Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)
Stadt?«
»Osnabrück«, flüsterte Bayer.
Miller steckte ihm wieder den Knebel in den Mund und überlegte.
Klaus Winzer, Drucker in Osnabrück. Miller öffnete den Attachékoffer, in dem Taubers Tagebuch und verschiedene Autokarten lagen. Er suchte eine Straßenkarte von Westdeutschland heraus.
Die Fahrt nach Osnabrück würde je nach Straßenzustand und den Wetterbedingungen vier bis fünf Stunden dauern. Es war schon fast 3 Uhr morgens.
Auf der anderen Seite der Straße fröstelte Mackensen in seiner Nische im ersten Stock des halbfertigen Neubaus. In dem Zimmer gegenüber brannte noch immer Licht. Mackensen ließ seinen Blick ständig zwischen dem erleuchteten Fenster im ersten Stockwerk und dem Hoteleingang hin und her wandern. Wenn nur Bayer herauskam, konnte er Miller allein aufs Korn nehmen. Wenn Miller allein herauskam, konnte er ihn ein Stück weiter die Strafe hinunter erwischen. Oder auch schon, wenn jemand das Fenster öffnete, um frische Luft zu schöpfen. Mackensen fröstelte wieder und umklammerte die schwere Remington-300er-Flinte. Bei einer Entfernung von knapp dreißig Meter konnte mit einem solchen Gewehr überhaupt nichts schiefgehen. Mackensen hatte Zeit, denn er war ein geduldiger Mann.
In seinem Zimmer packte Miller leise seine Sachen zusammen. Entscheidend war, daß Bayer mindestens sechs Stunden lang ruhig blieb. Vielleicht hatte der Mann zu große Angst, um seinen Chefs zu melden, daß er das Geheimnis des Fälschers verraten hatte. Aber darauf konnte sich Miller nicht verlassen.
Er verwandte noch ein paar Minuten darauf, Bayer die Fesseln enger zu binden und den Knebel tiefer in den Rachen zu stoßen, und kantete dann vorsichtig den Sessel mitsamt dem Gefesselten auf die Seite. Jetzt konnte er sich nicht mehr mit dem Sessel umkippen und durch den Krach Aufmerksamkeit auf sich lenken. Die Telefonschnur hatte Miller bereits herausgerissen. Er blickte sich ein letztes Mal prüfend im Zimmer um und schloß dann die Tür hinter sich ab.
Er war schon fast an der Treppe, als ihm plötzlich ein Gedanke kam. Vielleicht hatte sie der Nachtportier zusammen die Treppe hinaufgehen sehen. Was würde er denken, wenn jetzt nur ein Mann hinunterkam, seine Rechnung bezahlte und das Hotel verließ? Miller kehrte um und ging zum hinteren Teil des Gebäudes. Am Ende des Korridors war ein Fenster, unter dem ein Sims entlanglief, der zu einem flach abfallenden Garagendach führte. Miller öffnete leise das Fenster und kletterte hinaus. Wenige Sekunden später stand er im Hinterhof, auf den die Garage mündete. Ein Nebenausgang führte zu einer schmalen Seitenstraße hinter dem Hotel.
Zwei Minuten später machte er sich auf den fünf Kilometer langen Weg zu seinem Jaguar, der einen Kilometer von Bayers Haus entfernt stand. Die Nachwirkung des Alkohols und die Anstrengung, den fetten Mann zur Preisgabe des Fälschers zu bringen, hatten ihn sehr müde gemacht. Verzweifelt kämpfte er gegen die Müdigkeit an. Er brauchte dringend Schlaf. Aber er wußte, daß er Winzer erreichen mußte, bevor die ODESSA Alarm schlug.
Es war fast 4 Uhr morgens, als er in den Jaguar stieg, und es wurde halb fünf, ehe er den Weg zur Autobahn zurückgelegt hatte und in Richtung Heilbronn und Mannheim nach Norden raste.
Miller hatte das Zimmer kaum verlassen, als Bayer, der inzwischen wieder völlig nüchtern geworden war, sich aus seinen Fesseln zu befreien begann. Er versuchte, den Kopf weit genug vorzustrecken, um die Knoten in den Krawatten an seinen Handgelenken durch die Socken und den umgebundenen Schal hindurch aufzubeißen. Aber seine Leibesfülle hinderte ihn daran, den Kopf tief genug zu beugen, und die zusammengerollten Socken in seinem Mund sperrten seine Zähne auseinander. Alle paar Minuten mußte er eine Pause machen, um heftig durch die Nase zu atmen.
Er versuchte mit aller Kraft die Beine zu bewegen, aber die Fesseln an seinen Fußgelenken lockerten sich nicht. Schließlich beschloß er, seine Handgelenke ungeachtet der Schmerzen in seinem gebrochenen kleinen Finger durch ständiges Zerren freizubekommen.
Als sich auch das als erfolglos erwies, fiel sein Blick auf die Nachttischlampe am Boden. Die Birne war noch eingeschraubt, aber wenn er sie zerschlug, gab das genug Glassplitter, um damit eine Krawatte aufzuschneiden.
Er brauchte eine Stunde, bis er den umgekippten Sessel Zentimeter um Zentimeter quer durch das Zimmer geschleift und die Glühbirne zerschlagen hatte.
Handfesseln, die aus Stoff
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