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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Kapitän wollte anscheinend vor Anbruch der Dämmerung außerhalb des Rigaer Meerbusens sein, um nicht von patrouillierenden russischen Stormoviks gesichtet und bombardiert zu werden …
    Es dauerte drei Tage, bis wir Danzig erreichten, das zu der Zeit noch weit hinter den deutschen Linien lag. Drei Tage verbrachten wir in einer schlingernden Hölle unter Deck, ohne Verpflegung und ohne Wasser. In diesen drei Tagen starb jeder vierte der viertausend Häftlinge. Zu essen gab es nichts, deswegen konnten wir uns auch nicht erbrechen; trotzdem drehte sich allen vor Seekrankheit der Magen um. Viele starben an Erschöpfung durch das ständige Würgen; andere vor Hunger, Kälte oder Sauerstoffmangel; einige auch, weil sie ganz einfach den Willen zum Leben verloren – sie streckten sich aus und ergaben sich dem Tod.
    Und dann standen die Schiffsmaschinen still, die Ladeluken wurden geöffnet, und eisige Winterluft strömte in die stinkenden Laderäume. Als wir in Danzig auf den Kai hinausgetrieben wurden, mußten wir die Toten neben uns auf den Boden legen. Die Gesamtzahl der Häftlinge mußte mit der von Riga bei der Einschiffung übereinstimmen. Mit dem Zählen nahm es die SS immer sehr genau.
    Später erfuhren wir, daß die Russen Riga am 14.   Oktober eingenommen hatten, als wir uns noch auf See befanden …
    Taubers qualvolle Odyssee ging ihrem Ende zu. Von Danzig aus wurden die überlebenden Häftlinge in Schuten zum nahen Konzentrationslager Stutthof gebracht, und bis Anfang Januar 1945 war Tauber nachts im Lager, und am Tage arbeitete er in der U-Boot- Werft von Burggraben. Weitere Tausende von Häftlingen starben in Stutthof an Unterernährung. Als die Russen im Januar 1945 auf Danzig vorrückten, traten die Überlebenden von Stutthof den berüchtigten Todesmarsch nach Westen an. Überall in den östlichen Provinzen Deutschlands wurden diese Gespensterkolonnen über winterliche Landstraßen in Richtung Berlin getrieben. Sie waren von der SS bewacht und dienten der SS als Freibrief für ihre Flucht nach Westen. Der Weg dieser Kolonnen war von Leichen gesäumt, denn in Frost und Schneetreiben starben die Häftlinge wie die Fliegen.
    Tauber überlebte auch das, und die Reste seiner Marschkolonne erreichten schließlich Magdeburg, wo ihre SS-Wachen das Weite suchten. Sie brachten sich in Sicherheit. Taubers Gruppe wurde in das Magdeburger Stadtgefängnis eingeliefert und ratlosen alten Wärtern übergeben. Sie wußten nicht, womit sie ihre Gefangenen verpflegen sollten, und hatten panische Angst vor dem Gedanken, wie die Alliierten reagierten, wenn sie die Gefangenen in diesem Zustand vorfanden. Deswegen erlaubten die Aufseher den Häftlingen, die noch einigermaßen bei Kräften waren, in der näheren Umgebung der Stadt Lebensmittel zu »organisieren«.
    Zuletzt hatte ich Eduard Roschmann in Danzig gesehen, als wir auf dem Kai abgezählt würden. Er trug einen warmen Offiziersmantel mit Pelzkragen und bestieg einen Kraftwagen. Ich dachte, ich würde ihn nie Wiedersehen, aber ich sollte ihm noch ein allerletztes Mal begegnen. Das war am 3.   April 1945.
    An jenem Tag hatte ich mit drei anderen Häftlingen in der Gegend von Gardelegen, einer Kleinstadt in der Nähe von Magdeburg, einen Sack voll Kartoffeln zusammengebettelt. Wir waren auf dem Rückweg zur Stadt, als sich uns aus Richtung Gardelegen ein Wagen näherte. Ich trat an den Straßenrand, um ihn vorbeizulassen, und blickte dem Wagen ohne sonderliches Interesse entgegen. Im Wagen saßen vier SS-Führer; sie waren auf der Flucht vor dem Feind. Neben dem Fahrer zog sich ein Mann die Uniformjacke eines Unteroffiziers der Wehrmacht an. Das war Eduard Roschmann. Er erkannte mich nicht, denn ich trug eine Kapuze aus einem alten Kartoffelsack gegen den kalten Frühjahrswind. Aber ich, ich hatte ihn erkannt. Da gab es nicht den leisesten Zweifel.
    Und zweifellos wechselten alle vier Männer in dem Wagen auf der Fahrt in den Westen ihre Uniformen. Der Wagen fuhr schnell. Etwas flatterte aus dem Fenster und flog in den Staub der Straße. Ein Kleidungsstück. Wir kamen zu der Stelle, wo es lag, und bückten uns, um es genauer anzusehen. Es war die Uniformjacke eines SS-Führers mit dem zweifachen silbernen Runenzeichen und den Rangabzeichen auf den Kragenspiegeln. Sie hatte einem SS-Hauptsturmführer gehört. Eduard Roschmann, der Schlächter von Riga, war untergetaucht …
    Vierundzwanzig Tage danach kam die Befreiung. Wir wagten uns nicht mehr hinaus und blieben

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