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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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Zuschauern auszukosten. Aber schon beginnen die Ersten, mit den Besetzern Freundschaft zu schließen, nicht mehr lange, und die Zirkel werden von Spitzeln durchsetzt sein.« Er sah in die Runde, es war plötzlich ganz still im Raum. »Ich bin abgereist, um mich diesen ungepflegten Barbaren nicht unterwerfen zu müssen. Doch schon auf dem Weg hierher bin ich weiteren Truppen begegnet und fliehenden preußischen Soldaten. Küstrin ist vom Feind eingenommen, ebenso Stettin, Magdeburg und Braunschweig im Westen. Sie kommen von allen Seiten. Ein Bollwerk nach dem anderen liegt im Staub, der Krieg kommt auf Königsberg zu, und es sieht übel für uns aus.«
    »Wie sollen wir unsere Stadt nur verteidigen, der Typhus greift um sich und rafft die Stärksten dahin, bevor der erste Franzose einen Fuß in die Stadt gesetzt hat«, rief einer aus.
    »Wenn sie mit ihren Kanonen kommen, ist es gleich, ob man am Typhus erkrankt ist oder nicht«, war die lakonische Antwort.
    Nun redeten sie von allen Seiten, doch niemand wusste, was zu tun war.
    Erst am Abend lösten sich die erhitzten Diskussionen, und auch die letzten Gäste verließen das Kaffeehaus. Albert schloss die Tür ab und sah Helene mit gerunzelter Stirn an.
    »Wir sollten alles verriegeln und für eine Weile ans Meer fahren«, sagte er.
    »Willst du das wirklich? Albert, wir haben uns hier eine Heimat geschaffen, wie können wir all das zurücklassen?«
    »Es ist Krieg, Helene. Wenn die Truppen einmarschieren, dann …« |422| Seine Hände zitterten, während er sprach. »Sie werden Gefangene machen, und wer weiß, was sie denen antun.« In seinen Augen standen Tränen.
    Helene erschrak und nahm ihn in den Arm. »Ich wollte schon immer an die Kurische Nehrung fahren, ans Haff. Vielleicht nach Rossitten oder weiter nach Cranz. Wenn es sein muss, bis an die Memel, und spätestens dort wird der russische Kaiser die Eroberer mit seinen Truppen erwarten und aufhalten.«
    »Danke«, sagte Albert, dann löste er sich aus der Umarmung und fing an, das Geschirr von den Tischen zu räumen.
    Helene folgte seinem Beispiel. »Ich werde Königsberg vermissen«, sagte sie leise und dachte an den vergangenen Sommer, an die Spaziergänge am Schlossteich, wo Ruderboote mit Familien und verliebten Paaren durchs grüne Wasser zogen, und ihr fiel auf, dass sie nur einmal dort gewesen war, so sehr war sie in ihre Arbeit vertieft. Nicht einmal Zeit für einen Verehrer hatte sie gehabt, die Männer waren gekommen und unverrichteter Dinge wieder abgezogen, doch sie hatte nichts vermisst. Nur wenn sie an Christoph dachte, wurde sie manchmal ein wenig schwermütig. Aber nur kurz, denn sie wollte die Erinnerung an ihn im Guten bewahren.
     
    Der scharfe Novemberwind peitschte die Brandung hinauf, das Meer stürmte heran und fraß sich in Sanddünen und Steilhänge. Ihm war gehörig übel geworden auf der Überfahrt von Danzig. Graugrüne Wellen hatte das Schiff umhergeworfen wie ein Spielzeug, und er hatte Gott gedankt, als er wieder festen Boden unter den Füßen spürte.
    Man hatte ihn nach Königsberg gerufen, um dem Prinzen Karl, der an Typhus erkrankt war, zur Hilfe zu eilen. Doch seitdem der Kurier ihm diese Nachricht gebracht hatte, konnte er an nichts anderes mehr denken, als dass er sich der Stadt näherte, in der auch Helene lebte.
    Der Wind war eisig. Hufeland schlug die Decke enger um sich und sah hinaus. Der Wagen rollte an einsamen Fischerhäusern und Ruinen verlassener Häuser vorbei. Die Stadt war noch weit.
    |423| Er tastete nach dem Brief, den er seit dem Umzug aus Jena immer bei sich trug, holte ihn hervor und entfaltete das Papier. Das Sehen im Dämmerlicht machte ihm Schwierigkeiten, doch er kannte den Inhalt beinahe auswendig.
     
    Mein lieber Christoph,
    so darf ich Dich doch anreden? Denn selbst wenn unsere letzte Begegnung mehr als drei Jahre zurückliegt, so vergeht doch kein Tag, an dem ich nicht voller Zuneigung an Dich denke.
    Albert und ich sind inzwischen in Königsberg wohl angekommen. Ich fand das Grab meines Vaters, dem man übel mitgespielt hat, doch sein Peiniger zeigte sich reuig, und so vermochte ich die zerstörte Apotheke zurückzugewinnen. Nun habe ich an dieser Stelle ein Kaffeehaus errichtet, und Du wärst stolz auf mich, wenn Du sehen könntest, wie mein Konfekt in dieser Stadt für Furore sorgt. Doch ist es auch Johanns Verdienst, Gott hab ihn selig, denn das Rezept zur Herstellung des Vogtschen Lebenswassers, das ich vor meiner Abreise in der Jenaer

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