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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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der Theke im Wartesaal bei einem Kaffee und einem Doppelkorn aufzuwärmen.
    »War doch mal ’ne nette kleine Abwechslung, Herr Miller«, sagte er. »Ich hoffe, Sie haben gefunden, wonach Sie suchten.«
    »O ja, das habe ich«, sagte Miller.
    »Na, dann will ich mal wieder heim zu Muttern. Tschüs, Herr Miller.« Der kleine Einbrecher nickte ihm zu und trollte sich in den Wartesaal. Miller drehte sich um, überquerte den Platz und ging ins Hotel zurück, ohne zu ahnen, daß ihm der Blick des Killers vom Rücksitz der geparkten Mercedes-Limousine aus gefolgt war.
    Für die telefonischen Auskünfte, die Miller einholen mußte, war es noch zu früh; er gestand sich daher drei Stunden Schlaf zu und bat, um 9   Uhr   30 geweckt zu werden.
    Das Telefon schrillte auf die Minute genau zur gewünschten Zeit, und er bestellte Kaffee und Brötchen, die just in dem Augenblick gebracht wurden, als er den Hahn der heißen Dusche abdrehte und nach dem Handtuch griff. Er trank Kaffee und vertiefte sich in das Studium der Blätter in dem Aktenordner. Ein halbes Dutzend der Gesichter kannte er – aber keinen einzigen Namen. Die Namen, das mußte er sich erst klarmachen, besagten ja auch gar nichts.
    Blatt 18 sah er sich noch einmal ganz genau an, nachdem er alle durchgesehen hatte. Der Mann war älter geworden. Er trug das Haar jetzt länger und hatte sich ein Bärtchen auf der Oberlippe stehenlassen. Aber die Ohren – der Teil eines Gesichts, der viel individueller ausgeprägt ist als alle anderen Gesichtszüge und dennoch stets übersehen wird – waren die gleichen geblieben. Die schmalen Nasenlöcher, die schiefe Kopfhaltung und die hellen Augen auch.
    Der Name war landläufig; was Millers Aufmerksamkeit fesselte, war die Adresse. Der Zahl des Postamts nach zu urteilen, mußte sie sich im Zentrum der Stadt befinden, und das deutete auf einen Apartmentblock hin. Um 10   Uhr rief er die Auskunft der auf dem Blatt genannten Stadt an. Er fragte nach der Telefonnummer des Verwalters jenes Apartmentblocks. Es war ein Glücksspiel, und er hatte Glück. Es handelte sich tatsächlich um einen Apartmentblock, und zwar um einen teuren.
    Er rief den Verwalter an und erklärte, daß er verschiedentlich einen Mieter angerufen, aber keine Verbindung mit ihm bekommen habe, was insofern merkwürdig sei, als ihn der Mieter ausdrücklich gebeten habe, zu dieser Zeit anzurufen. Ob der Verwalter wohl helfen könne? Sollte womöglich das Telefon gestört sein?
    Der Mann am anderen Ende der Leitung war außerordentlich entgegenkommend. Der Herr Direktor sei wahrscheinlich in der Fabrik oder vielleicht auch über das Wochenende zu seinem Landhaus gefahren. Welche Fabrik das sei? Nun, seine eigene natürlich, die Radiofabrik. Der Verwalter nannte den Firmennamen.
    »Oh, ja, selbstverständlich, wie dumm von mir, welche denn wohl sonst!« sagte Miller und legte auf. Die Auskunft nannte ihm die Nummer der Fabrik. Der Pförtner, der sich dort meldete, wies Miller darauf hin, daß Samstag sei, und sagte, der Herr Direktor verbringe das Wochenende in seinem Landhaus und sei am Montagmorgen wieder in der Fabrik zu erreichen. Nein, die Privatnummer des Hauses dürfe von der Fabrik nicht preisgegeben werden. Miller dankte ihm und legte auf.
    Der Mann, der ihm schließlich die Privatnummer und Adresse des Radiofabrikanten nannte, war ein alter Kontaktmann von ihm, der Handels- und Wirtschaftskorrespondent einer großen Zeitung in Hamburg. Er hatte die Anschrift des Radiofabrikbesitzers in seinem privaten Adreßbuch stehen. Miller saß da und starrte auf das Photo von Roschmann. Seine Privatanschrift und seinen neuen Namen hatte er in sein Notizbuch gekritzelt. Jetzt fiel ihm auch ein, daß er den Namen schon gehört hatte – es war der eines bekannten Industriellen. Er hatte auch die Radiogeräte in den Geschäften gesehen. Er holte seine Deutschlandkarte heraus und suchte nach den Ortschaften im Umkreis des Landhauses.
    Es war nach zwölf, als er seine Reisetasche gepackt hatte und in die Halle hinunterfuhr, um seine Rechnung zu begleichen. Da er einen Wolfshunger hatte, nahm er seinen Aktenkoffer und ging ins Hotelrestaurant, um sich ein großes Steak zu bestellen.
    Beim Essen faßte er den Entschluß, die letzte Etappe der Jagd noch am gleichen Nachmittag zurückzulegen. Er wollte den Gesuchten am nächsten Vormittag stellen. Er hatte noch immer den Zettel mit der Telefonnummer des Staatsanwalts der Zentralstelle in Ludwigsburg in der Brieftasche –

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