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Die Albertis: Roman (German Edition)

Die Albertis: Roman (German Edition)

Titel: Die Albertis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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stellte die Rosen in eine Kristallvase, die sie mit Wasser füllte. Dann machten sie eine Palastbegehung, wie Ebba es nannte. Im Keller stand Frau Merk vor dem Bügelbrett, die Waschmaschine lief, und sie bügelte Pauls Hemden. Anne machte die Frauen miteinander bekannt. Frau Merk gab sich gegenüber Ebba jovial. Sie fragte, ob ihre Hilfe oben benötigt würde, was Anne verneinte, und widmete sich dann wieder ihrer Arbeit. Danach gingen sie ins Esszimmer, und Ebba inspizierte die Hofer-Gemälde.
    «Geschmack scheint er zu haben!», konstatierte sie. «Und Geld.»
    «Was redest du dauernd über Geld?»
    «Wo ist dein Paul?»
    Anne zeigte auf die Tür im Zwischenflur. «In der Praxis. Er kommt nachher.»
    «Und alle anderen?»
    «Luis ist bei einem Klassenkameraden, Pavel bei der Arbeit ... die Mädchen sind beim Reiten ... die Große ist sowieso kaum zu Hause, sie hängt meistens bei ihrem Freund, einem gewissen Stivi ...»
    «Kannte ja auch mal einen, wie du weißt!», unterbrach Ebba sie. «Long time ago, Steven.»
    Anne ging darauf nicht ein: «Na ja, Anuschka, das ist eine andere Geschichte, ich habe dir ja von unseren Problemen erzählt.»
    «Und Eddi?», fragte sie ironisch.
    «Lass ihn das bloß nicht hören, Ebba, er lungert oben rum, in seinem Zimmer, komm ...»
    Über die Treppe gelangten sie in den ersten Stock. Nachdem Ebba alle Räume gesehen hatte, stiegen sie zu Edwards Studio hoch. Seine Mutter klopfte an die Tür.
    «Ja?», kam es von drinnen gelangweilt.
    «Ebba ist da. Dürfen wir reinkommen?»
    «Klar!» Das klang schon fröhlicher. Edward öffnete. Er trug enge, verwaschene Jeans, ein weißes T-Shirt und war barfuß. Sein Haar war ungekämmt und zerzaust, er hatte wohl geschlafen, vermutete seine Mutter. Er und Ebba sahen sich an. Anne war ein wenig irritiert, dass sie einfach so stehen blieben und kein Wort sagten, und drängelte sich an ihnen vorbei ins Studio.
    «Er hat das schönste Zimmer von allen, der Herr Abiturient.»
    Ebba reagierte nicht. «Bist du noch mal gewachsen?», fragte sie. «Oder bin ich geschrumpft?» Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. Er lachte nur und schob sie in sein spartanisch eingerichtetes Zimmer. An den Wänden, von denen die meisten ohnehin schräg waren, hingen keine Bilder, keine Poster, keine Plakate. Es gab ein modernes Messingbett, zwei Fünfziger-Jahre Cocktail-Sessel in Orange und Lila, einen Birkenholzschreibtisch mit Computer und sorgfältig hoch gestapelten Papieren und Büchern und mit einem überraschend modernen Stahlstuhl davor, eingebaute Regale, in denen, ordentlich sortiert, Edwards Bücher standen. Auf dem Bett lagen ein halbes Dutzend bunter Kissen und Unterlagen einer amerikanischen Universität. «Er kommt nach seinem Vater!», meinte Ebba fröhlich.
    «Was machst du überhaupt?», wollte Anne wissen.
    Er zeigte zum Bett: «Ich studiere den Kram da.»
    «Na, wenigstens studierst du was!» Anne ging zum angrenzenden kleinen Bad.
    «Ist heute aus Dayton, Ohio, gekommen», erklärte Edward.
    «Im Moment hat er gerade die feste Absicht, in Amerika zu studieren, Wirtschaft.»
    «In Dayton, Ohio? Wieso willst du denn nach Dayton, Ohio, das ist doch tiefste Provinz!», sagte Ebba und folgte Anne, um sich das Bad anzugucken.
    «Nur so 'ne Idee...», antwortete er knapp.
    «Möchtest du Tee mit uns trinken?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Ebba hat dir ein Geschenk mitgebracht.»
    «Danke.»
    Sie gingen wieder. In der Tür blieb Ebba noch einmal kurz stehen: «Besuch mich doch endlich mal, wenn du das nächste Mal wieder in Hamburg bist. Ich lade dich zum Essen ein.»
    «Okay.»
    «Okay?»
    Er blieb einsilbig, er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, hatte das Gefühl, Anne und Ebba würden ihn kontrollieren. «Wir sehen uns.» Er ließ sich auf sein Bett fallen.
    «Wir sehen uns.»
    Auf dem niedrigen thailändischen Tisch, der zwischen den beiden Sofas in der Fensternische stand, hatte Anne für die Teestunde mit ihrer Freundin gedeckt. Sie goss Ebba Tee ein, zerteilte den Apfelkuchen, gab sich und ihrer Freundin ein Stück und setzte sich ihr dann gegenüber. Ebba erkundigte sich, wie Annes Söhne mit Paul klarkamen, und Anne erzählte, dass er von Anfang an eine so in sich ruhende, starke Position eingenommen hatte, dass er ihnen keinerlei Angriffsfläche bot, und sie ihn, wenn sie ihn schon nicht liebten und an Vaters statt annahmen, zumindest doch respektierten.
    «Ihre ganze Wut haben sie auf mich abgeladen, aber mittlerweile geht

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