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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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um keinen Millimeter bewegen,
konnte den tastenden Fingern nicht ausweichen. Auch nicht, als sie zärtlich über seine Lippen strichen. Die Übelkeit überwältigte ihn; weit weniger als die Berührung des Mannes ertrug er sein Alter.
    Wenn er ihn nur dazu bekäme, seine Fesseln zu lösen. Mit bloßen Händen hätte Gillian ihn in Sekundenschnelle töten können. Vielleicht genügte schon eine Hand, nur ein kleines bisschen Bewegungsfreiheit.
    Aber sein Peiniger war nicht dumm. Besessen, aber keineswegs leichtsinnig. Gillian spürte, wie sehr der Andere auf der Hut vor ihm war.
    »Wie ist dein Name?«, fragte er.
    »Jacques.«
    »Natürlich.«
    »Was gefällt dir nicht daran?«
    »Du bist Franzose. Und nennst dich Jacques.«
    Der alte Mann lachte auf. »Ich habe keinen Grund, dich zu belügen. Du wirst nie wieder mit einem anderen Menschen sprechen – nur mit mir. Vielleicht erzähle ich dir irgendwann mehr über mich.«
    Gillian war es einerlei. »Jacques, gut. Dann kann ich dich rufen, wenn ich dich brauche.«
    Ein erregtes Zaudern. »Wenn du mich brauchst?«
    »Seit ich hier bin, habe ich mich sehr allein gefühlt. Sehr einsam. Ich bin froh, dass wir miteinander sprechen.«
    »Das werden wir jetzt öfter tun.«
    Gillian versuchte zu nicken, aber die Riemen und Schnallen hielten seinen Kopf fest wie ein Schraubstock.
    »Erst einmal muss ich dich verlassen«, sagte der Alte. »Aber ich werde bald wieder bei dir sein.«
    Ehe Gillian antworten konnte, presste der Mann etwas auf sein Gesicht. Mund und Nase wurden umschlossen. Panik explodierte in seiner Brust.

    Das Gas war geruchlos und wirkte schnell.
    Gillian vergaß den alten Mann und seinen Namen. Vergaß, dass sie je miteinander gesprochen hatten.

KAPITEL 11
    »Du willst wirklich gehen?«, fragte Aura, als sie am nächsten Morgen mit Tess auf dem Bootssteg stand.
    »Das hier fühlt sich nicht mehr an wie mein Zuhause.« Tess schenkte ihr genau jenes Lächeln, mit dem Nichten ihre besorgten alten Tanten beruhigten. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte Aura ihr ein paar passende Takte dazu gesagt. »Mein Leben findet jetzt anderswo statt. Ich hab Mutter gebeten, mit mir zu kommen, aber sie hat nicht vor, das Schloss zu verlassen. Ich glaube, selbst wenn hier alle Angelegenheiten geklärt sind, wird sie bleiben.«
    Aura blickte zurück zur schwarzen Wand der Zypressen. »Eines Tages überrascht sie uns vielleicht noch.«
    »Sie hat Angst vor der Welt da draußen.«
    »Manchmal beneide ich sie fast darum, dass ihr Leben so klare Eckpunkte hat.«
    Tess machte einen Schritt auf Aura zu und umarmte sie, so gut das mit ihrem Schwangerenbauch eben ging. Von ihrer Mutter hatte sie sich bereits in der Eingangshalle verabschiedet.
    Der Rumpf des Bootes schlug gegen den Steg, als wollte es sie zur Eile drängen. Drüben am Strand, einen halben Kilometer entfernt, wartete das Automobil, das sie zum Dorfbahnhof bringen würde. Das Blitzen der Karosserie im Sonnenschein sah aus wie Morsezeichen.
    Aura und Tess drückten sich eine Weile wortlos aneinander. Möwen kreisten über dem Schloss, in den Zypressen rauschte der Seewind.

    »Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder«, sagte Tess. »Und das meine ich ernst. Einzeln seid ihr beiden meist ganz gut zu ertragen.«
    Aura lächelte. »Ich geb dir Bescheid, wenn ich in Berlin bin.«
    »Ruf zwischendurch mal an. Neuerdings gibt es diese unterirdische Leitung zwischen Hamburg und München, die völlig störungsfrei sein soll. Unglaublich, oder? Wird nicht mehr lange dauern und sie legen so was auch bis Berlin.«
    Der Bootsmann gab vor, nicht zuzuhören, aber Aura bemerkte, dass er ihr Gespräch mit Befremden verfolgte. Er musste sich nur zu gut an Zeiten erinnern, als Aura hier mit der kleinen Tess auf ihn gewartet hatte. Heute waren sie beide Mitte zwanzig.
    Tess hielt sich den Bauch, als sie ins Boot stieg. »Ich hab dir doch von Gians Briefen erzählt. Und dass ich sie nicht aufgemacht habe. Sie sind in meinem Zimmer. In der Kommode, oberste Schublade rechts.« Ein warmes Lächeln hellte ihr Gesicht auf. »Nur falls dich interessieren sollte, wie es ihm geht.«
    »Ich kann doch nicht einfach deine Post öffnen.«
    »Wenn ich es dir erlaube.«
    »Falls er davon erfährt —«
    »Wird er ja nicht.«
    Aura schüttelte den Kopf. »Ich hätte ein schäbiges Gefühl dabei.«
    »Ach, komm schon. Seit einem Vierteljahrhundert lebst du nur dafür, Wissen anzuhäufen. Du bist süchtig danach.« Tess winkte ihr zu, als das Boot ablegte. »Du

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