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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Ich meine, wirklich – es tut mir leid.«
    Sein Sohn saß ihm gegenüber in einem großen Korbsessel und sah darin seltsam verloren aus. »Nur weil du jetzt hier bist«, sagte Gian, »und nicht mehr dort  ... heißt das nicht, dass irgendwer von dir erwartet, sentimental zu werden. Hauptsache, es geht dir besser.«
    Die meisten seiner Wunden würden in ein paar Tagen kaum noch zu sehen sein. Auch die Prellungen und Druckstellen heilten bereits ab, man konnte fast dabei zusehen.
    Er ließ seinen Blick über die Bilderstapel an den Wänden des Ateliers wandern. »Ich wusste nicht mal, dass du malst.«
    Gian musterte ihn wie einen Fremden. »Woher auch?« Plötzlich schüttelte er den Kopf, sprang von dem knirschenden Sessel auf und blieb mitten im Raum stehen. »Vergiss es. Ich hab dieses ganze Spiel schon mit Mutter durch, der verbitterte Sohn und so weiter. Ich kann mir selbst nicht mehr zuhören, so satt hab ich das.«

    »Ich kann mich entschuldigen«, sagte Gillian, »aber ich kann die Vergangenheit nicht ändern. Damit müssen wir beide zurechtkommen, fürchte ich. Ich war als Vater eine Katastrophe, aber es gab Gründe dafür.«
    Gian hob abwehrend beide Hände. »Lass uns von was anderem reden, solange du noch hier bist. Sobald es dir besser geht, kannst du wieder abhauen. Du bist mein Vater, ich hab dir geholfen, so macht man das eben als Sohn. Kein Grund, so zu tun, als hättest du plötzlich Interesse an mir oder an dem, was ich mit meinem Leben anfange.«
    Gillian fühlte sich schäbig, aber selbst dieses Gefühl war gedämpft, fast unwirklich. Er konnte nach wie vor nicht begreifen, dass er hier war und nicht mehr allein in der Dunkelheit. »Ich verstehe noch immer nicht, wie du mich da rausgeholt hast.«
    »Freunde haben mir geholfen.«
    »Du hast dich dafür zu nichts verpflichtet, oder? Irgendwelche Gefallen? Geld? Was auch immer?«
    »Mach dir keine Sorgen.«
    Kopfschüttelnd stellte Gillian die volle Tasse beiseite und stand auf, langsam, weil ihm weiterhin schwindelig war, wenn er sich zu rasch bewegte. Er ging zu Gian hinüber, streckte eine Hand aus, um ihn an der Schulter zu berühren, ließ sie aber wieder sinken, als er einen Anflug von Panik in den Augen seines Sohnes sah. Sie waren noch lange nicht so weit. Im Augenblick schien es Gian besser zu gehen, wenn er seinen Vater wie einen ungebetenen Gast behandelte. Gillian akzeptierte das, was blieb ihm auch übrig.
    Um sich abzulenken, schaute er sich abermals um. Auf einer Staffelei am Fenster entdeckte er eine Leinwand, auf die mit groben Pinselstrichen ein schwarzes Symbol gemalt worden war.
    »Was ist das?«
    »Nur irgendein Muster.«

    Gillian ging zu einem der Stapel hinüber. »Darf ich?«
    »Sicher.«
    Er betrachtete die Bilder eines nach dem anderen: weite Ebenen bis zum Horizont, bevölkert von Gestalten in wechselnden Stadien der Auflösung. Die meisten entrollten sich zu verschlungenen Bahnen, als würden aus den Menschen endlose Schriftrollen. Andere verdampften zu Rauch.
    Gian füllte den Kaffeekessel mit frischem Wasser und stellte ihn zurück auf den Ofen. »Ich verstehe nicht, warum du dich überhaupt bewegen kannst. Du warst wer weiß wie lange an einen Stuhl gefesselt, deine Muskulatur müsste eigentlich Brei sein.«
    »Mein Körper hat sich schon immer sehr schnell von Strapazen erholt. Was immer Morgantus angestellt hat, um mich in die Welt zu setzen – das scheint eine der positiven Auswirkungen zu sein. Und das Gilgameschkraut hat es noch verstärkt.«
    Gian warf resignierend die Hände in die Luft. »Behaupte noch mal einer, ich hätte nicht die perfekten Eltern.«
    »So perfekt, dass sie es nicht länger als zwei Jahre miteinander ausgehalten haben.«
    »Mutter hat —«
    »Aura hat geglaubt, sie täte das Richtige. Und aus ihrer Sicht war es das vielleicht auch. Ich mache ihr deswegen schon lange keinen Vorwurf mehr. Nach achtzehn Jahren wäre das ziemlich lächerlich.«
    »Du wirst noch sehr viel länger damit leben müssen.«
    »Ich bin im Reinen mit dem, was aus mir geworden ist – oder was sie aus mir gemacht hat.«
    »Womöglich würde sie sich freuen, das zu hören.«
    »Ich hab seit Jahren kein Wort mit ihr gesprochen. Wahrscheinlich wäre sie genauso begeistert wie du, mich zu sehen.«
    Gian seufzte. »Ich bin froh, dich zu sehen. Sonst hätte ich dich da nicht rausgeholt.«

    Gillian kehrte zu seiner Tasse zurück und nahm sie erneut in beide Hände. Der Kaffee war abgekühlt, aber er trank noch immer

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