Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Aldi-Welt

Die Aldi-Welt

Titel: Die Aldi-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Hintermeier
Vom Netzwerk:
man anfügen.
    Als sich die Wege der Brüder im Jahr des Bruderzwists gabelten, begann die Aufgliederung in regionale Gesellschaften. Die durften immer nur so groß werden, daß sie sich nicht zu einem Konzern (und damit zur Bilanzpflicht) zusammenrechnen ließen. Unterhalb der Grenze des Publizitätsgesetzes – dort läßt es sich gut operieren. Es scheint sich damals ein veritabler Wirtschaftskrimi abgespielt zu haben: je rascher das Wachstumstempo, desto schneller die Tarnmanöver. In den mittleren siebziger Jahren vollzog sich beides in dermaßen atemberaubendem Tempo, daß Banken und Lieferanten Hören und Sehen verging. Man wußte offenbar nicht mehr, wo sich das Schattenreich gerade ausdehnte. Die Registergerichte wurden scharenweise mit Auskunftswünschen überfallen. Heute hier, morgen dort, und die Albrechts waren immer fort.
    Und während die Brüder eine Filiale nach der anderen eröffneten, arbeitete Theo Albrechts Ehefrau Cäcilie (Cilly) an der Unterfütterung mit Grund und Boden: Ihre Immobilienverwaltung ist eine Gigantin in punkto Landerwerb und Häuserkauf. Schon Mitte der achtziger Jahre munkelte Capital vom »Aufbau eines Immobilienimperiums zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen« und zitierte als Kronzeugen einen nicht namentlich genannten Makler mit dem Satz: »Die Albrechts sind als Bauherren und Hauskäufer eine Macht.« Der Mann wollte seinen Namen nicht in der Zeitung finden, weil er »im Geschäft bleiben« wolle. Kein Wunder, das lohnt sich; längst ist Aldi dazu übergegangen, die gewünschten Objekte zu kaufen beziehungsweise zu bauen. Die Emissäre der Cilly-Albrecht-Immobilienverwaltung sind keine schmusigen Geschäftspartner: Gemietet wird nur zu Bedingungen, die selbst diktiert werden können. So hat sich der Discounter nach dem Fall der Mauer erst einmal in zahlreichen Ostläden eingemietet, um dann, nach entsprechender Erfahrung mit dem Geschäftsgang, zu entscheiden, ob gekauft oder gekündigt werden soll. Die A+G Grundstücksvermietungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH (mit Sitz in Herten) tritt mal als AG Grundstücksvermietung- und Verwaltungsgesellschaft mbH auf, mal als A+G GmbH Makler, die mit der Albrecht Immobilienverwaltung zu tun haben, wollen gerne, daß das so bleibt. Sie ziehen Diskretion vor.
    In die siebziger Jahre fällt die Gründung der ersten Stiftungen. Das deutsche Stiftungsrecht ist einerseits altehrwürdig, zweitens aber sehr kompliziert. Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, Stiftungen würden von hochmögenden Reichen gegründet, die ihr Vermögen nach ihrem Tod für einen guten Zweck arbeiten lassen wollen. Die Gemeinnützigkeit ist viel seltener Gegenstand einer Stiftung; sehr häufig steht schlicht der Wunsch eines Familienunternehmens dahinter, sein Lebenswerk zu sichern beziehungsweise die Familie langfristig abzufedern. So sind weite Teile des Stiftungswesens zu einem -Unwesen verkommen. Sie verschleiern mehr, als das Wort »stiften« zunächst vermuten ließe: Im ursprünglichen Wortsinn besitzt »stiften« von Anfang an eine religiöse und gemeinnützige Komponente. Stiften hat somit immer etwas mit Entäußerung zu tun – weggeben für einen karitativen Zweck. Die ursprüngliche Bedeutung ist Teilen der Hochfinanz offenbar verlustig gegangen. Wenn Stiftungen heute als Nebelwerfer für Vermögenstarnung gesellschaftlich noch immer respektabel sind, dann vermutlich deswegen, weil der Volksmund leichtgläubig dem Wortsinn anhängt. Dabei sind viele dieser Einrichtungen nur Schutz vor ungewollten Blicken – die Thuja-Hecken der Superreichen.
     
     
    Im bayerischen Eichenau residiert die von Karl Albrecht ins Leben gerufene Siepmann-Stiftung. Deren Zweck ist laut amtlicher Bekanntmachung, »die gemeinsamen Interessen der Angehörigen der Familie Albrecht zu wahren und zu fördern«. Daß von Eichenau aus das finanzielle Wohlergehen eines der reichsten Männer Deutschlands überwacht wird, erfuhr der Bürgermeister der Gemeinde erst Jahre nach Gründung der Siepmann-Stiftung.
    Die Maßnahme an sich ist nicht ungewöhnlich. Sie entspringt dem Bedürfnis, Familienunternehmen eine saubere Nachfolgeregelung zu verordnen, gerade wenn (wie im Falle Albrecht) die Nachkommen nicht bereit oder geeignet sind, in die Fußstapfen der Väter zu folgen.
    Einer, der weniger Bauchgrimmen mit der Öffentlichkeit seines Tuns hat, ist der Schrauben-Multimillionär Reinhold Würth. Er ist mit seiner Firma vom Schraubengroßhandel zum Konzern gewachsen, dessen

Weitere Kostenlose Bücher