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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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sich zusammen.
    Vor Erregung zitterte Felicia am ganzen Körper. Auf seine Oberarme gestützt beugte sie sich über sein Gesicht, leckte mit der Zunge seine Lippen und bewegte ihr Becken behutsam vor und zurück, bis aus ihrem Mund ein unterdrücktes Stöhnen drang und sie glücklich auf ihn niedersank.
    Als Gropius erwachte, brauchte er einen Moment, um zu begreifen, dass er das alles nicht geträumt hatte. Neben ihm lag Felicia auf dem Rücken, die Bettdecke zwischen den Beinen, mit nackten Brüsten, angewinkelten Armen und zerwühlten Haaren. Gregor hob leise den Kopf und betrachtete ihren wohlgeformten Körper in dem fahlen Morgenlicht, das durch das breite Fenster fiel. Bisher hatte er keine Gelegenheit gehabt, ihren Körper genauer zu betrachten, er hatte ihn nur gespürt und hatte sich seinen Gefühlen hingegeben. Nun aber verschlang er ihren Anblick wie ein Voyeur, der sich unbeobachtet fühlt, und mit dem Bewusstsein, dass das Objekt seiner Begierde sich seinen Blicken nicht verweigern konnte.
    Felicia war eine schöne Frau. Sie hatte die zierliche Jugend hinter sich gelassen und stand in der Blüte ihrer Jahre. Ihre Schenkel waren geschwungen, die Hüften ausgeprägt und die Brüste voller süßer Versprechungen. Ihre Haut glänzte dunkel und seidig und lud zu zärtlichen Berührungen ein.
    »Geilst du dich immer an wehrlosen, nackten Frauen auf?«, fragte Felicia plötzlich und ohne die Augen zu öffnen.
    Gropius fühlte sich ertappt, und es dauerte ein paar Sekunden, bis er eine Antwort fand. »Nur wenn sie so aufregend sind wie du!«
    Da schlug Felicia die Augen auf, und Gregor küsste sie auf den Mund. Beide sahen sich lange an.
    »Ich wünschte«, sagte Gropius, »wir wären uns unter anderen Umständen begegnet.«

K APITEL 8
    F rauen reagieren sehr unterschiedlich auf die erste Liebesnacht mit einem Mann. Was Felicia Schlesinger betraf, so nahm sie das unvorhergesehene Erlebnis in Wien zum Anlass, sich von der Hinterlassenschaft Schlesingers zu trennen. Noch immer war Arno in dem Haus gegenwärtig, das sie vier Jahre – zumindest zeitweilig, wenn er sich nicht gerade im Ausland aufhielt – mit ihm geteilt hatte. Sie konnte keinen Schrank öffnen, ohne auf seine Kleidung und Wäsche zu stoßen. Persönliche Gegenstände, Fotos, kleine Geschenke von seinen Reisen und Bücher, die ihr fremd waren, lagen herum und hielten die Erinnerung wach. In Gedanken fühlte sie sich von all den kleinen Dingen beobachtet, und dieses Gefühl bereitete ihr wachsendes Unbehagen. Weihnachten und Neujahr waren vorüber. Felicia hatte die Feiertage zusammen mit Gropius verbracht. Nun wollte sie alle Brücken in die Vergangenheit abbrechen, zumindest jene, die sie an einem Neuanfang hinderten.
    Das war keine leichte Aufgabe. In der Ungewissheit, ob sie Schlesingers Schicksal eher beklagen oder ihrer Wut auf sein geheimes Leben freien Lauf lassen sollte, kam Felicia ein Briefumschlag zu Hilfe. Sie entdeckte ihn, während sie die Kleidung ihres Mannes in sechs große Kartons verstaute, ausgerechnet in jenem weißen Anzug, den er bei ihrer Heirat in Las Vegas getragen hatte. Der Brief trug eine israelische Marke und einen Poststempel, den Felicia nicht entziffern konnte. Der Absender lautete Sheba Yadin. Keine Ortsangabe, keine Straße.
    Sheba Yadin? Felicia hatte den Namen nie gehört.
    Einen Augenblick zögerte sie, ob sie den Brief aus dem Umschlag nehmen oder ob sie ihn ungelesen vernichten sollte. Angenehm würde er für sie bestimmt nicht sein. Nicht umsonst hatte er den Brief in einer Anzugtasche versteckt. Aber dann siegte ihre Neugierde. Felicia wollte Klarheit, wollte wissen, was sich hinter all den Ungereimtheiten verbarg, auf die sie nach Schlesingers Tod gestoßen war. Denn dass Arno noch ein anderes, ein zweites Leben geführt hatte, dessen war sich Felicia inzwischen sicher.
    Hastig zog sie den Brief aus dem Umschlag. Eine schlichte Jungmädchenschrift in grüner Tinte kam zum Vorschein. Am Ende des Briefes ein roter Lippenabdruck. Felicia verschlang die ungelenken Zeilen in deutscher Sprache mit den Augen.
    »Tel Aviv, 3. März. Mein über alles geliebter Maulwurf! Es sind nun schon sieben Tag vergangen, sieben Tage, in denen ich dich nicht mehr in mir gespürt habe, und ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalten kann. Dabei vergeht keine Minute, in der ich nicht an dich und unsere gemeinsamen Stunden in Jerusalem denke. Warum lässt du mich so leiden? Hast du nicht genauso das Bedürfnis, mich zu

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