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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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längst tot. Wir haben keine Zeit, uns darum zu kümmern.« Jedes einzelne seiner Worte schmerzte ihn, und doch war es die richtige Entscheidung.
    Er stieg über die Sitzbank zurück nach hinten, wartete noch einen Moment, ohne selbst recht zu wissen, worauf, dann gab er abermals Gas. Das Boot ließ die Blutwolke hinter sich.
    Gillians Gedanken kreisten verbissen um Cristóbals Geiseln. Aura. Gian. Tess. Noch ehe das Boot die Insel erreichte, war ihm so übel wie lange nicht mehr. Alles, was Lascari und die anderen Brüder des Templum Novum ihn je über Selbstbeherrschung gelehrt hatten, war auf einen Schlag bedeutungslos.
    Ihr Boot lag nicht tief im Wasser, und Gillian gelang es, es bis an die Felsen heranzusteuern. Konstantin hatte das Schwert eines der Toten genommen, und so stiegen sie nacheinander mit gezogenen Klingen an Land. Im Westen würde bald die Sonne untergehen. Ein giftgelber Schleier schien über jedem Stein, jeder Felszacke der Insel zu liegen.
    Nach wenigen Schritten hielt Gillian Karisma an der Schulter zurück. »Ich werde allein mit ihm fertig«, sagte er, obwohl er dessen keineswegs sicher war. »Du musst nicht mitkommen.«
    Er deutete mit einem Nicken auf ihre Klinge. »Er ist immerhin dein Onkel.«
    Einen Moment sah es so aus, als wollte sie nicht antworten.
    Dann lächelte sie und sagte: »Das weiß ich. Aber das hier ist auch meine Sache, denkst du nicht auch? Ich habe den gleichen Eid geleistet wie du. Ich bin eine von euch, Gillian, und ich habe vor, das bis zum bitteren Ende zu bleiben.«
    Sekundenlang versank er in ihren Augen und hatte das Gefühl, sich an dem Zorn, der für einen Moment darin aufloderte, zu verbrennen. »Tut mir Leid«, sagte er und senkte den Kopf. »Du hast Recht.«
    Sie ließ ihn einen Moment lang zappeln, dann umarmte sie ihn und küsste ihn so heftig, bis Konstantin sich räusperte und gereizt sagte: »Ich hab da vorne einen Weg gefunden. Vielleicht ist irgendwer daran interessiert, herauszufinden, wohin er führt.«
    Nur kurze Zeit später standen sie vor dem offenen Tor im Fels. Gillian und Karisma spähten argwöhnisch in die Finsternis der Höhle, während Konstantin sich vor dem Eingang umschaute.
    »Muss ich betonen, dass mir das nicht gefällt?«, fragte er mürrisch.
    Karisma nickte. »Wurde zur Kenntnis genommen.«
    Konstantin seufzte und setzte sich an die Spitze. Er trat als Erster durch das Portal, unter den rostigen Spitzen des Fallgitters hindurch. Gillian und Karisma folgten ihm.
    Das Licht von außen reichte weit genug, um in dem abschüssigenBoden Stufen zu erkennen. Es kostete sie mehr Überwindung als Geschick, der breiten Treppe ins Dunkel zu folgen. Bald kamen sie in eine Grotte mit ebenem Boden, und nachdem sich ihre Augen erst einmal an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sahen sie alle den fahlen Schein, der in einiger Entfernung durch ein rundes Loch im Boden fiel. Irgendwo dort unten brannte eine Lampe. »Was ist das hier?«, flüsterte Konstantin.
    »Das Versteck…«, begannen Gillian und Karisma wie aus einem Mund, aber während Gillian lächelnd abbrach, führte sie den Satz zu Ende: »… des Templerschatzes.«
    »Der Templerschatz?«, fragte Konstantin ungläubig.
    »Ja.«
    Schwach konnten sie dunkle Vertiefungen in den Wänden erkennen. Gillian trat an eine heran und schob nach kurzem Zögern den Arm hinein. Das Fach war leer.
    »Nichts«, flüsterte er. »Es ist nichts mehr übrig.« Er war nicht einmal enttäuscht. Das Gold war nicht wichtig. Irgendeinen Weg würde er finden, um das Überleben des Templum Novum zu sichern. Zugleich wurde ihm bewusst, dass er damit wohl die Verantwortung für den Orden endgültig akzeptiert hatte. In den letzten Stunden war eine Veränderung in ihm vorgegangen, und er fragte sich, ob sie in dem Augenblick eingesetzt hatte, als er Aura und Konstantin zusammen gesehen hatte. Eine endgültige Lösung, und zugleich ein Schritt nach vorn. Zum Templum Novum. Zu Karisma.
    Angespannt näherten sie sich dem Schacht. Als sie das Geländer erreichten, beugten sie sich vorsichtig darüber und blickten in die Tiefe. Der Lichtschein kam von der Seite. Seine Quelle musste ein Stück entfernt sein.
    Diesmal ging Gillian voran, gefolgt von Konstantin. Karisma bildete den Abschluss. Die Dunkelheit der Grotte presste wie eine eiskalte Hand in ihren Rücken, und nur mühsam widerstand sie dem Drang, sich auf der kurzen Treppe immer wieder nach imaginären Verfolgern umzuschauen.
    Am Fuß der Stufen verharrte Gillian und

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