Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Heptarchen und werden unsere Kirche mit all unseren Kräften im Krieg gegen die Heiden unterstützen!«, fuhr sie den Kapitän an. Sie hatten keine andere Wahl, als sich zu fügen. In Drusna hatte Lilianne nicht überschauen können, welche Konsequenzen ihr Handeln für die Macht ihres Ordens haben sollte. Dieses Mal würde sie vorsichtiger sein!
Alvarez fügte sich. Er trat auf den Laufsteg zwischen den Ruderbänken und gab den Männern Befehl, auf der hölzernen Landungsbrücke Aufstellung zu nehmen.
Der junge Hauptmann schien ein wenig enttäuscht zu sein, dass seine Befehle ausgeführt wurden. Er nickte ihr zu. »Es war … aufschlussreich, dir einmal persönlich begegnet zu sein, Schwester Lilianne.«
Sie erwiderte seinen kargen Gruß. »Danke. Ich bin mir sicher, wir werden uns noch ein zweites Mal über den Weg laufen, Bruder Louis de Belsazar.«
Ihre Bemerkung löschte sein selbstsicheres Lächeln. Plötzlich hatte er es eilig, das Schiff zu verlassen.
»Wie konntest du ihm unsere Besatzung überlassen?«, fuhr Michelle sie an, kaum dass Louis außer Hörweite war.
»Ich diskutiere meine Befehle nicht«, antwortete sie kühl.
»Aber du …«
»Ich glaube, es ist an der Zeit, hier wieder etwas Disziplin herzustellen. Du wirst Buße tun und hier vor aller Augen eine Prise Schießpulver schlucken. Und das sofort!«
»Was? Du bist ja wohl von Sinnen. Du …«
Lilianne sah die anderen Ritterbrüder an. Keiner sagte etwas, aber Zweifel stand ihnen ins Gesicht geschrieben. »Schwester Sibelle, reiche mir bitte dein Pulverhorn. Michelle, streck deine Hand vor!«
Lilianne maß eine kleine Prise feinkörniges Schwarzpulver auf der Handfläche ihrer Schwester ab. »Schlucken!«
Michelle würgte das Pulver hinab und sah sie mit zornblitzenden Augen an.
»Drustan, deine Hand!«
»Ich hab doch gar nichts …«
»Genau«, sagte Lilianne. »Du hast mich maßlos enttäuscht, indem du alle Frechheiten von Bruder Louis ertragen hast, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken!«
»Aber …«
»Deine Hand! Und dann ruft mir Alvarez!« Eigentlich tat ihr Drustan leid, aber er würde besonders elend aussehen. Unrasiert, dürr und einarmig, wie er war. Lilianne hatte den Kampf um die Windfänger keineswegs aufgegeben, aber sie wusste, dass List die einzige Waffe war, die ihr in diesem Gefecht blieb. Und sie genoss es, nach zwei Jahren wieder in den Kampf zu ziehen. Auch ohne Pulverdampf und das Lied der Klingen ging es um Leben und Tod.
EINE ANDERE ART VON KRIEG
Erneut hatte schwerer Regen eingesetzt. Alle Fackeln auf dem Landesteg des alten Hafens waren verloschen. Das Licht der wenigen Blendlaternen war nichts als verwaschene Flecken in der Finsternis. Sie verrieten, wo die Wachen standen. Den Wachen jedoch enthüllten sie nur wenig von den Geheimnissen der Nacht.
Lilianne hatte einen Mantel aus steifem Ölzeug angelegt. Darunter trug sie ihre prächtige Brustplatte aus der Zeit der ruhmreichen Schlachten in Drusna, dazu ein Wams mit geschlitzten Ärmeln, von dem sie wusste, dass sie darin auf kriegerische Art gut aussah.
Ihr Rapier ragte wie ein Skorpionstachel unter dem Mantel hervor. Sie würde die Waffe nicht ziehen, obwohl sie in dieser Nacht in den Krieg zog – zum ersten Mal seit zwei endlos langen Jahren. Das Rapier rundete ihre Erscheinung ab. Anders der breitkrempige Hut, den sie von Alvarez geliehen hatte. Er war unpraktisch, fand sie. Der Regen sammelte sich in der steifen Krempe und floss als stetes Rinnsal dicht vor ihrer Nase ab.
Die Windfänger lag im Dunkel. Die großen Laternen waren verloschen. Lilianne wusste, dass achtern und beim Bug je zwei Wachen standen. Sehen konnte sie sie nicht. Das große Schiff lag seltsam still. Ohne Ruderer und Seeleute waren nur noch die Deckoffiziere, die Novizen und die Seesoldaten geblieben. Für sie bot die Windfänger mehr als genug Platz. Sie hatten unter Deck Schutz vor dem Regen gesucht. In dem Unwetter würde kaum jemand einen Schritt aus seinen vier Wänden heraus wagen. Das war ideal für Liliannes Plan.
Die Ritterin blickte zu ihren drei Mitverschwörern. Sie duckten sich im Regen. Michelle und Drustan hatten auf Hüte verzichten müssen. Alvarez trug einen stählernen Morion, einen hochgewölbten Helm mit steiler Krempe, auf dem der Regen wie Trommelschlag erklang. Er wirkte kriegerisch, so wie sie. Die anderen beiden sollten durchnässt und elend aussehen! Es war schwer gewesen, sie zu überzeugen. Vor allem Drustan … Aber er würde besonders
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