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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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der.«
    Miller ging, um sich in der Nachbarschaft umzuhören. Wie sich herausstellte, erinnerten sich die meisten Leute an den alten Mann. Sie hatten ihn tagtäglich auf der Straße gesehen, mit gesenktem Kopf, darauf eine Wollmütze, die Hände in Wollhandschuhen, aus denen die Fingerspitzen hervorschauten.
    Drei Tage lang durchforschte Miller die Gegend, in der Tauber gelebt hatte; er fragte im Milchladen, im Gemüsegeschäft, im Fleischerladen, in der Bierkneipe und im Tabakgeschäft nach und fing den Briefträger und den Milchmann ab. Es war Mittwochnachmittag, als er mit den Straßenjungen ins Gespräch kam, die vor der Mauer des Lagerhauses Fußball spielten.
    »Was, den Mann, den mein Alter den bekloppten Itzig nennt?« entgegnete der Anführer der Gruppe auf Millers Frage. Die anderen Jungen scharten sich um ihn.
    »Ja, der«, sagte Miller. »Der verrückte Itzig.«
    »Der hatte sie nicht alle«, erklärte einer der Jungen. »Wie der immer so komisch durch die Gegend latschte.« Der Junge zog den Kopf zwischen die Schultern, schlug den Jackenkragen hoch und machte ein paar schlurfende Schritte, wobei er halblaut vor sich hinmurmelte und verstohlene Blicke in die Runde warf. Die anderen Jungen lachten wie verrückt, und einer schubste den Jungen, der Tauber nachahmte, im Spaß zu Boden.
    »Hat einer von euch ihn mal mit irgend jemand anderem zusammen gesehen? Mit einem Mann?«
    »Warum wollen Sie denn das wissen?« fragte der Anführer argwöhnisch. »Wir haben ihm doch nichts getan.«
    Miller zog ein Fünfmarkstück aus der Hosentasche, warf es spielerisch in die Luft und fing es wieder auf. Acht Augenpaare richteten sich auf die blinkende Münze in seiner flachen Hand. Acht Jungen schüttelten zögernd die Köpfe. Miller drehte sich um und ging.
    »Hallo!«
    Er blieb stehen und sah sich um.
    Der kleinste Junge der Gruppe hatte ihn eingeholt. »Ich habe ihn einmal mit einem Mann gesehen. Sie haben geredet. Sie haben dagesessen und geredet.«
    »Wo war das?«
    »Unten an der Elbe. In den Grünanlagen. Da sind Bänke. Sie haben auf einer Bank gesessen und sich unterhalten.«
    »Wie alt war er, ich meine, der andere?«
    »Sehr alt. So mit ganz viel weißem Haar.«
    Miller warf ihm die Münze zu; er war überzeugt, daß er sie verschwendet hatte. Aber er ging dennoch zur Elbe hinunter und blickte aufmerksam flußauf- und flußabwärts über die Grünanlagen in beiden Richtungen. Er sah ungefähr ein Dutzend Bänke, auf denen im Sommer meistens Rentner und alte Frauen saßen und den ein- und auslaufenden Schiffen zusahen; aber jetzt, Ende November, waren die Bänke leer.
    Am diesseitigen Elbufer im Fischereihafen hatte ein halbes Dutzend Nordseekutter festgemacht und löschte die Fracht, frische Heringe und Makrelen.
    Miller kannte die Gegend hier gut. Während der Bombenangriffe auf Hamburg war er, noch ein Junge, auf einen Bauernhof evakuiert worden. Zurück in der zerstörten Stadt, wuchs er zwischen den Trümmern und Ruinen auf. Sein liebster Spielplatz war das Gelände dieses Fischereihafens am Altonaer Ufer gewesen.
    Er hatte die Fischer, rauhe, freundliche Männer, die nach Teer und Salz und Pfeifentabak rochen, sehr geschätzt. Er fragte sich bestürzt, wie es möglich war, daß ein und dasselbe Land Männer vom Schlag Eduard Roschmanns und Männer wie diese Fischer hervorbringen konnte.
    Dann konzentrierte er seine Gedanken wieder auf Tauber. Wie und wo konnte der alte Mann seinen Freund Marx kennengelernt haben? Erst als er wieder in seinem Wagen sag und an einer Tankstelle in der Nähe des Altonaer Bahnhofs hielt, kam er auf die Lösung. Es war eine zufällige Bemerkung, die ihn auf die richtige Fährte brachte, wie so oft. Der Tankwart wies ihn darauf hin, daß der Preis für Superkraftstoff schon wieder erhöht worden war, und er fügte leutselig hinzu, daß das Geld von Tag zu Tag weniger wert sei. Damit ging er in sein Büro, um Millers Schein zu wechseln. Und Miller starrte auf die geöffnete Brieftasche in seiner Hand, als sähe er sie zum erstenmal. Miller dachte nach.
    Geld. Woher hatte Tauber sein Geld bezogen? Gearbeitet hatte er nicht. Die Wiedergutmachungszahlungen der Bundesrepublik, die ihm zustand, wollte er nicht annehmen. Trotzdem hatte er immer seine Miete pünktlich bezahlt. Und Geld zum Leben mußte er auch gehabt haben. Er war nur sechsundfünfzig Jahre alt geworden, also konnte er keine Altersrente bezogen haben – vermutlich aber wohl eine Invalidenrente.
    Miller steckte das

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