Die Albertis: Roman (German Edition)
Ebba.
«Er wird mal Klatschkolumnist!», sagte Anne und gab ihrem Sohn einen Klaps auf den Po. «Jetzt sag deinem Vater und Edward Bescheid.» Sie ließ die Spaghetti aus dem Pappkarton in das sprudelnde Salzwasser gleiten.
«Tänzer!», rief Luis vergnügt, drehte eine Pirouette und rannte endlich aus der Küche. «Oder zum Film! «
«Wie du das nur aushältst, rund um die Uhr!» Ebba fischte sich ein Salatblatt aus der Glasschüssel und sprach mit vollem Mund weiter: «Jetzt könnte ich doch einen Vino vertragen. Aber vorher sagst du mir noch schnell: Geht es dir gut, Annette? Bist du glücklich? Sag schon!»
Anne nahm einen Gavi di Gavi aus dem Kühlschrank und zwei Weingläser aus dem Regal, öffnete die Flasche, goss sich und ihrer Freundin ein, und stieß mit ihr an.
«Sehr!»
«Ich kann es immer noch nicht glauben: Meine beste Freundin! Du wirfst alles über den Haufen, was ich an Wertvorstellungen mit mir herumtrage. Du warst eine ... eine Madonna!»
Anne winkte ab. «Aber dann eine mit Schönheitsfehlern.»
«Du hast noch mehr abgenommen.»
«Sieht man das?»
Ebba nickte und dachte: Ich könnte auch gut ein paar Pfund weniger vertragen. Vielleicht ist mein Leben in Wahrheit viel zu langweilig und gemütlich. Vielleicht brauche auch ich dringend mal wieder jemanden, der etwas Aufregung in mein Leben bringt.
«Paul hat mich nach Capri eingeladen!», sagte Anne mit gedämpfter Stimme. Das Nudelwasser kochte zischend über, sie sprang auf, um das Gas herunterzudrehen. «Übernächste Woche.» Sie breitete ihre Arme weit aus. «Fünf Tage Capri. Nur er und ich.»
«Wie soll das denn gehen?»
«Du musst mir helfen, Ebbalein.» Sie kam an den Tisch zurück, «Wolf geht zur Buchmesse, weißt du ja ...»
«Und ich hüte deine Bestien ein? Vergiss es, Baby!»
Anne schüttelte den Kopf: «Aber nein! Du sollst Wolf nur glaubhaft versichern, du und ich würden ... dass ich mit dir irgendwohin fahre, ans Meer, in die Heide, nach Berlin, was weiß ich.» Voller Selbstverständlichkeit trug sie das vor, nicht fragend, sondern fordernd. Ein Ton von Impertinenz lag darin, eine Haltung wie : Jetzt bin ich mal dran, nicht du.
So jedenfalls kam es bei Ebba an. Sie rieb sich das Genick, drehte ihren Kopf hin und her, als müsse sie etwas einrenken. Dann drückte sie an den Seiten ihre Haare zurecht. «Anne, es tut mir Leid, das mache ich nicht. Freundschaft hin oder her. Ich finde, du gehst über Eisschollen, die jeden Moment brechen können. Ich will und ich kann dem nicht Vorschub leisten. Das geht mir zu weit. Wir sind ja keine Teenies mehr. Es ist dein Leben, das sind deine Entscheidungen. Du hast gegen meinen Rat gehandelt, du steckst richtig tief in der Scheiße, Darling, und dein Problem ist, dass du es nicht einmal weißt. Ich mag deine kleine, runde Familie, auch wenn ich manchmal den Eindruck erwecke, dem sei nicht so. Ich liebe diesen süßen Gangster Luis, ich schätze Pavel, seine Sensibilität, sein bedachtes Wesen. Und dass ich Edward ins Herz geschlossen habe, als wäre er mein Sohn, weißt du selbst.»
«Sei doch nicht so kitschig! Ins Herz geschlossen. Meinen Sohn. Das Erste, was ich höre.»
Es war, als hätten sie die Rollen getauscht. Auf einmal war Ebba die Redliche, Vernünftige, Vorsichtige, Liebende. Und Anne die Wilde, Ausbrechende, Durchgeknallte.
«Und mir tut auch Wolf Leid. Ich bin kein Fan von ihm, aber was du jetzt veranstaltest, nur weil er dich in den letzten Jahren nicht mehr ...» Sie unterbrach sich vorsichtshalber, denn Annes Gesicht verfinsterte sich, «... nicht mehr mit dir schläft!»
«Ebba!» Anne wurde laut. «Das geht jetzt echt zu weit.»
«Wer hier wohl zu weit geht!» Auch Ebba hob ihre Stimme.
«Bitte!», mahnte Anne. «Hier haben die Wände Ohren, ich möchte nicht, dass ...»
«Was möchtest du nicht? Was möchtest du nicht? Sag mir das mal. Ich höre immer nur, seit Jahren, was du möchtest. Jetzt nimmst du dir, was du immer wolltest ...»
«Und wozu du mir immer geraten hast, du Unschuldsengel!», unterbrach Anne zickig.
«Nur die Konsequenzen willst du nicht tragen.» Ebba goss sich Wein nach. «Wir sind sicher grundverschieden, du und ich. Aber eines kannst du mir bestimmt nicht vorwerfen: dass ich unehrlich wäre. Ich sage immer die Wahrheit, ich sage immer, was ich denke. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube! Und bestimmt habe ich keine Lust, deine Alibimaschine zu sein! Mich an deinen Spielchen zu beteiligen, die ohnehin zu nichts
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