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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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das letzte Mal sein. Dann erhob er sich und ging zu seinem Platz am Tisch.
    Langsam zog er die dunkle Kapuze über den Kopf und sah zu den anderen, die in ihrer Meditation versunken waren. Schwarzgewandete Männer und Burschen mit andächtigen Gesichtern, die sich nach und nach unter ihren Kapuzen verbargen.
    Die steigende Spannung war spürbar. Der schwere Kelch wurde herumgereicht, manche tranken mehr als nötig, Rauchschwaden waberten durch den Raum. Überall hatte man kleine Tontöpfe aufgestellt, in denen es zündelte, die Luft war durchtränkt vom Atem der Nacht.
    Vogt hob den Kelch an die Lippen und ließ ihn vorüberziehen, ohne davon zu trinken. Er senkte den Blick und stimmte ins beginnende Gebet ein, doch seine Gedanken trieben immer wieder fort. Als er Albert in Leipzig gesehen hatte, war er entsetzt gewesen. Man hatte ihn gehalten wie ein Tier. Der Unrat in der Zelle hatte ihm Übelkeit verursacht, der Zustand des Freundes war grauenhaft, |395| und bei seinem Anblick war ihm das Blut im Körper gefroren. Albert war abgemagert, zerschunden, bei lebendigem Leibe zerfallen. Nie würde er seine Schreie vergessen, als er ihn berührte, um ihn loszubinden.
    Die schlimmste Erkenntnis aber war, dass sein Freund noch unversehrt sein würde, hätte er damals nicht davon erzählt, dass Ludwig Gerstel an seiner statt im Grab lag. Er hatte nie begriffen, warum die Männer vertauscht gewesen waren, aber statt zu schweigen, hatte er sich mit seiner Entdeckung wichtig machen wollen.
    Wie hatte er Hufeland vorwerfen können, dass er seinen Eid brach? Er selbst hatte den Eid gebrochen und nichts Besseres zu tun gehabt, als dem Superior von der Verwechslung zu erzählen. Ein neues Gefühl gesellte sich zu dem der Schuld und nahm ihm beinahe den Atem: Reue.
    Das Gebet war beendet. Der Superior stimmte leisen Gesang an, und einer nach dem anderen fiel darin ein, verließ seinen Platz und ging nach oben, die Treppe hinauf in Richtung Saal. Auch Vogt erhob sich, den sphärischen Tönen zu folgen.
    »Johann?« Vor ihm stand Martin Ebeling und taxierte ihn. »Der Superior möchte, dass du einen Moment bleibst.«
    Das Blut schoss ihm durch den Körper, er wusste, was ihn nun erwartete, nur nicht, wie schlimm es sein würde. Doch er war vorbereitet. Vogt ging zum Kopfende des Tischs, blieb in respektvollem Abstand vor dem erhöhten Stuhl stehen und konzentrierte sich auf seinen Atem, lauschte dem sich entfernenden Gesang. Nun gab der Superior auch Ebeling einen Wink zu gehen. Sie waren allein.
    »Sie wissen, warum ich Sie habe rufen lassen?«
    Vogt nickte. Der Mondwechsel stand unmittelbar bevor. »Ich habe den Eidbrecher nicht getötet.«
    »So wissen Sie auch, dass ich Sie dafür bestrafen muss?«
    Er nickte abermals. Er versuchte, sich vorzustellen, wie die Strafe wohl aussehen mochte, und blickte den Superior an, von dessen bedecktem Gesicht nur Augen und Mund zu sehen waren. Der Drang, ihm die Maske herunterzureißen und endlich denjenigen zu enthüllen, |396| der sein Leben zur Hölle gemacht hatte, wurde übermächtig. Einen kurzen Augenblick gewann die Vorstellung Oberhand, dahinter ein loderndes Nichts zu finden. Vor ihm saß ein Dämon!
    »Ich bin kein Mörder«, sagte er mit fester Stimme. »Und ich danke Gott, dass es mir gestern nicht gelungen ist, weitere Schuld auf mich zu laden.«
    Der Superior beugte sich vor, seine weit ausgestreckten Hände krallten sich wie Klauen um die Kanten des Tisches. »Sie werden sich noch wünschen, es getan zu haben, und ich entnehme Ihrem Hochmut, dass Sie Ihre Strafe bereits zu kennen glauben. Aber Sie haben sich getäuscht!«
    Im Erdgeschoss über ihnen wurde der gedämpfte Gesang lauter. Das Ritual gilt mir, dachte Vogt plötzlich. Der Rauch der Kräuter biss in den Augen, und er musste heftig zwinkern, um das eigentümliche Gefühl aufzuhalten, das langsam begann, sich seiner Sinne zu bemächtigen.
    »Ich bin das Opfer, nicht wahr?« Er starrte ins konturlose Dunkel. »Sie stimmen sich ein, um mich zur Schlachtbank zu führen.«
    »Das wäre wahrlich zu einfach.« Der Superior lachte leise. »Nein, das Opfer ist jemand anders, und Ihre Qual wird es sein, zuzusehen, wie wir dieser Person bei lebendigem Leibe das Herz aus der Brust reißen und das Blut daraus trinken.«
    Vogts Puls begann zu rasen. »Wer ist es? Christoph?«
    »Der Professor wird uns die Rezeptur bringen, und wir werden ihn für das bestrafen, was er uns angetan hat. Das Opfer jedoch ist eine Jungfrau.« Er machte

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