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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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mir deutlich vor Augen stehender Ehrgeiz, Wahrheit zu suchen und zu sprechen, sind das Einzige, was mich dazu bewegt, Ihnen offen Auskunft zu geben.« Sein Blick war stechend, als er fortfuhr. »In dem Jahr, als man Albert Steinhäuser niederstach, ist uns zu Ohren gekommen, dass auch ein anderer Student auf unerklärliche Weise verschwunden ist: Ludwig Gerstel. Man hatte eine interne Untersuchung angeordnet, die auf einen |327| anonymen Hinweis zurückging, dass sich der Verschwundene an Steinhäusers statt im Grab befinden solle. Und in der Tat fand man Gerstel dort liegen.«
    »Woher kam der Hinweis?«
    »Ich sagte es bereits, er war anonym. Doch es gab immer wieder Burschen, die Informationen gegen ein ordentliches Salär an die Universitätsbehörde weitergaben. Nun, wir beschlossen, den Fall stillschweigend zu behandeln, und stellten einen Haftbefehl aus, der Steinhäuser im ganzen Land als Mörder suchen ließ. Man fand ihn, soviel ich weiß, in der Nähe von Königsberg. Die preußischen Behörden hatten bereits im Fall Johnssen gut mit uns zusammengearbeitet und auch Steinhäuser versprachen sie auszuliefern.«
    »Doch man ließ ihn in die Leipziger Irrenanstalt einweisen.«
    »Davon weiß ich nichts. Man sagte uns, er werde nach Weimar geschafft, wo man eine Untersuchung einzuberaumen gedachte. Seitdem habe ich nichts mehr davon gehört. Warum auch? Wenn sich das Geheime Consilium einschaltet, ist der Fall für die Universitätsbehörde abgeschlossen.«
    »Dann erklären Sie mir das.« Hahnemann zog das Dokument der Einweisung aus der Tasche, das er in der Irrenanstalt entwendet hatte, entfaltete es und strich es glatt. Gruner stand auf und beugte sich darüber, während er erblasste.
    »Es sieht aus, als sei es meine Unterschrift. Aber sie ist es nicht«, rief er. »Es handelt sich um eine Fälschung.« Er wollte das Blatt an sich reißen, doch Hahnemann zog es weg.
    »Ich behalte es besser«, sagte er, während er das Dokument sorgfältig in seiner Tasche verstaute. »Was wissen Sie über die Rezeptur des Lebenselixiers?«
    »Was hat das mit Albert Steinhäuser zu tun?«
    »Sagen Sie es mir.«
    »Nein.« Professor Gruner schüttelte vehement den Kopf. »Sie haben eine Frage gestellt, und ich habe Ihnen ausführlich geantwortet. Die Angelegenheit ist hiermit erledigt. Und es wird Ihnen dieses Mal nichts nützen, auf den Tisch zu steigen.« Er stand auf und wies in den Raum. Dieser hatte sich inzwischen geleert bis auf |328| jenen auffallend großen Mann mit gebeugtem Rücken, der ganz in der Nähe scheinbar unbeteiligt an seiner Pfeife zog und in einem Journal blätterte.
    »Ich werde jetzt zu Mittag essen.«
    »Sie können gehen«, sagte Hahnemann in einem Ton, mit dem man einen Bediensteten nach Hause schickte. Doch dann erinnerte er sich seiner guten Erziehung, die ihm manchmal abhandenkam, erhob sich ebenfalls und reichte dem Professor die Hand. »Es war mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu machen. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, das Sie mir mitteilen möchten, so finden Sie mich im Gasthaus
Zum halben Mond

     
    Am frühen Mittag war Albert eingeschlafen. Hufeland hatte ihm etwas Opium gegeben, um ihn ruhigzustellen. In der Früh hatte er versucht, sich mit ihm zu unterhalten, ihm Ruhe und Zuversicht zu spenden, doch das Ergebnis war unbefriedigend. Albert hatte nach eingebildeten Flocken gegriffen und war schließlich laut geworden, hatte Unverständliches gebrabbelt. Plötzlich war er aufgesprungen, im Raum auf und ab gegangen, während er sich schreiend den Kopf hielt. Hufeland verabscheute es, den Patienten zu betäuben, aber blieb ihm eine andere Wahl? Hätte er es dem Knecht überlassen sollen, ihn zu bändigen, während er seiner Aufgabe als Professor nachging und Vorlesungen hielt?
    Er musste sich eingestehen, dass die Behandlung Alberts mehr Kräfte band, als er erwartet hatte.
    Hufelands Schritte hallten über das Kopfsteinpflaster. Die öffentliche Vorlesung über die Makrobiotik war vorüber, an diesem Nachmittag hatten mehr als vierhundert Zuhörer ins große Auditorium gefunden, was bedeutete, dass nahezu die Hälfte aller Studenten, ob Mediziner, Theologen, Philosophen oder Rechtskundler, seinem Vortrag hatte lauschen wollen, was selbst ihn beeindruckte. Er hatte am Ende viele Fragen beantworten müssen, die Lehre um die natürliche Verlängerung des Lebens schlug hohe Wogen. Heute hatte er über den Einfluss des Mitteltons aller Dinge doziert, der für ein langes Leben

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