Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
meine Variante. Hörst du mir zu?“ Lukas stierte in die Nacht hinaus und sah aus wie ein Mann, der die Grenze dessen, was man ertragen konnte, erreicht hatte.
„Ja, ich bin ganz Ohr“, knurrte er.
„Gut. Alles dreht sich um diese Akte.“ Jules klopfte auf seinen Sitz. Lukas bemerkte jetzt, dass eine dunkle Aktentasche halb darunter geschoben war. Jules sprach weiter: „Rabea hat vor zwei Jahren im Irak ein gefährliches Geheimnis entdeckt. Eine Menge Leute sind dahinter her. Als sie mir davon erzählte, habe ich ihr dringend geraten, die Akte zu vernichten oder unterzutauchen, wenn ihr ihr Leben lieb wäre. Rate mal, wofür sich unsere Freundin entschieden hat. Die Idee, ihren Tod vorzutäuschen, stammt von mir. Etwas Besseres, um sie aus der Schusslinie zu bringen, fiel mir auf die Schnelle nicht ein. Sie waren ihr auf der Spur. Rabea hat sich die letzten Jahre an wechselnden Orten versteckt. Aber sie hat nicht auf mich gehört, sondern weiter im Schlamm gewühlt. Warum sollte sie auch, es ging ja nur um ihr Leben“, gestattete sich Jules etwas Sarkasmus. „Jetzt haben sie sie in Tanger geschnappt und nach London entführt. Die Akte, die ich bei Rabbi Silbermann abgeholt habe, ist ihre Lebensversicherung. Sie selbst hat heute beim Rabbi angerufen und mich gebeten nach London zu kommen. Sie braucht die Akte, um verhandeln zu können. Reicht das als Erklärung, du bornierter Jesuit?“
Lukas starrte Jules an. Der Ex-Agent sah, dass sein Freund sich zumindest bemühte, ihm zu glauben. Sicher half hier nach, dass sich sein Unterbewusstsein wohl nichts sehnlicher wünschte, als Rabea am Leben zu wissen. Lukas Stimmte bebte, als er fragte: „Wer sind sie ?“
„Ich bin mir nicht sicher. Die Unterlagen sind verschlüsselt und ich hatte keine Zeit, sie mir anzusehen. Laut Rabea ist sie einem geheimem Wirtschaftskonsortium unter amerikanischer Führung auf der Spur gewesen, das Saddam Hussein trotz Totalembargo mit allem beliefert hat, was Diktatoren zur Machterhaltung so brauchen. Das Ganze mit Wissen der CIA.“
In Lukas Kopf arbeitete es sichtlich. „Du meinst, Rabea hat Beweise gesammelt, dass Amerikaner, während ihr eigenes Land den Einmarsch in den Irak vorbereitet hat, illegal Waffen hineingeschmuggelt haben? Und dieses geheime Konsortium jagt sie jetzt?“
„Nicht nur. Auch die CIA hat verständlicherweise ein Interesse daran, dass nichts über ihre Beteiligung bekannt wird. Ihr Ruf ist ja nicht der allerbeste.“ Jules erlaubte sich einen süffisanten Unterton: „Dazu alle Amerika-Hasser, wie die Iraner, die Syrer, die Saudis sowie sämtliche Terrororganisationen, die den heiligen Krieg gegen Amerika ausgerufen haben. Die üblichen Verdächtigen. Kurz, die halbe Welt ist aus den verschiedensten Gründen hinter Rabea und der Akte her.“
„Und wie kommt Rabbi Silbermann hier ins Spiel?“, erkundigte sich Lukas, der immer noch mit seinem Misstrauen kämpfte. Das, was Jules ihm hier erzählte, war zu abenteuerlich, einfach ungeheuerlich. Ein Spiel mit dem Feuer. Und Rabea leider durchaus zuzutrauen.
„Durch Rabbi Rosenthal, natürlich. Rabbi Silbermann fungierte manchmal als Mittelsmann, allerdings ohne von Rabea zu wissen. Apropos, Fonton hat mich verfolgt?“
„Ja. Er hat am Flughafen auf mich gewartet und mir die Einstiegsluke geöffnet.“
„Warum ist er nicht mit dir mitgekommen?“
„Weil ich ihn weggeschickt habe. Ich wollte das alleine mit dir klären.“
Jules grinste. „Ich verstehe. Du hattest mich also noch nicht so verteufelt, um mich dem finsteren SAS-Commander auszuliefern. Obwohl ich sagen muss, dass Kaschinskis Einflüsterungen gute Arbeit bei dir geleistet hatten. Freund …“
Lukas sah betreten auf seine Schuhspitzen. „Du hast Recht. Ich habe mich wie ein Idiot benommen. Lucie wird mich vierteilen.“
„Mindestens.“ Jules grinste immer noch. Er war nicht nachtragend. „Wenn man bedenkt, dass die van Kampen, Kaschinski und dieser verrückte Teenager dich mit ihren Spielchen die letzten beiden Tage quer durch die Hölle gejagt haben, dazu Magalis rätselhaftes Verhalten, dann hast du dich nicht übel geschlagen.“
„Danke für die Absolution. Das war doch eine, oder?“
„Mindestens“, wiederholte Jules.
„Und wie geht es jetzt weiter?“
„Eines nach dem anderen.“
Lukas stöhnte auf. „Ich meinte, was machen wir als Nächstes?“
„Als Nächstes landen wir in Biggin Hill, schnappen uns ein Taxi und fahren in die Innenstadt.“
„Jules
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