«, bemerkte Kusch eher beiläufig, »wurde allerdings mit einer Firmenkreditkarte bezahlt.«
»Wie? Ist dieser Rodriguez gar nicht mehr hier?«
Kusch bearbeitete erneut seinen Laptop, und nach einem Blick auf den Bildschirm erwiderte er: »Señor Rodriguez hat heute Nacht um 2 Uhr 10 das Hotel verlassen. Seine Rechnung wurde mit einer gültigen Kreditkarte beglichen. Mehr hat mich nicht zu interessieren.«
»Bob«, begann Gropius aufgeregt, »finden Sie es nicht etwas merkwürdig, wenn ein Hotelgast mitten in der Nacht abreist?«
Kusch setzte ein Pokerface auf. »Wissen Sie, Gregor, ein großes Hotel beherbergt viele merkwürdige Leute. Da zählt ein Ereignis wie dieses eher noch zum Alltäglichen. Eher seltsam erscheint mir dagegen die Tatsache, dass dieser Gast, dieser Rodriguez, bei der Buchung auf Zimmer Nr. 231 bestand. Zimmer 231 zählt nämlich nicht gerade zu den besten in diesem Hotel, um der Wahrheit die Ehre zu geben, es ist eher das schlechteste, zwischen Etagenservice und Gepäcklift gelegen mit Blick auf den Innenhof. Wir vermieten es nur selten, oder wenn wir überbucht sind.«
Man konnte sehen, wie es in Gregors Kopf arbeitete. »Haben Sie eine Erklärung dafür?«, fragte er nach einer Weile.
Bob Kusch hob die Schultern und lachte. »Es gibt viele Gründe, warum Hotelgäste auf einer bestimmten Zimmernummer beharren. Manche sind abergläubisch und bestehen auf einer speziellen Zahlenfolge, oder die Quersumme muss immer dasselbe Ergebnis haben. Andere verbinden mit einer Zimmernummer ein besonderes Erlebnis, das Erinnerungen wachruft, und wieder andere wollen ganz einfach im selben Hotel im selben Zimmer nächtigen. Aber ich weiß nicht, ob das für Sie von Interesse ist, Gregor.«
»Aber ja doch«, wandte Gropius ein. »Können Sie denn mithilfe des Computers feststellen, ob dieser Rodriguez aus Barcelona schon einmal in diesem Zimmer genächtigt hat?«
»Natürlich, nichts leichter als das!« Kusch, mit seinem Computer auf du und du, eine Eigenschaft, die bei Gropius Bewunderung hervorrief, zauberte mit ein paar Klicks eine Liste aller Hotelgäste auf den Bildschirm, die im letzten halben Jahr Zimmer 231 bewohnt hatten. »Aber das bleibt unter uns!«, wiederholte er seine eingangs geäußerten Bedenken.
Gropius hob seine rechte Hand. »Ehrenwort, Bob, Sie können mir vertrauen!« Gespannt verfolgte Gropius Zeile um Zeile, die vor seinen Augen über den Bildschirm liefen.
»Stopp!« Gropius traute seinen Augen nicht. Auf dem Bildschirm stand der Name: Sheba Yadin, Beit-Lechem-Straße, Tel Aviv, Israel. Aufenthaltsdauer: 7 Tage.
»Was haben Sie, Gregor?« Kusch war nicht entgangen, wie Gropius von einem Augenblick auf den anderen eine graue fahle Farbe annahm. »Ist Ihnen nicht gut, Gregor? So reden Sie doch!«
»Schon in Ordnung«, stammelte Gropius; aber der Tonfall seiner Stimme verriet nur allzu deutlich, dass der Name auf dem Bildschirm ihm einen Schock versetzt hatte.
»Ist Ihnen die Dame näher bekannt?«, erkundigte sich Kusch vorsichtig.
»Nein, das heißt ja, eigentlich nicht«, stotterte Gropius wie ein ertappter Dieb. Für ihn hatte das Verwirrspiel um Rodriguez und seine Hintermänner einen neuen Höhepunkt erreicht. Es konnte kein Zufall sein, dass der Name der Geliebten
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