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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nicken, hielt sich aber zurück. »Sondern?«
    »Das Große Werk ist das Erreichen einer höheren Stufe der Existenz. Der Alchimist erreicht eine privilegierte Position nicht in, sondern über dem Universum. Einen Standpunkt, der es ihm erlaubt, sämtliche Aspekte der Wirklichkeit aus einer vollkommen neuen War-te zu betrachten und zu durchschauen. Keine Geheimnisse mehr, keine Mysterien. Die absolute und vollkommene Transparenz der Dinge.«
    Sie traute ihm nicht über den Weg, doch er wusste, wovon er sprach, so viel war sicher. Es lag eine solche Überzeugungskraft in seinen Worten, in seinem Tonfall, dass es schwer fiel, sich ihr zu entziehen.
    Er erwiderte ihren Blick mit weit geöffneten Augen, ein eindringliches, unangenehmes Starren. »Sind Sie anderer Meinung?«
    »Nein. Das sind fast exakt die Worte, die mein Vater in seinen Aufzeichnungen benutzt hat.«
    »Er war ein guter Lehrer.«
    Ja, das befürchte ich, dachte sie. Aber sie sprach es nicht aus.
    »Vertrauen Sie mir jetzt?«, fragte er. – »Nein.«
    Er lächelte. »Sie sind genauso besessen wie ich, Aura. Sie sind nur noch nicht bereit, es sich einzugestehen. Ich war noch ein Kind, als Nestor mich bei sich aufnahm. Ein kleiner Junge hier aus den Bergen. Alles, was ich weiß, hat er mir beigebracht. Es gibt nicht viele Möglichkeiten für ein Kind in dieser Gegend. Man wird Hirte oder Bauer, vielleicht auch Schmuggler. Aber Ihr Vater, Aura… Ich habe ihm alles zu verdanken. Er hat einem Kind die Chance gegeben, mehr aus sich zu machen, alles zu erreichen. Indem ich dafür gesorgt habe, dass Ihnen nichts geschieht, damals als Morgantus und Lysander das erste Mal zum Schloss kamen, habe ich ihm den Gefallen vergolten. Ich habe Ihnen die gleiche Chance gegeben, Aura. Aber ich erwarte nicht, dass Sie das einsehen oder mir dankbar sind. Nein, bestimmt nicht. Alles, was ich will, ist, dass Sie mit beiden Händen die neue Möglichkeit ergreifen, die ich Ihnen biete. Eine Alchimistin sind Sie bereits, sogar eine Unsterbliche, wenn die Gerüchte wahr sind. Doch was Ihnen jetzt offen steht an meiner Seite, ist viel mehr als das!«
    Gerüchte! Raffael hatte ganze Arbeit geleistet. »Was meinen Sie mit mehr?«, fragte sie.
    Wieder lächelte er. Sie fand es widerlich, wie siegessicher er dabei wirkte. »Wie ich schon sagte, Nestor und ich waren dem Geheimnis der Schöpfung auf der Spur. Das Verbum Dimissum… wie viele Tage und Wochen haben wir darüber diskutiert, hier, in diesem Laboratorium. Ein Großteil der täglichen Arbeit blieb liegen, während wir uns in die Suche nach dem Ursprung vertieft haben.« Er deutete auf den erkalteten Alchimistenofen in der Ecke. »Sicher ist Ihnen schon aufgefallen, dass selbst der Athanor erloschen ist. Seit damals hat er nicht mehr gebrannt. Ich habe mir geschworen, das Feuer erst wieder zu entzünden, wenn ich es mir verdient habe.« Er begann zwischen den Tischen und eingestaubten Versuchsanordungen auf und ab zu gehen.
    »Was für ein Triumph, wenn es uns gelungen wäre, das erste Wort der Schöpfung zu entschlüsseln! Das Wort, mit dem alles begann!«
    Aura spürte, dass ihre Hand mit der Waffe immer schwerer wurde, aber noch immer senkte sie den Revolver nicht. Standhaft vollzog sie damit jede seiner Bewegungen nach. »Sie haben nur noch Studien betrieben, keine Experimente mehr gemacht?«
    »Ich habe Bücher gelesen. Tausende von Büchern. Die meisten hatte ihr Vater zurückgelassen, aber einige habe ich mir auch besorgt, in Paris und Barcelona, viele auch in Turin und in Mailand. In vielen gab es Hinweise auf das Verbum, ein paar davon habe ich Ihnen geschickt. Aber nirgends einen konkreten Hinweis oder auch nur eine Beschreibung, die mich weitergebracht hätte. Die einzige Spur ist auch nach all den Jahren immer noch diejenige, die Nestor persönlich entdeckt hat.«
    Sie wurde hellhörig. »Mein Vater hat tatsächlich geglaubt, er könnte das Verbum finden?« Schmerzhaft erinnerte sie sich, dass sie selbst eine Weile lang daran geglaubt hatte. Nur deshalb war sie nach Paris gekommen. Es fiel schwer, es sich einzugestehen, aber Fuente hatte Recht: Sie war eine Besessene wie er, und während er auf der Suche die Leben anderer vernichtet hatte, hatte sie beinahe ihr eigenes zerstört. Sie hatte Gian vernachlässigt, hatte Sylvette mit dem Schloss und der Pflege Charlottes allein gelassen, und sie hatte darüber fast den Glauben an sich selbst verloren.
    Fuente blieb erneut vor ihr stehen. »Nestor hat geglaubt, den Ort

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