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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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für Sie, Professor. Aber Sie könnten Ihre Situation verbessern, wenn Sie ein Geständnis ablegten …«
    »Geständnis?« Gropius' Stimme überschlug sich. »Was für ein Geständnis? Mir wird ein verseuchtes Organ untergeschoben, und Sie verlangen von mir, ich soll ein Geständnis ablegen. Was in aller Welt wollen Sie hören?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht, dass man versucht hat, Sie zu erpressen, dass Ihnen nahe gelegt wurde, mit diesen Leuten zusammenzuarbeiten, was weiß ich.«
    »Aber es gab keinen Erpressungsversuch! Ich wüsste gar nicht, wie ich der Organmafia von Nutzen sein könnte. Das System von Eurotransplant ist offen für jeden, der damit zu tun hat. Jeder Vorgang, jeder Spender, jeder Empfänger ist jederzeit an jedem Ort über Internet abrufbar. Im Übrigen bedarf es eines Spezialistenteams, um ein Organ zu entnehmen, und eines weiteren Spezialistenteams, um ein Organ einem Menschen einzupflanzen.«
    Renner gab ein hämisches Gelächter von sich. »Das ist mir nicht unbekannt, Professor, Sie vergessen nur, dass es um viel Geld geht, um sehr viel Geld sogar, und bei den Summen, die dabei im Spiel sind, werden auch Spezialisten schwach. Vor allem wenn sie aus Polen oder Russland kommen. Die polnische Grenze ist von Berlin nur hundertzwanzig Kilometer entfernt, und noch einmal dreihundert Kilometer und Sie sind in Russland. Dort kann ein Herzchirurg mit einer einzigen illegalen Organtransplantation mehr verdienen als mit fünf Jahren regulärer Klinikarbeit. Da verflüchtigen sich moralische Bedenken schneller als ein billiges Parfum.«
    »Schön und gut. Aber können Sie mir sagen, welche Rolle ich dabei spielen sollte?«
    Zum ersten Mal schien es, als fiele Renner die Antwort schwer. Schließlich erwiderte er: »Gestatten Sie, dass ich mit einer Gegenfrage antworte, Professor: Können Sie beschwören, dass alle Patienten, die in Ihrer Klinik das Zeitliche segneten, die Klinik auch mit all ihren Organen verlassen haben?«
    Gropius begriff sofort, was Renner meinte, und seine Wut steigerte sich ins Unermessliche. Dieser junge Schnösel, dieser Karrierist brauchte Erfolgserlebnisse, er suchte einen Fall, mit dem er glänzen konnte. Wahrscheinlich hasste er alle Mediziner aufgrund eines traumatischen Erlebnisses oder weil er den Beruf selbst gerne ergriffen hätte. (Man weiß ja, dass Mediziner entweder vergöttert oder verachtet werden, dazwischen gibt es nichts, was man unter Ärzten und dem Rest der Welt als normal bezeichnen könnte). Natürlich war er gereizt, über reizt sogar, aber wer wollte ihm das verdenken, in dieser Situation und mit so einem Kontrahenten? Jedenfalls schleuderte er dem forschen Staatsanwalt ein paar Worte entgegen, die seine Lage nicht gerade verbesserten, ihm aber eine Genugtuung waren und sein Allgemeinbefinden deutlich anhoben, Gropius brüllte, ja er brüllte in den Hörer: »Renner, Sie sind ein Idiot, und ich muss mir von Ihnen solche unverschämten Verdächtigungen nicht gefallen lassen!« Und damit knallte er den Hörer auf das Telefon. Er dachte, der Apparat würde in tausend Stücke zerspringen.
    »Prasskov«, murmelte er und schüttelte den Kopf.
    Fassungslos starrte Felicia Schlesinger auf die neueste Schlagzeile der Bild- Zeitung . Die Meldung, ihr Mann könnte ein Opfer der Organmafia geworden sein, traf sie wie ein Schlag ins Gesicht. Den ganzen Tag und die folgende Nacht verbrachte sie damit, die Bruchstücke aus dem Leben Schlesingers, welche mit seinem Tod in Zusammenhang stehen konnten, zu einem Ganzen zusammenzufügen. Aber wie bei einem Puzzle, bei dem immer ein Teilchen zum Gesamtbild fehlt, kam sie nicht weiter, weil gerade dieses eine entscheidende Bindeglied fehlte, das dem Ganzen einen Sinn gab.
    Vor allem das Geld, die zehn Millionen, hatten sie so aus der Fassung gebracht, dass ihr bei ihren Überlegungen bisweilen jede Logik abhanden kam. Natürlich wäre es denkbar, dass Arno Opfer irgendwelcher krimineller Machenschaften geworden war, und zweifellos hatte die Mordtat etwas Mafioses an sich. Ja, sie hätte das geglaubt, wäre sie nicht zufällig auf das geheime Konto gestoßen. Mafiosi zahlen selten zehn Millionen für einen Dienst, um dann den Empfänger dieses Vermögens umzubringen, schon gar nicht auf eine so umständliche Weise, die mit großer Gefahr verbunden war, entdeckt zu werden. Schlesinger war auch nicht der Typ, der sich mit der Mafia eingelassen hätte. Schon ein unbedeutendes krummes Ding mit der Steuer, bei dem es um

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