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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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jetzt hätte er ihn anrufen können. Aber zuerst wollte er Roschmann gegenübertreten. Er wollte den Staatsanwalt um die Entsendung eines Zugs Polizeibeamter innerhalb einer halben Stunde bitten, aber an diesem Abend erreichte er ihn möglicherweise nicht zu Hause. Sonntag vormittag war schon richtig, genau richtig.
    Als er schließlich auf den Platz hinaustrat, sein Gepäck im Kofferraum des Jaguar verstaute, den Aktenkoffer auf den Beifahrersitz warf und sich ans Steuer setzte, war es fast 2   Uhr geworden. Der Mercedes, der ihm bis zum Stadtrand von Osnabrück folgte, entging seiner Aufmerksamkeit. Der graue Wagen führ hinter ihm bis zum Schild am Ortsende und stoppte sekundenlang, während sich der Jaguar schnell auf der Landstraße nach Süden entfernte. Der graue Wagen wendete und fuhr in die Stadt zurück.
    Von einer Telefonzelle aus rief Mackensen den Werwolf in Nürnberg an. »Er ist losgefahren«, berichtete er seinem Vorgesetzten. »Ich habe mich davon überzeugt, daß er aus der Stadt raus und mit einem Affenzahn in Richtung Süden abgehauen ist.«
    »Ist Ihr kleines Geschenk für ihn mit eingepackt worden?«
    Mackensen grinste.
    »Das will ich meinen! Ich habe es an der rechten Vorderradaufhängung angebracht. Bevor er auch nur achtzig Kilometer weit gekommen ist, zerreißt es ihn in lauter Stücke, die niemand mehr identifizieren kann.«
    »Gut so«, schnarrte der Mann in Nürnberg. »Sie müssen müde sein, Kamerad. Fahren Sie in die Stadt zurück und legen Sie sich erst mal ein paar Stunden schlafen.«
    Mackensen brauchte keine zweite Aufforderung. Seit Mittwoch hatte er keine Nacht mehr richtig durchgeschlafen.
    Miller legte die achtzig Kilometer zurück und noch weitere hundertsechzig. Eines nämlich hatte Mackensen übersehen. Seine Auslösevorrichtung hätte sicher sehr rasch gezündet, wenn sie in das Radaufhängungssystem einer kontinentaleuropäischen Limousine geklemmt worden wäre. Aber der Jaguar war ein englischer Sportwagen mit weit härterer Radaufhängung. Als er über die Autobahn nach Frankfurt hinunterjagte, wurde die starke Federung oberhalb der Vorderräder, sobald der Wagen über ein Schlagloch oder eine andere Bodenunebenheit raste, zwar leicht zusammengedrückt, und die kleine Glühbirne zwischen den Kiefern des Bombenauslösers zerbarst dabei in winzige Glassplitter. Aber die beiden elektrisch geladenen Hälften des Stahlblattes berührten sich nicht. Bei harten Stößen näherten sie sich einander bis auf wenige Millimeter und rückten dann wieder auseinander. Nichts ahnend von der tödlichen Bedrohung, legte Miller die Strecke über Münster, Dortmund, Köln und Wiesbaden bis kurz vor Frankfurt in knapp vier Stunden zurück. Dann bog er in die Straße nach Königstein und in die verschneiten Wälder des Taunus ein.

Kapitel 15
    Es war schon dunkel, als der Jaguar den Kurort in den südlichen Vorläufern des Taunus erreichte. Ein Blick auf seine Karte klärte Miller darüber auf, daß ihn keine dreißig Kilometer mehr von dem Landsitz trennten, auf dem der ehrenwerte Radiofabrikant das Wochenende verbrachte. Miller beschloß, im Hotel zu übernachten und die Fahrt am anderen Morgen fortzusetzen. Im Norden erhoben sich die verschneiten Berge; entlang der Hauptstraße der kleinen Stadt reihten sich die Lichter und erhellten geisterhaft die Burgruine oberhalb des Städtchens auf einem Hügel, wo einst der Sitz, der Grafen von Falkenstein gewesen war. Der Himmel war klar, aber ein eisiger Wind kündigte weitere Schneefälle für die Nacht an.
    Miller hielt vor dem Park-Hotel an der Ecke Hauptstraße und Frankfurter Straße und fragte, ob ein Zimmer frei sei. Kneipp-Kuren haben im Februar sehr viel weniger Reiz als in den Sommermonaten, und so hätte er um diese Jahreszeit ganze Zimmerfluchten mieten können.
    Der Portier riet ihm, den Wagen auf dem von Bäumen und Büschen gesäumten kleinen Parkplatz hinter dem Hotel abzustellen. Miller nahm ein Bad und ging zum Abendessen in den Gasthof Zum Grünen Baum an der Hauptstraße. Das Lokal zählte zu dem runden Dutzend ausgezeichneter Restaurants, die der Kurort zu bieten hatte.
    Seine Nervosität setzte unvermittelt beim Essen ein. Als er das Weinglas zum Mund führte, zitterten seine Hände. Das lag teils an der Erschöpfung, dem Mangel an Schlaf in den letzten vier Tagen, in denen er sich jeweils nur für eine oder zwei Stunden hatte hinlegen können – aber es war auch eine verzögerte Reaktion auf die nervliche Anspannung.

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