Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche

Titel: Die Alchimistin - 02 - Die Unsterbliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
tatsächlich finden, egal ob hier oder in Spanien oder wo auch immer – wie hat Lascari sich vorgestellt, dass wir ihn von dort fortbringen?«
    Gillian hatte bereits den gleichen Gedanken gehabt, und er war zu keinem Ergebnis gekommen. Auch wenn ihnen als Splittergruppe des ursprünglichen Ordens nur ein Anteil zustand, war er – gemessen an der Größe dieser Höhle – immer noch viel zu gewaltig, um ihn auf zwei Pferden oder in einem Automobil zu transportieren. Viele Kisten und Arbeiter würden nötig sein, außerdem Boote, um all die Kostbarkeiten zu verschiffen. Und wohin? Wohl kaum quer übers Mittelmeer und durch die Wüste zum Katharinenkloster.
    Erst allmählich wurde ihm bewusst, in was für eine Lage Lascari ihn und Karisma gebracht hatte. Sicher, der alte Mann hatte im Sterben gelegen, und niemand konnte erwarten, dass er in diesem Zustand Pläne entwarf, die bis ins Letzte durchdacht waren. Doch wa-rum hatte Gillian selbst nicht früher über diese Dinge nachgedacht? Die Antwort darauf war so simpel wie beschämend: Weil er nie ernst-haft geglaubt hatte, auch nur eine Spur des Templerhorts zu entdecken, geschweige denn den ganzen Schatz.
    Der Anblick dieser Höhle aber veränderte die Situation schlagartig. Auch wenn sie hier unten vermutlich keine einzige Goldmünze finden würden, so schien ihm doch zumindest eines jetzt gewiss: Der Schatz hatte tatsächlich existiert, damals, im dreizehnten Jahrhundert.
    Aber existierte er heute noch? Und wo, wenn nicht hier?
    Sie traten wieder hinaus in die Haupthöhle. Die Decke wölbte sich gut fünfzehn Meter über ihren Köpfen. In regelmäßigen Abständen standen grob behauene Säulen. Als Gillian und Karisma mit den Lampen daran vorübergingen, wanderten ihre Schatten wie stumme Wachsoldaten über die Wände.
    Vor ihnen schälte sich jetzt das andere Ende der Halle aus der Dunkelheit. Gillian schätzte die gesamte Höhle auf eine Länge von rund hundertfünfzig Metern, bei einer Breite von vierzig. Ab und an stolperten sie über zerfallene Holzstücke, Reste von Gebetsbänken, einmal sogar über einen verrosteten und mit Grünspan überzogenen Kerzenleuchter aus Eisen.
    Karisma sog scharf die Luft ein. »Siehst du das?«
    Vor der Rückwand, zwischen zwei besonders breiten und aufwendig verzierten Steinsäulen, erhob sich ein Sockel. Darauf stand eine steinerne Madonna.
    »La Mare de Dèu«, flüsterte er. Die Madonnenfigur, von der Narcisco gesprochen hatte.
    Karisma ging schneller darauf zu. Als sie die Figur im Dunkeln genauer betrachtete, verengten sich ihre Augen. »Aber die ist gar nicht schwarz.«
    »Doch«, sagte er. »Wisch den Staub ab.«
    Karisma streckte die Hand aus und berührte die Statue zaghaft, als ob sie befürchtete, die Figur könne jeden Moment zum Leben erwachen. »Stimmt«, sagte sie dann, als sie die Hand wieder wegzog. Ihre Fingerkuppen waren grau gepudert.
    Gillian trat neben sie und strich ebenfalls mit dem Zeigefinger über den Saum des Madonnenkleides. Die Figur war so hoch wie sein Arm lang war. Sie hatte die Hände gefaltet und den Blick der leeren Augen zum Himmel gewandt. Zur Höhlendecke.
    »Es müsste mehr sein«, sagte er leise. »Wie meinst du das?«
    »Mehr Staub.«
    »Du meinst, dass hier vor nicht allzu langer Zeit noch jemand war?«
    »Ganz bestimmt sogar. Immerhin kennt Narcisco die Höhle, und auch dieser Bootsmann weiß, wo der Eingang liegt.«
    »Er hat mir erzählt, er sei nie hier gewesen. Narcisco hat ihm den Weg beschrieben.«
    Er überlegte. »Narcisco glaubt, der Schatz sei hier aufbewahrt worden. Denkst du wirklich, er hätte nicht zumindest nachgesehen, ob noch irgendwas davon übrig ist?«
    »Immerhin ist er ein alter Mann.«
    »Ja, aber nicht dumm. Entweder ist er früher selbst hier gewesen, oder er hat jemanden hergeschickt.«
    Mit einem Schulterzucken gab sie sich geschlagen.
    »Aber selbst wenn Narcisco oder einer seiner Leute die Höhle unter die Lupe genommen hätte«, sagte Gillian, »hätte er nicht den Staub von der Madonna gewischt.
    Nicht von der ganzen Figur.«
    »Er hätte sicher nachgeschaut, ob sich unter dem Schmutz etwas von Wert verbirgt.«
    »Aber dazu hätte es ausgereicht, wenn er ein Stück sauber gewischt hätte. Oder er hätte die ganze Figur vom Sockel gehoben. Sie steht nur auf dem Stein, man kann sie bewegen.«
    Karisma sah zu, wie er die Madonna mit beiden Händen um einige Grad drehte.
    Gillian ließ die Figur wieder los. »Sie ist abgestaubt worden. Sieht fast so aus, als

Weitere Kostenlose Bücher