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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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jung macht?«, fragte Axelle.
    »Nicht etwas«, entgegnete Estella. »Jemanden. «
    Aura und Axelle schwiegen nun beide. Ungeduldig warteten sie darauf, dass die ältere Frau fortfuhr. Womöglich hatte sie nie zuvor mit jemandem über all das gesprochen.
    »Sie fand eine Abendliche«, brachte sie stockend hervor. »So hat sie es zu meinem Vater gesagt: >Ich habe eine der Abendlichen gefunden und zu meiner Gefangenen gemacht.‹«
    »Was, um alles in der Welt, ist eine Abendliche?«, fragte Axelle.
    »Eine Hesperide«, sagte Aura, aber Axelle runzelte nur die Stirn. »Griechische Mythologie. Die Hesperiden waren Nymphen, die Töchter von Nyx, der Göttin der Nacht. Die Göttermutter Hera hat sie zu Hüterinnen eines Baumes mit goldenen Äpfeln gemacht, denen die Götter der Legende nach ihre ewige Jugend verdankten. Hera ließ sie durch einen hundertköpfigen Drachen bewachen, aber die eigentlichen Dienerinnen des Baums, also diejenigen, die das Geheimnis der ewigen Jugend hüteten, waren die Hesperiden. Die Abendlichen hat man sie genannt, weil die Insel, auf der sie lebten, weit im Westen lag, am Rand der bekannten Welt und im Licht eines ewigen Sonnenuntergangs.«
    Es wäre leicht gewesen, alldem mit Spott zu begegnen, doch Axelle verzog keine Miene. Aura wunderte sich immer mehr über sie.
    Estella ergriff wieder das Wort: »Zuzana hat die Abendliche an einem Strand gefunden. Dort lag sie halb tot in der Brandung, und behauptete, sie habe sich gegen ihre Schwestern aufgelehnt und vor ihnen fliehen müssen. Ihr Name war Iduna und sie versprach Zuzana, sie wieder zu einer jungen Frau zu machen,
wenn sie ihr im Austausch dafür die Freiheit schenkte. Zuzana stimmte zu, wurde jung – und brach ihr Versprechen, indem sie die Abendliche mit einem Bannspruch belegte und hierher brachte. Denn sie hatte noch etwas vor mit ihrer Gefangenen.«
    Aura ahnte, worauf die Geschichte hinauslief: Vorhang auf, Auftritt Sophia.
    »Zuzana wusste, dass ihre Mutter eine Unsterbliche ist«, sagte Estella, »aber Sophia sah damals nicht aus wie heute. Sie war aus ihrem Verlies auf Burg Cachtice entkommen und hatte sich über Jahrzehnte mit der Alchimie beschäftigt, schließlich das Geheimnis des Gilgameschkrauts entdeckt, und wurde unsterblich  – aber nicht jünger. Ihre Tochter schloss einen Handel mit ihr: Sophia sollte Zuzana unsterblich machen, und Zuzana wollte ihrer Mutter dafür die Abendliche überlassen – und damit die Möglichkeit, gleichfalls die ewige Jugend zu erlangen.«
    Aura lachte verächtlich. »Aber natürlich hat sich Sophia nicht an ihren Teil der Abmachung gehalten, stimmt’s?«
    »Nun, sie hat Zuzana das Gilgameschkraut gegeben und dafür die Hesperide in Besitz genommen. Es hat wohl eine Weile gedauert, bis sie die Abendliche zwingen konnte, sie zu verjüngen. Doch sobald das geschehen war, tötete Sophia ihre Tochter. Sie hatte Zuzana nicht verzeihen können, dass die sie erpresst hatte. Vielleicht missfiel ihr auch die Tatsache, dass Zuzana all die Reichtümer herangeschafft hatte und Sophia von ihrer Großzügigkeit abhängig war. Zudem muss sich das alles zu einer Zeit abgespielt haben, als sie zum ersten Mal Nestor Institoris begegnete, ihm mit Haut und Haar verfiel und von einem Neuanfang träumte. Womöglich hat sie Nestor zu Beginn nicht die Wahrheit über sich gesagt und wollte die einzige Mitwisserin loswerden, wer weiß.« Estella war heiser geworden, ihre Stimme klang brüchig.
    »Was ist aus dieser Iduna geworden?«, fragte Aura und spürte, wie ihre vage Hoffnung auf Verhandlungen mit Lysander
schwand. Falls ihre Vermutung zutraf, und es war wirklich die ewige Jugend, auf die er so erpicht war, dann würde ihn dieses abstruse Gemenge aus Mythologie und Stutenbissigkeit gewiss nicht kooperativer stimmen.
    Auch Axelle sah ratlos drein, doch auf Estellas Gesicht schimmerte ein hintergründiges Lächeln durch Erschöpfung und Trunkenheit. »Die Abendliche ist noch immer hier. Sophia hat sie nie gehen lassen.«
    »Wo ist sie?« Axelle richtete den Oberkörper auf und ließ die Hand ihrer Stiefmutter los.
    »Hier im Haus?«, wollte Aura wissen.
    Estella schüttelte den Kopf. »Davon wüsste ich. Es gibt keine versteckten Kerker oder Verliese im Palais Octavian. Niemand wird hier gefangen gehalten. Aber vielleicht anderswo. Was Sophia einmal besitzt, das gibt sie nicht wieder her.« Sie deutete mit einem Wink auf Auras Fingernägel, auf die zerkratzten, weit geöffneten Augen aus Lack. »Lieber

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