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Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Veränderung.
    Der Raum war klein und niedrig. Es gab zwei Sessel mit zerschlissenen Bezügen, einen Tisch, einen schmucklosen Schrank und einen Ofen. Auf der Kochplatte stand ein Topf mit Wasser, der offenbar gerade erst aufgesetzt worden war.
    Keine teuren Gemälde und Statuen wie in Philippes Palais. Nichts, das darauf schließen ließ, dass Raffael sein Doppelleben in vollen Zügen genoss.
    Jetzt erst bemerkte sie den Geruch, der aus einer halb offenen Tür drang. Dahinter lag das Schlafzimmer, vermutete sie. Der Geruch erinnerte sie an die Gemächer ihrer Mutter auf Schloss Institoris, an Krankheit und langsames Siechtum.
    »Was ist das hier, Raffael?«, fragte sie.
    »Unsere Wohnung.« Er hielt ihrem Blick jetzt stand, als hätte er sich damit abgefunden, dass sein Geheimnis entdeckt worden war.
    Sie ließ ihn nicht aus den Augen. »Unsere?«
    »Von meiner Frau und mir.«
    Ihr Mund klappte auf. »Deiner…«
    »Ich bin verheiratet, Aura.« Seine Miene veränderte sich, aber noch immer sah sie keinen Zorn darin. Nur Trauer. »Und bevor du weiter fragst – ja, ich habe Philippe bestohlen. Ihn und all die anderen. Heute war nicht das erste Mal.« Er trat einen Schritt auf sie zu, aber sie wich nicht zurück. »Seit drei Jahren werfe ich mich Männern wie Philippe an den Hals. Und Frauen wie dir.«
    »Du hast gedacht, ich bezahle dich dafür, dass du mich fast vergewaltigt hättest?«
    Er schüttelte den Kopf. »Du weißt, dass ich das nicht getan habe.«
    Sie hätte ihn gerne angeschrien, aber plötzlich war da eine große Leere in ihren Gedanken, als hätte jemand ein Stück aus ihrer Erinnerung geschnitten. Jenes Stück, das mit dem Abend zu tun hatte, als sie Raffaels Nase gebrochen hatte. Er hatte Recht. Er hatte tatsächlich nicht versucht, sie zu vergewaltigen, auch wenn sie es sich später eingeredet hatte. Gewiss, er hatte ihr schöne Augen gemacht und versucht, sie zu verführen – aber er hatte nicht versucht, ihr Ge-walt anzutun. Die Gewalt war von ihr ausgegangen, als sie zugeschlagen hatte. Warum hatte sie damals so heftig reagiert? Wirklich nur, weil Raffael Philippes Liebhaber war? Oder war sie nicht vielmehr in einer jener Stimmungen gewesen, in denen Gillians Verlust besonders schmerzte und sie jemanden, irgendjemanden gesucht hatte, an dem sie ihren Zorn und ihre Hilflosigkeit auslassen konnte? Raffael war ein perfektes Opfer gewesen. Und es war ja so leicht gewesen, sich im Nachhinein vorzumachen, dass er es nicht anders verdient hatte.
    »Du hast Philippe ausgenommen«, sagte sie fahrig, um sich und ihn von ihren eigenen Problemen abzulenken.
    Raffael nickte unumwunden. »Ja.« Er zögerte kurz, dann ging er zur Schlafzimmertür und winkte sie heran. Sie hatte es nicht für möglich gehalten, dass eine solche Geste von Raffael einmal etwas anderem als einer Verführung dienen könnte. »Da du nun einmal hier bist«, sagte er, »kannst du auch gleich den Grund dafür kennen lernen.«
    Er drückte die Tür auf und trat beiseite. Aura zögerte, seiner Aufforderung nachzukommen. Sie wollte nichts über seine Gründe erfahren. Es war viel einfacher, ihn sich als Stricher vorzustellen, der für Geld keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen machte. Sie wollte diesen anderen, neuen Raffael nicht kennen lernen. Warum musste alles in den letzten Tagen ohne ihr Zutun komplizierter werden? Als hätte sich jeder Aspekt ihres Lebens verselbstständigt. Und das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als sie gerade begann, ihre eigenen Gedanken und Motive wieder in den Griff zu bekommen.
    Raffael stand noch immer neben der offenen Schlafzimmertür. Der Geruch nach Krankheit war noch stärker geworden. Aura ahnte, was sie dort drinnen vorfinden würde, und sie hatte Angst davor, weil es eine weitere Facette ihrer Welt ins Wanken bringen würde.
    »Du hast die Wahl«, sagte er und klang sehr müde. »Du kannst es dir einfach machen und die Gendarmerie informieren. Ich werde nicht versuchen, die Kisten verschwinden zu lassen. Oder du kannst einen Blick in dieses Zimmer werfen.« Die Andeutung eines Lächelns zuckte über sein Gesicht. »Ist es nicht das Ziel von euch Alchimisten, Geheimnisse zu ergründen? Die Wahrheit hinter dem Augenscheinlichen aufzudecken?«
    Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wie viel er tatsächlich über sie wusste. Was hatte Philippe ihm erzählt?
    Sie holte tief Luft, dann machte sie ein paar rasche Schritte und trat über die Türschwelle.
    Im Bett lag eine Frau. Im ersten Moment

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