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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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davon anfangen«, sagte Dürrbaum schmunzelnd, und die kleinen Fältchen um seine Augen wurden tiefer.
    Hufeland atmete erleichtert auf. »Es ist lange her. Aber ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Ich kam aus einer Vorlesung, war zutiefst aufgewühlt von einer unschönen Begegnung. Und plötzlich standen Sie vor mir, wie aus dem Nichts, und sagten mir, ich solle rasch nach Hause gehen. Dort fand ich meine Stube zerstört, inmitten der Unordnung saß Vogt, mein damaliger Kommilitone. Woher wussten Sie das?«
    »Sagen wir, ich habe es geahnt. Doch um das zu erklären, muss ich ein wenig ausholen. Zu jener Zeit war auch mein Neffe Student der Medizin, Sie werden ihn sicher kennen: Martin Ebeling.«
    Hufeland nickte. Das Bild eines hageren Mannes, ähnlich hochgewachsen wie Dürrbaum selbst, erschien vor seinem geistigen Auge. Er kannte ihn, wenn auch nur flüchtig.
    »Ich hatte meiner Schwester versprechen müssen, gut auf ihn aufzupassen«, fuhr Dürrbaum fort. »Der Ruf Jenas war schlecht, wenngleich sich die Professoren nach Kräften bemühten, dem zu widersprechen. Aber was soll ich Ihnen erzählen, Sie haben die Stadt ja selbst erlebt. Martin schien ein fleißiger Bursche zu sein, bis ich bemerkte, dass er sich von seinen Studien ablenken ließ, weit mehr, als mir behagen konnte. Ich beobachtete ihn also und stellte fest, dass er sich mit einer Verbindung herumtrieb, die Sie, lieber Hufeland, wohl gegen sich aufgebracht hatten.«
    Hufelands Herz stockte. »Das wussten Sie?«
    »Ja. Diese Stadt ist klein, man kann sie mit zweitausendzweihundert schnellen Schritten in einer Viertelstunde umrunden. Einem aufmerksamen Menschen kann sich einiges erschließen. Doch die wenigsten achten auf das, was sie umgibt.«
    »Haben Sie noch etwas gesehen, was ich wissen sollte?«
    |332| Hufeland dachte, dass Dürrbaum Gedanken lesen können müsse, denn dieser erriet sogleich, was er meinte. »Sie sprechen vom Tod Ihres Schwagers?« Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich kann nicht überall sein. Meine Beobachtungen mögen sich manchmal auf das Nötigste begrenzen.«
    »Und was wissen Sie von Albert Steinhäuser?«
    Dürrbaum lächelte ihn an, so dass Hufeland das Gefühl beschlich, er könne direkt auf den Grund seiner Seele sehen, was natürlich Unsinn war. Aber der Gedanke, Dürrbaum habe dank seiner besonderen Beobachtungsgabe bemerkt, dass er mit Helene Albert zu sich gebracht hatte, versetzte ihn in höchste Unruhe.
    »Albert Steinhäuser«, begann Dürrbaum vorsichtig, »war keiner dieser oberflächlichen Studenten, deren Leben sich nur ums Vergnügen drehte. Er war ein Beobachter wie ich. Er mag Dinge gesehen haben, die ihn in Schwierigkeiten brachten. Was für Dinge es waren, kann ich nicht sagen, doch ich habe heute Mittag erfahren, dass er irrtümlich für tot gehalten wurde und anscheinend noch lebt und aus einem Irrenhaus entfloh.«
    Hufeland trat einen Schritt zurück. Sein Herz raste. »Woher wissen Sie das?«
    »Ich genieße das besondere Privileg, Zugang zum Professorenclub zu haben. Heute Mittag war ich Zeuge einer ungewöhnlichen Szene. Ein gewisser Samuel Hahnemann befragte Professor Gruner zu Albert Steinhäusers Verbleib. Auf eine höchst amüsante Weise, wenn ich das anmerken darf. Es war das erste Mal, dass jemand den Mut hatte, dem Professor in aller Öffentlichkeit die Stirn zu bieten.«
    »Samuel Hahnemann?«
    »Er sagte, er sei von weit her angereist, um Professor Gruner zu sprechen. Soweit ich es mitbekam, glaubte er, der Professor habe etwas mit Alberts Einweisung in die Leipziger Anstalt zu tun.«
    Hufeland hatte den Eindruck, Dürrbaum wartete auf eine angemessene Reaktion, einen Ausruf des Erstaunens oder des Erkennens, doch er war wie erstarrt. Er nickte immer wieder, bis er sich der Absurdität dieser Reaktion bewusst wurde und fragte, ob Dürrbaum auch wisse, wo man diesen Hahnemann antreffen könnte.
    |333| »Im Gasthaus
Zum halben Mond
«, sagte er beinahe fröhlich und klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern. »Sie werden sicher Ihren Spaß mit diesem Herrn haben.«
     
    Helene kam eben vom Hofbäcker Grellmann, als sie den fremden Geruch in ihrer Wohnung bemerkte. Ein Geruch, der sie an frisches Gras erinnerte oder an das Holz der Tannen.
    Sie lief in die Küche, griff das erstbeste Messer, das sie fand, und ging dann in die Stube, wo Vogt auf der Chaiselongue saß und sie angrinste. Er hatte sich kaum verändert seit seiner Flucht, allein sein Haar hatte sich an der Stirn

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