Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Aber sie hat sich unserer Sache angeschlossen. Sie wollte einen Novizen aus ihrer Lanze heiraten. Ich glaube nicht, dass sie eine gute Prinzessin im Fjordland abgeben wird. Sie haben sie geholt … Aber Gishilds Herz ist noch hier bei uns. Da wird es immer sein. Und dich, Ahtap, dich haben sie vergessen. Oder sie halten dich für tot. Oder für verschollen auf den Zauberpfaden, von denen du mir einmal erzählt hast. Vielleicht denken sie auch, dass du einfach nur abgehauen bist.«
Der Kobold blickte auf.
Zum ersten Mal, seit Honoré die Zelle betreten hatte. Endlich! Er würde ihn herumkriegen. Und das größte Stück Arbeit auf diesem Weg hatten ihm die Anderen abgenommen.
»Ich weiß, dass du kein Fahnenflüchtiger bist. Du hast deiner Königin immer treu gedient. Warst ein guter Kundschafter. Aber du weißt auch, wie man in Albenmark von den Lutin denkt. Dein Volk hat keinen guten Ruf. Weißt du, dass sie draußen auf dem Gang waren? Sie hätten nur den Riegel deiner Kammer zurückschieben müssen. Ein einziger Handgriff, und du wärest frei gewesen. Aber sie haben dich
längst aufgegeben. Es ist besser, wenn du der Wahrheit ins Gesicht siehst. Diese kleine Prinzessin, die wollten sie haben, obwohl sie zu uns übergelaufen ist. Aber dich, Ahtap, der du dich all die Jahre gewehrt hast …« Honoré lächelte. »Ja, ich weiß, mir machst du nichts vor. Nach dem Vorfall mit dem Troll hast du dein Schweigen gebrochen. Aber ich kenne alle Protokolle von deinen Befragungen. Du hast nichts wirklich Bedeutsames verraten. Meine Ordensbrüder magst du vielleicht geblendet haben, mich aber nicht! Du weißt, wer ich bin. Lug und Täuschung sind mein tägliches Geschäft. Es tut weh, nicht wahr? Du hast ihnen immer die Treue gehalten, so gut es nur ging. Und was ist der Dank? Sie haben dich vergessen!«
Honoré ließ seine Worte wirken. Der fuchsköpfige Kobold hatte aufgehört, sich vor und zurück zu wiegen.
»Weißt du, warum du keine Leiter bekommen hast, um aus dem Fenster zu schauen, Ahtap?«
Der Kobold blickte auf, sagte aber immer noch nichts.
»Leon, der alte Ordensritter, der dich oft besucht hat, hatte Angst, du würdest sie nutzen, um dir das Leben zu nehmen. Er hat befürchtet, du würdest dein Bettlaken am Fenstergitter festbinden und dich erhängen. Du hast wahrscheinlich gedacht, wir würden dir die Leiter verweigern, um dich zu quälen. Das Gegenteil war der Fall. Wir wollten dich schützen.« Honoré bedachte den Lutin mit einem wohleinstudierten Lächeln. Warmherzig und offen sollte es wirken. »Du siehst, deine vermeintlichen Feinde haben sich um dein Leben gesorgt, und deine vermeintlichen Freunde haben mit deinem Leben abgeschlossen und halten dich für tot. Manchmal schlägt das Leben verrückte Kapriolen, nicht wahr?«
Ahtap sagte immer noch nichts, aber Honoré konnte förmlich
spüren, wie der innere Widerstand des Kobolds zu bröckeln begann.
»Leon, der alte, weißbärtige Ordensbruder, ist tot. Eine Menge Dinge werden sich nun ändern. Ich möchte mehr Klarheit haben.«
Die Schnauzhaare des Lutin zuckten. Mit einem Mal war er wieder misstrauisch. Honoré lächelte in sich hinein. Jetzt würde er zum entscheidenden Schlag ausholen. »Du möchtest aus dem Fenster schauen, Ahtap?«
Der Kobold legte den Kopf schief. Gespannt sah die Missgeburt ihn an.
Honoré klatschte in die Hände. Die Tür ging auf, und ein Diener trat ein. Er trug eine Leiter, lehnte sie an die Wand unter dem Fenster, tauschte einen kurzen Blick mit Honoré, um sich zu vergewissern, dass er alles richtig gemacht hatte, und ging wieder hinaus.
»Ich werde dich nicht laufen lassen, Ahtap, denn dann würdest du dich womöglich wieder den Feinden meines Ordens anschließen. Wenn es dir aber lieber ist, deinem Leben ein Ende zu setzen, als unser Gefangener zu sein, dann will ich dich nicht aufhalten. Es liegt also bei dir, ob du die Leiter nutzt, um die Aussicht zu genießen oder um jeder Hoffnung auf Genuss für immer zu entsagen. Deine Elfenfreunde haben mit dir abgeschlossen. Ich aber strecke dir meine Hand hin. Ich werde bald mächtiger als ein Fürst sein. Und du könntest in mir einen neuen Freund haben. Ich hoffe, du wählst das Leben, Ahtap. Ich schätze Loyalität. Und ich glaube, du bist sehr loyal. Aber bitte bedenke, Treue ist nur dann etwas wert, wenn man sie gegenseitig hält. Deine Loyalität nimmt deine Freunde in die Pflicht. Und wenn du mein Mann gewesen wärst, ich hätte dich nicht so leicht
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